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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Pferdes trifft sie hart am Kopf. Es wird
schwarz um sie herum, noch ehe sie auf den schneebedeckten Boden fällt.
    Und als sie wieder zu sich
kommt, hat sie unglaubliche Kopfschmerzen. Verwirrt blinzelt sie in die Sonne
hinein. Dann spürt sie, dass sie jemandem auf dem Schoß liegt. Eine große Hand
streicht ihr beruhigend übers Gesicht. Augenblicklich gerät sie in schier
unsagbare Panik und bemerkt die aufkommende, ihr allmählich vertraute Übelkeit.
Sie hat Angst, ... eine lähmende Angst vor diesen Händen, nach denen sie
sogleich schreiend schlägt. Es gelingt ihr, sich herumzuwälzen und hektisch auf
allen Vieren von ihnen wegzukriechen.
    „Joan.“
    Sie fühlt eine Hand auf ihrer
Schulter, hebt den Kopf und blickt in Malcoms bleiches Gesicht. Die Angst ist
zum Greifen nahe. Sie fürchtet sich vor seiner Hand auf ihr, rollt schreiend
zur Seite. Schluchzend rappelt sie sich hoch und strauchelt. Der Schnee um sie
herum ist zu ihrem Entsetzen blutbefleckt. Es entlockt ihr ein Wimmern. Sie
kann den Blick nicht von ihm lösen und geht davor auf die Knie.
    „Joan, komm zu dir!“ Ihr Vater
kniet plötzlich an ihrer Seite. Er nimmt sie in die Arme. „Es ist alles gut.
Dein Pferd hat dich am Kopf erwischt. Du bist verwirrt.“
    Er tut ihr
unsagbar gut. Sie fühlt sich plötzlich geborgen und mag nie mehr aus seiner
sicheren Umarmung heraus. Langsam beruhigt sie sich. Schließlich wagt sie einen
Blick über seine Schulter. In Malcoms Nähe liegt der gewaltige Keiler mit einem
Bolzen in der Augenhöhle. ... Sie wagt nicht, Malcom anzusehen. Dann sammelt
sie sich und tut es doch. Er sitzt gegen einen Baum gelehnt im Schnee und
blickt sie erschüttert und mitfühlend zugleich an. Seine Hände hat er im Schnee
vergraben.
    „Joan, du
bist viel zu langsam“, kritisiert Amál spöttisch, setzt die Schwertspitze von
ihrer Brust ab und lacht sie aus. Joan bedenkt ihn mit ihrem verächtlichsten
Blick.
    „Es ist mir ein Rätsel, wie du
damals all die Kerle erschlagen konntest. Diese armen Teufel sind offenbar vor
Schreck gestorben. Du kämpfst wie ein Mehlwurm!“
    Sie wird wütend. Bereitwillig
hört sie sich von ihm an, dass sie zu schwach, zu ungeübt sei und ihm gegenüber
zu zögerlich mit dem Schwert umgeht. Doch ist sie ganz sicher alles andere, als
langsam!
    „Komm schon. Du musst dich nur
trauen. Du ersparst mir doch auch sonst keine Qual.“
    „Was soll das wieder heißen?“
    Er schlägt ungeduldig mit der
Schwertspitze gegen ihre gesenkte Klinge. „Das weißt du genau.“
    Ja, sie weiß, was er meint.
Bisher wies sie ihn immer wieder zurück, wenn er sich ihr zu nähern suchte.
Doch er tut ihr gut. Sie mag seine Scherze. Seine heitere, unbefangene Art
muntert sie auf und lässt sie vergessen. Dass sie Malcom mehr denn je meidet,
lässt ihn jedoch nur umso mehr hoffen.
    „Was ist los, hast du keine
Lust mehr?“
    Sie holt aus, doch er pariert
gekonnt. Er drückt ihre Waffe zur Seite und küsst sie auf den Mund. Sie reißt
entsetzt die Augen auf, dreht sich von ihm weg und täuscht einen Hieb gegen
seine Seite vor, weicht jedoch seiner Parade aus, reißt das Schwert herum und
stößt ihm dabei mit dem Ellenbogen versehentlich in den Schritt.
    „Entschuldige“, ruft sie
erschreckt. „Amál, es tut mir leid!“ Bestürzt beobachtet sie, wie er ächzend
auf die Knie geht und die Linke gegen seinen Schoß drückt. Sie fand den Stoß im
Grunde gar nicht so stark.
    „Das war eine unritterliche
Revanche“, presst er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, was sie dazu
bewiegt, sich reumütig vor ihm auf ein Knie in den Schnee herab zu lassen. Er
hebt blitzschnell eine Hand, legt sie in ihren Nacken und zieht sie auf seinen
Mund.
    Sie senkt die Augenbrauen und
drückt sich von ihm ab. „Amál! Du bist ein Kindskopf! Verstehst du das unter
einer Fechtlektion?“
    „Ja.“ Er kommt grinsend auf die
Beine. „Traue nie den Finten deiner männlichen Gegner und habe niemals Mitleid
mit ihnen“, belehrt er sie, wobei er ihr die Hand reicht.
    Sie nimmt diese seufzend. „Du
bist nicht ernsthaft genug. So wird das nie etwas.“
    Er zieht sie hoch. Seine Miene ist
plötzlich ungewohnt ernsthaft und nachdenklich. „Joan, der Schein trügt dich.
Ich meine es vollkommen ernst“, erwidert er mit leiser Stimme, während er den
Blick nicht von ihr abwendet.
    Ihr schnürt es die Kehle zu.
Sie mag ihn mehr, als er wissen darf. Ihr schlechtes Gewissen Malcom gegenüber
erdrückt sie fast. Wie kann sie sich nur zu zwei

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