Die rote Farbe des Schnees
bläst
kopfschüttelnd die Luft aus. „Seine Körperbeherrschung ist beispiellos.“
„Ja“, meint Joan
herausfordernd. „Ich war noch nie gespannter auf einen Kampf.“
Malcom ruckt zu ihr herum, um
stirnrunzelnd Notiz von ihrem hämischen Grinsen zu nehmen.
Amál klatscht in die Hände und
springt hoch. „Auf Männer, lassen wir uns eine verdiente Stärkung angedeihen.“
Joans eindringlich fragende Miene reißt ihn zu einem einsichtigen Räuspern hin.
„Und Frauen“, verbessert er sich schmunzelnd.
Sie
erheben sich und steuern auf den Wohnturm zu, vor dem Küchenjungen und einige
Pagen mit gefüllten Krügen dampfenden Würzweins sowie Mägde mit Tabletts voller
Speisen Aufstellung genommen haben.
John lässt
ein Grinsen erkennen, räuspert sich bedeutungsvoll und wendet seine
Aufmerksamkeit von den beiden entrollten Losen in seinen Händen auf die
Umstehenden ab. „Desweiteren treten Ulman und Joan gegeneinander an“, verkündet
er lauthals. Seine Worte lassen Amál neben ihm aufatmen.
„Amál wäre ein günstigerer
Gegner für dich gewesen“, raunt Malcom Joan vergnügt zu. Diese macht ein
säuerliches Gesicht, wahrt jedoch die Fassung und blickt unsicher zu Ulman
herüber, der ihr mit einem fröhlichen Lächeln auf den Lippen zunickt.
Joan erwidert es mit
belustigtem Kopfschütteln. Hat sich doch nun erfüllt, was er insgeheim
erhoffte.
„Betrachte es als eine
lehrreiche Fechtlektion“, rät ihr Malcom. „Man hat nicht alle Tage Gelegenheit,
von einem solch vortrefflichen Schwertkämpfer zu lernen.“
Joan
seufzt. „Ich fürchte nur, er wird mir den Gar ausmachen, BEVOR er es für nötig
erachtet, Gebrauch von seiner Waffe zu machen.“
Joan und
Ulman sind die Letzten, die gegeneinander antreten sollen. Sie stehen nah
beieinander und beobachten fröstelnd, wie sich Amál verzweifelt seiner Haut
gegen Malcom wehrt. Dabei hält er sich schon erstaunlich lange.
Joan hat ihre Oberarme
umschlungen und tritt bibbernd von einem Fuß auf den anderen. „Wenn es noch
länger währt, sind mir die Füße abgefroren“, bemerkt sie mit klappernden
Zähnen.
Ulman betrachtet sie lächelnd
und sieht daraufhin wieder nach vorn.
Malcom hebelt Amál soeben das
Schwert aus der Hand, sodass die Waffe klirrend zu Boden fällt. Jubelrufe
belohnen den guten Kampf und zollen Malcom Anerkennung.
Ulman betrachtet Joan von der
Seite. „Dann werde ich dich jetzt ins Schwitzen bringen.“ Mit einer galanten
Geste lässt er ihr den Vortritt. „Nach Euch, Mylady.“
Joan kommt dicht neben ihn.
„Versprich, dass du mich nicht zum Narren hältst!“
Er mimt den Überraschten. „Das
würde ich mir nie erlauben“, und grinst.
Joan atmet durch und geht an
ihm vorüber zum Kampffeld. Malcoms Männer rufen ihr aufmunternd zu, worauf sie
ihnen lächelnd zunickt. Dann wendet sie sich um und blickt in Ulmans betörende
Augen direkt ihr gegenüber. Sie bemerkt seine geweiteten Pupillen und den
beinahe verträumten Blick. Ihr wird mit einem Male klar, dass er mit dem
zweiten Blick sieht. Es ist wie eine Aufforderung. Sie sammelt sich. Dann
überwindet das Hindernis in ihrem Herzen, welches sie sich selbst gebaut hatte
und das ihr verbot, was sie nun dennoch zulässt. Seine Farben sind sehr hell.
Sie lässt sie nicht außer Acht, konzentriert sich jedoch hauptsächlich auf
seinen fleischlichen Körper. Sie gehen in Kampfstellung und beginnen, sich
gegenseitig zu umkreisen. Seine Farben ändern sich plötzlich zu einem
herrlichen Purpur. Er greift an. Sie pariert wie im Traum, ist ganz ruhig.
Seine Bewegungen kommen ihr nicht mehr derart schnell vor wie bei seinem
letzten Kampf. Sie hat keine Mühe, seine Angriffe zu parieren. Ihr ist
plötzlich, als wären sie beide im Einklang miteinander. Es ist ein ganz neues,
ein berauschendes Gefühl. Sie empfindet sich als unverwundbar und wagt nun
ihrerseits einen Angriff. Ihm sind ihre Kombinationen fremd, doch er versteht
es, sie mühelos zu unterbrechen. Ihr geht auf, dass er seinerseits im Einklang
mit ihr sein muss, und sie stößt ein herausforderndes Lachen aus. Seine
komplizierte Fechtkunst ist nun leichter zu durchschauen, sie merkt sich jeden
seiner Hiebe und lernt dadurch immens. Plötzlich spürt sie, dass er sich ihr
entzieht und wird unruhig. Sie stehen sich keuchend gegenüber, seine Farben
sind verschwunden.
„Nun zeig, was du eben gelernt
hast“, raunt er atemlos.
Sie lächelt. „Danke.“ Er hat
ihr ein Geschenk gemacht.
Ulman nickt auffordernd.
Sie
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