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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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schuldig.“
    Er entzieht sich ihren Blicken,
indem er sich vorbeugt und die Unterarme auf den Knien abstützt. Dann lacht er
plötzlich verhalten. „Ich fragte mich soeben, wie es wohl aussähe, wenn das Los
uns beide aufeinander treffen ließe.“
    Sie zieht verärgert die
Augenbrauen zusammen, da er ihr erneut ausweicht.
    „Ich glaube, mit meinen
Überschlägen käme ich dir nicht lange bei.“
    „Was macht dich so sicher“,
fragt sie, neugierig geworden.
    Er richtet sich wieder auf und
blickt sie offen an. „Du bist zu flink, achtest nicht auf das gegnerische
Schwert. Du würdest mich zu einem Angriff zwingen.“
    Sie betrachtet ihn grübelnd.
„Nein Ulman. Denn du verstehst dich meisterhaft aufs Ausweichen. ... Du tust es
bereits dein ganzes Leben lang, soweit ich das beurteilen kann.“ Sie denkt
dabei an den Bruch mit seiner Familie und vor allem an Fiona.
    Er ist überrascht.
    Joan erhebt sich aufgewühlt und
lässt ihn so zurück. Ärgerlich überquert sie schnellen Schrittes den Hof in
Richtung zum Wohnturm. Plötzlich werden ihre Schritte langsamer. Ein
eigentümliches Gefühl der Beklommenheit ergreift von ihr Besitz. Ihr kommt eine
Ahnung, was seine eindringlichen, traurigen Blicke bedeuten könnten. Es würde
ebenfalls erklären, warum er sie damals verschonte. Er, der nur aus Hass tötet.
.... Und erwähnte er nicht, dass er sich in die unerreichbare Frau verliebte?
Abrupt verhält sie ihre Schritte kurz vor der Treppe zum Wohnturm, um sich
unsicher in die Richtung umzuwenden, aus der sie kam. Ulman hat sie noch nicht
aus den Augen gelassen. Sie nimmt es als Bestätigung und greift sich verwirrt
an die Stirn. Sollte er ihr in der Tat echte Gefühle entgegenbringen?
Vielleicht bildet sie es sich nur ein? Doch er weicht ihrem Blick dieses Mal
nicht aus, hält ihm unbeirrt stand. Zögernd kehrt sie ihm den Rücken zu und
verharrt einen Augenblick in Ungewissheit vor der Treppe. Dann fasst sie sich.
Selbst wenn es sich so verhielte, es ist ihr gleich.
    Auf dem Weg zum Abtritt prallt
sie beinahe mit Miriam zusammen.
    „Joan. Du bist so zerstreut.
... Was treibt dich um. Solltest du nicht beim Turnier sein?“
    „Was machen die anderen, wenn
sie ihre Notdurft verrichten müssen“, fragt Joan zurück, woraufhin Miriam
grinsend die Schultern zuckt.
    „Schätze, sie erledigen es beim
Misthaufen.“
    Sie kichern, als sie Joans bis
zu den Knien reichendes Kettenhemd und die ergänzenden Beinteile mustern.
    „Benötigst du meine Hilfe“,
fragt Miriam vergnügt. Joan fällt auf, dass sie zu ihrer Schönheit
zurückgefunden hat. Ihre Bleiche ist einer frischen Gesichtsfarbe gewichen. Sie
wirkt erholt und blickt ihr verschmitzt entgegen.
    „Das fehlte noch“, wehrt Joan
grinsend ab. „Ich werde schon zurechtkommen.“
    Miriam verzieht plötzlich
schmerzerfüllt das Gesicht und hält sich den Unterleib.
    Joan beobachtet sie alarmiert.
„Kommen die Schmerzen häufiger?“
    Miriam schüttelt den Kopf. Dann
lockert sich ihre Haltung. „Nur, wenn ich Treppen steige.“
    „Sie erscheinen mir aber
besonders stark“, wendet Joan ein.
    „Ja. So heftig verspürte ich
sie zuvor auch noch nicht.“
    Joan betrachtet sie abwägend.
„Du bist allein auf deiner Kammer?“
    Miriam nickt. „Sie haben sich
alle unten im Hof versammelt, um dem Turnier beizuwohnen.“
    „Ich schicke dir eine Magd. Sie
wird dir Gesellschaft leisten.“
    „Nein. Ich begleite dich nach
unten. Ich verspüre keine Lust mehr, im stillen Kämmerlein zu hocken. Wozu gibt
es schließlich dicke Pelze. Die Kälte wird mich entgegen Awins Versicherung
schon nicht umbringen.“
    Joan nickt.
„Ich hole dich in deinem Gemach ab.“
    Als sie
endlich wieder auf dem Hof erscheint, ist mehr Zeit verstrichen, als ihr lieb
ist. Doch es erwies sich als eine schweißtreibende Herausforderung, mit der
hinderlichen Kettenrüstung auf dem Abtritt zurande zu kommen. Miriams
Schwerfälligkeit trug ihr übriges zur Verzögerung bei. Die Hochschwangere hat
sich bei ihr untergehakt, während Joan sie zu einem mit Lammfellen weich
gepolsterten Stuhl neben Awin geleitet. Diese bemerkt die Anwesenheit ihrer
Schwiegertochter mit einer missfällig gehobenen Braue.
    „Joan. Wo zum Henker hast du
gesteckt?“ Malcom baut sich aufgebracht vor ihr auf. „Welch Faux pas, das
Turnier mir nichts dir nichts zu verlassen! Ich habe jede Ecke dieses
verfluchten Hofes nach dir durchkämmt.“
    Mit verärgert gesenkten Brauen
stützt sie die Arme in die Seiten. „Leider

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