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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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einen derben Schlag über den Kopf. Mit der linken
Hand wohlgemerkt, da ihn die rechte zu schmerzen scheint.
    „Verzeiht“, murmelt Joan, ihm
stirnrunzelnd hinterher blickend. Sie setzt ihren Weg fort. Grübelnd betritt
sie den Turm, nickt der Wache pflichtbewusst zu, bevor sie die Tür zu den
Kerkern öffnet und die unzähligen Stufen hinabläuft. Es wird wieder kalt und
sie bemerkt, wie gottverlassen dieser verfluchte Ort hier unten ist. Als sie
bei Tom ankommt, richtet sie ihm etwas umständlich Bess’ Antwort aus. Der Alte
lacht daraufhin laut auf, so dass die Fältchen in seinen Augenwinkeln tief
hervortreten, und wiegt den Kopf. Dann blickt er sie etwas nachdenklicher an.
    „Na komm, Jack. Ich fürchte,
dein Herr hatte keine so gute Zeit wie du.“
    Joan erschrickt in böser
Vorahnung.
    Tom schließt auf. „Du kannst
die Fackel hier für einige Zeit haben. Und ich bringe gleich noch mehr Wasser“,
murmelt er, wobei er ihr die Fackel reicht.
    Joan schluckt und nimmt sie
entgegen. Zögernd betritt sie das Verlies. Sie erblickt Malcom kopfüber
zusammengekrümmt im Stroh knien. Eine Hand hat er dabei keuchend gegen seinen
Schoß, die andere gegen den Bauch gepresst. Er ist ein Bild des Jammers, würgt
atemlos seine ohnehin spärliche letzte Mahlzeit wieder hoch.
    Tom schließt ab. Das laute
Vorschieben der Riegel löst Joan aus ihrer Starre. Eilig geht sie auf Malcom zu
und kniet sich besorgt neben ihn. „Malcom.“
    Er stöhnt, krümmt sich zusammen
und würgt unablässig, obwohl sein Magen bereits leer ist.
    Mitfühlend legt sie eine Hand
an seine Schulter. Doch er schüttelt den Kopf und entzieht sich ihr ruppig.
    „Lass mich“, keucht er und
würgt wieder.
    Joan lehnt sich aufgelöst
zurück. Er dauert sie zutiefst. „Dieser feige Hund“, raunt sie verächtlich. Mac
Gennon muss Malcom zusammengeschlagen haben. ... Doch aus welchem Grund? Sie
wird sich mit ihrer Frage noch gedulden müssen. Vor unablässigem Würgen und
Husten vermag Malcom schwerlich, zu antworten. Aufgewühlt fährt sie sich durchs
Haar, wobei sie sich wieder der Fackel in ihrer Hand bewusst wird. Schwerfällig
erhebt sie sich, um diese in eine Halterung an der Wand zu stecken. Dann kniet
sie wieder neben Malcom nieder und wartet, dass er sich etwas erholt.
    Die Tür öffnet sich
quietschend. Tom stellt einen beinahe vollen Eimer mit Wasser ins Stroh, wofür
sie sich nickend bedankt. Nach einem musternden Blick auf Malcom sperrt der
Alte sie wieder ein.
    Es vergeht eine geraume Zeit,
bis Malcom etwas ruhiger atmet. Dann scheint auch der Würgereiz verschwunden.
Noch ein wenig hustend lässt er sich auf die Seite fallen, nimmt die Hand aus
seinem Schoß und fährt sich vorsichtig über das zerschundene Gesicht. Die Haut
über einer Augenbraue ist aufgeplatzt. Blut quillt daraus hervor, welches ihm
übers Gesicht und in die geschlossenen Augen rinnt.
    Joan nimmt den Ärmel ihrer
Tunika zwischen die Finger, taucht ihn ins Wasser und wischt ihm damit behutsam
das Blut weg. Dabei drückt sie mit ihrem anderen Ärmel gegen die Wunde, um die
Blutung zu stillen. Er schlägt die Augen auf und sie blicken sich an. Joan
tastet ihm vorsichtig über Stirn, Augen und einen eingerissenen Mundwinkel. Sie
will sich ihre Trübnis nicht anmerken lassen. „Kann man dich nicht mal kurz
alleine lassen?“
    Er deutet ein Lächeln an. „Du
siehst so verdammt gut aus, Joan“, raunt er, was in einem Husten endet.
    „Wovon du selbst im Moment weit
entfernt bist“, feixt sie, worauf er gequält stöhnt. In ernüchternder
Gewissheit, dass sie Mac Gennon auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind, atmet
sie niedergeschmettert durch. „Warum hat dir das dieser elende Bastard
angetan“, fragt sie leise.
    Malcom zuckt die Schultern. „Er
scheint Gefallen daran gefunden zu haben.“ Sein Blick wandert an ihr vorbei in
die Flamme der Fackel.
    „Das ist nicht der Grund, habe
ich Recht?“ Sie nimmt den Ärmel von seiner Augenbraue und bemerkt seine
verwunderte Miene.
    „Solltest du mich bereits so
gut kennen?“ Er reibt sich über den Bauch und versucht, sich hoch zu stützen,
lässt es jedoch stöhnend vorerst bleiben.
    Joan betrachtet die Wunde über
seiner Augenbraue und wischt mit dem feuchten Ärmel erneut daraus
hervorsickerndes Blut weg. „Also?“
    Er seufzt. „Ich tötete einst
seinen verdammten Bruder. ... Während eines Scharmützels, als sie in
Northumberland einfielen“, fügt er noch rasch auf ihre bestürzte Miene hinzu.
    „Das ist nicht

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