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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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gut“, murmelt
sie. „Er hasst dich.“
    Malcom nickt bedächtig. „Ja,
offensichtlich.“ Missmutig reißt er plötzlich an seiner Kette. „Wenn wir ihm
nicht so machtlos ausgeliefert wären, würde er schon längst neben seinem Bruder
in der Hölle schmoren.“
    Sie schweigt bedrückt, spürt,
wie er ihr Gesicht berührt.
    „Der Kerker bekommt dir.“
    Joan bläst die Luft aus. „Sie
haben mich mit Fleischbrühe bis zum Bersten vollgestopft. Ich darf morgen sogar
wiederkommen.“
    Er lässt ein gequältes Stöhnen
vernehmen. „Wie schön für dich“, bemerkt er spitz.
    Mit einem wohlwollenden Lächeln
zieht sie das große Stück Schmalzbrot unter ihrer Tunika hervor und reicht es
ihm.
    Er macht große Augen, rührt es
jedoch nicht an. „Ich fürchte, ich kann noch nicht. ... Mein Magen fühlt sich
an, als wären hundert Ochsen drübergetrampelt.“
    Sie legt es neben ihm ins
Stroh.
    „Du bist der erste Mensch, der
im Kerker aufblüht“, äußert er kopfschüttelnd. „Es schmälert mein schlechtes
Gewissen jedoch nicht, dich in diese Misere mit hineingezogen zu haben.“
Bekümmert legt er ihr eine Hand an die Wange und sie schmiegt sich dagegen. „Du
hast das Glück wohl immer auf deiner Seite“, murmelt er versonnen lächelnd.
Vorsichtig stützt er sich hoch, langt nach dem Wasserkrug und trinkt.
    Joan beobachtet ihn mit ernster
Miene. „Ich hoffe, es reicht für uns BEIDE! Immerhin hängt mein Glück von
deinem ab.“
    Überrascht setzt er den Krug
ab, um sie forschend anzusehen. „Ist das wahr?“
    Es erstaunt Joan. Wie kann es
sein, dass er nicht spürt, was sie für ihn empfindet? ... Nach all dem, was sie
bisher zusammen durchstanden haben. Nie hätte sie geglaubt, dass sie es ihm
noch unter die Nase reiben müsste. Plötzlich ärgert sie sich über ihn. „Was glaubst
DU wohl“, fährt sie ihn an. „Hältst du mich für eine Dirne“, fragt sie fuchtig,
wobei sie aufgebracht die Hände in die Seiten stemmt. „Bist du mit Blindheit
geschlagen, oder gibst du es nur vor, um mir schmachtende Worte zu entlocken?!“
    Malcom betrachtet sie
versonnen. „Warum braust du gleich so auf“, fragt er mit aufrichtiger
Verwunderung.
    „Ach“, tut sie mit einer
verstimmten Geste ab, streicht sich ungehalten eine Locke aus dem Gesicht und
entwendet ihm barsch den beinahe leeren Wasserkrug. Diesen füllt sie am
Wassereimer wieder auf, um ihn dann neben Malcom an der Wand ins Stroh zu
stellen. Durchatmend wendet sie sich seiner Schulter zu. „Lass mich deine
Wunden ansehen, solange wir noch Licht haben.“
    „Ich halte dich für keine
Dirne“, erklärt er versöhnlich und nähert ihrem Gesicht eine seiner Pranken,
die Joan jedoch ruppig fortschlägt. Daraufhin zuckt er die Schultern, lässt sie
jedoch nicht aus den Augen. Als sie fahrig die Schnüre an seinem Hemd geöffnet
hat, zieht er sich dieses über den Kopf. Schwerfällig lässt er sich daraufhin
wieder ins Stroh zurücksinken.
    „Malcom“, haucht sie bestürzt,
wobei sie fassungslos seinen von großen Blutergüssen blau und grünlich
verfärbten Oberkörper betrachtet.
    „Ich hab’ mich schon daran
gewöhnt“, tut er mit einer kraftlosen Geste ab.
    Sie blickt ihn zweifelnd an.
Seufzend tastet sie ihn dann behutsam nach gebrochenen Rippen ab. Er zuckt
dabei stets leicht unter ihren Berührungen zusammen. Nicht jedoch vor Schmerz.
Ihr entringt sich ein versonnenes Lächeln, welches er mit einem breiten Grinsen
erwidert.
    „Es ist nichts gebrochen“,
schließt sie und wendet sich seinem rechten Oberarm zu, von dem sie den Verband
abwickelt.
    „Er versteht sich aufs
Prügeln“, erwidert Malcom seufzend.
    Seine Wunde heilt sehr gut.
Joan wäscht beruhigt die Reste des angetrockneten Spitzwegerichs mit etwas
Wasser von seiner Haut. Sie muss ihn nicht mehr verbinden. Dann entknotet sie
die Nesteln an seinem Bruechgürtel, streift ihm die Beinlinge herunter und
nimmt ihm die Verbände ab. Sogar die große Wunde im rechten Oberschenkel sieht
zufriedenstellend aus. So säubert sie nur noch die Wundränder. „Deine
Wundheilung ist wirklich einzigartig, Malcom.“
    Er schiebt einen Arm unter
seinen Kopf und berührt ihre Lippen.
    Sie reibt sich lächelnd über
den Mund, weil es sie kitzelt.
    Versonnen zieht er die Hand
zurück.
    Joan streift ihm geschäftig die
Beinlinge wieder hoch und nestelt sie fest. „Fertig.“
    Mit einer bedauernden Miene
setzt er sich vorsichtig auf.
    „Wenigstens können deine Wunden
hier in Ruhe heilen.“ Sie

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