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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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lang.
    Trotz allem sucht sie Malcom
nun auf. Es kostet sie eine immense Überwindung. Als sie ihn in Brix’ Stall
findet, atmet sie tief durch und geht auf ihn zu. Er ist gerade dabei, seinen
Rappen zu satteln und sieht verblüfft zu ihr auf.
    „Joan.“ Schnell fasst er sich
wieder. „Kommst du mit auf die Jagd?“
    Sie ist freudig überrascht.
„Ich wusste nicht, dass du eine veranstaltest.“
    Er legt Brix das Zaumzeug an.
„Nichts Großes. Ich wollte mit Ray und ein paar anderen raus, die Pferde
bewegen. Morgen ist Martinstag. Die letzte Möglichkeit, Fleisch zu essen, bevor
die Fastenzeit beginnt.“
    „Wieso sagt mir so etwas
keiner!“ Sogleich bereut sie ihre Worte.
    „Ich habe dich nirgends finden
können“, antwortet er ruhig, vermeidet dabei jedoch, sie anzusehen. Dann tut er
es doch. „Nun?“
    Sie ist unschlüssig, verspürt
jedoch große Lust, mitzukommen. Seit einer halben Ewigkeit kam sie nicht mehr
aus der Burg heraus und die Sonne scheint betörend. Sie räuspert sich.
„Eigentlich wollte ich dein Einverständnis, mit Amál fechten zu dürfen“,
gesteht sie. „Zwar ist er nicht so gut wie du ...“
    „Frag ihn doch selbst. Er kommt
mit“, schlägt er mit scheinbarer Gelassenheit vor.
    Sie glaubt, sich verhört zu
haben. „Du hast keine Einwände“, fragt sie ungläubig.
    „Seit wann interessiert dich
das?“ Sein Blick ruht auf ihr. „Wer bin ich noch für dich, dass ich dir etwas
verbieten könnte?“
    Es versetzt ihr einen
schmerzhaften Stich ins Herz. „Dass ich dich dennoch frage, sollte dir doch
genug sagen“, erwidert sie kleinlaut.
    Er fährt sich über die Stirn
und wendet sich wieder Brix zu. „Ich glaube nicht, dass mir das auf Dauer
reicht.“
    Sie merkt, dass er ihr das
Messer auf die Brust setzt. Es ist äußerst schmerzlich. Doch genau dieser
Umstand lässt sie spüren, wie wichtig ihr Malcom ist. Sie hatte es beinahe
vergessen. „Was stellst du dir vor? Wie soll es weitergehen ... mit uns?“
    Er stößt herausfordernd die
Luft aus und hält in seinen Bewegungen inne. „Das sollte ich DICH fragen“,
erwidert er leise, wobei er sich bedächtig zu ihr umwendet. „KANN es überhaupt
noch weitergehen?“
    Sie starrt ihn fassungslos an.
„Malcom, ich will dich nicht verlieren“, flüstert sie kläglich, lässt seinen
forschenden Blick mit hängendem Kopf über sich ergehen. Sie hört, wie er
schwermütig durchatmet.
    „Tut gut, das zu hören“, stellt
er zu ihrer Erleichterung fest und deutet ein Lächeln an. Sie tauschen
betretene Blicke.
    „Also, welches Pferd willst du
nehmen“, unterbricht er ihr verlegenes Schweigen.
    Sie atmet dankbar auf. „Den
Klepper natürlich.“
    Er grinst. „Ja, was sonst.“
    „Ich gehe mir nur schnell meine
Beinlinge überziehen“, erwidert sie voller Tatendrang. Beinahe euphorisch eilt
sie hinauf in ihr Gemach, steuert auf die Truhe unterm Fenster zu, um diese zu
öffnen. Beharrlich ignoriert sie eine weitere, seit Neuestem knarrende Diele,
welche sich auf diese Weise scheinbar über Joans gesteigertes Gewicht beklagt.
Schon längst hat sie es aufgegeben, sich darüber zu ärgern. Behände öffnet sie
die Bänder, die ihre kniehohen, wollenen Beinlinge halten, streift diese und
dann ihre Kleider hastig ab, um sich ihre Reitbekleidung anzulegen. Ein Paar
wollene Beinlinge unter einem ledernen Paar, dann Reitstiefel, Tunika und
darüber einen dick gefütterten Gambeson. Letzteren besorgte sie sich schon vor
längerem in der Waffenkammer, ahmt damit bis auf ein Kettenhemd die Tracht der
Waffenknechte nach. Ihr seit dem Kampf wieder kürzeres Haar trägt sie offen. Es
reicht ihr bis auf die Schultern. Während sie sich ihre gefütterten, ledernen
Handschuhe überstreift, wirft sie sich einen wärmenden Wollmantel über den Arm
und zieht umständlich die Tür zu. Auf dem Weg zum Treppenturm prallt sie
unversehens mit jemandem zusammen.
    „Suchst du mich“, fragt Amál
verschmitzt, wobei er sie frech mustert. „Du könntest glatt als mein Knappe
durchgehen.“
    „Diese Zeiten sind vorbei“,
erwidert sie trocken, was ihn grübelnd die Stirn runzeln lässt. Schmunzelnd
lässt sie ihn stehen, um wieder ihren Weg zum Treppenturm aufzunehmen. Sie
spürt seine Blicke in ihrem Rücken und stoppt abrupt. Als sie sich umwendet,
ertappt sie ihn bei der Bewunderung ihrer langen Beine. Herausfordernd wirft
sie sich ihren langen Wollmantel über. „Besser, du gehst vor. Dann behältst du
wenigstens die Treppen im Auge“, schlägt sie

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