Die rote Farbe des Schnees
sich und schenkt ihr eine Umarmung. Dabei küsst sie ihm
versöhnlich die Wange. Schwerfällig hievt sie sich auf die Füße und reicht ihm
die Hand. Er greift danach, woraufhin sie ruckartig an ihm zieht, damit er
besser hochkommt.
„Bei Gott, du hast mich
tatsächlich geschafft“, stellt er anerkennend fest und fährt sich versonnen
über die Kehle. „Dass dieser Tag einmal kommt, hätte mir klar sein müssen.“
Atemringend stützt er einen Arm in die Seite und deutet mit dem Zeigefinger auf
sie. „Du bist gut“, bringt er keuchend hervor.
Für Joan ist es das schönste
Kompliment, das er ihr in dieser Situation machen kann. Zufrieden lächelnd
steckt sie ihr Schwert weg. „Danke.“
Er macht eine Geste Richtung
Siegerbank. „Worauf wartest du. Nun geh schon“, drängt er, wobei er ihr
aufmunternd zuzwinkert.
Aufatmend leistet sie seiner
Aufforderung Folge. Die Männer auf der Bank blicken ihr freudig entgegen und
begrüßen sie lautstark. Amál rutscht grinsend beiseite, damit sie neben ihm
Platz nehmen kann.
„War eine gute Vorstellung“,
erkennt er an.
„Vielen Dank. Somit wächst die
Wahrscheinlichkeit, dass wir beide aufeinandertreffen“, erwidert sie belustigt,
was er mit einem murrenden Nicken beantwortet.
Sie lächelt in sich hinein und
lässt den Blick daraufhin über die handvoll Männer auf der Bank schweifen. „Ist
Ulman ausgeschieden“, fragt sie verwundert, als sie diesen nicht entdecken
kann.
„Nein. Er tritt sogleich gegen
Raban an.“ Amál betrachtet den Sonnenstand im Mittag. „Vor dem nächsten
Durchgang werden wir uns erst einmal stärken“, legt er fest.
Sie blicken nach vorn. Malcom
steht bei Raban. Sie tauschen sich über etwas aus. Dann kommt er zu ihnen
herübergeschlendert und setzt sich neben Joan.
„Du kannst zufrieden sein“,
bemerkt er lächelnd zu ihr.
Sie nickt. „Mehr als das“, und
legt ihm vertraut eine Hand auf den Oberschenkel.
Er grinst. „Ich glaube du bist
die erste Frau, die an einem Turnier teilnimmt. Und du hast es zum besten
halben Dutzend geschafft.“
Sie freut sich über seine
lobenden Worte. Als der Hornstoß erklingt, blicken sie nach vorn. Raban und
Ulman stehen sich gegenüber. Raban eröffnet und greift mit vortrefflicher
Technik an. Ulman pariert leichthändig, foppt dabei mit unglaublichen Verrenkungen.
Er greift weder an, noch weicht er einen Schritt zurück. Joan bemerkt nach
kurzem, dass er fest auf der Stelle verharrt, als wäre er mit den
Pflastersteinen verwachsen. Umständlich verbiegt er sich bei seinen Paraden auf
groteske Art, hüpft und tänzelt vom einen Bein aufs andere, um nur ja nicht die
Position zu verändern. Und er hält sie bis fast aufs Inch genau. Erstes
Gelächter erschallt.
„Er gaukelt“, bemerkt Malcom
nachdenklich. „Schon wieder. Für ihn ist alles ein lächerliches Spiel.“
„Wohl eher ein falsches“, wirft
Amál zweideutig ein. „Ich hoffe, er treibt ein solches insgeheim nicht auch mit
uns.“
Joan antwortet nicht. Sie weiß,
dass Ulmans Kampfweise ihrer Bemerkung gilt. Auf seine eigene Art beweist er
ihr soeben, dass er auch anders kann, als ständig auszuweichen.
Raban scheint allmählich wütend
zu werden. Seine Angriffe werden erbarmungslos hart und bedrängen Ulman aufs
Ärgste.
In Ulman kommt plötzlich
Bewegung. Er greift an und gibt ihnen zum ersten Male einen kurzen Einblick in
seine unglaublich schnelle und präzise Fechtkunst. Seine Kombinationen sind
Joan nicht bekannt. Sie sind äußerst kompliziert, wirken jedoch ganz leicht, da
Ulman sie in bewundernswerter Gewandtheit ausführt. Leichthändig drängt er
Raban zurück. Beunruhigtes Raunen geht durch die Männer auf ihrer Bank. Raban
vermag ihm nur kurzen Widerstand zu leisten. Er weicht dabei unaufhaltsam vor
ihm zurück, gleitet plötzlich aus und fällt rücklings auf das noch im Schatten
liegende, glatte Pflaster. Ulman tritt ihm gegen die Brust, dass er vollends
auf den Rücken fällt, und setzt einen Fuß auf Rabans Schwertarm, noch ehe
dieser zur Seite rollen konnte. Gelassen drückt er ihm die Klinge gegen die
Brust. Ihn empfängt ein unerhörter Beifall. Offensichtlich hat er sich zum
Liebling des Publikums gemausert.
Joan findet aus ihrer Starre
und räuspert sich. „Offenbar hast du einen würdigen Gegner gefunden, Malcom.“
„Wo hielt ihn Henry bloß
versteckt“, raunt Amál.
„Er spielte ihn wie ein Ass im
Ärmel nur zu besonderen Anlässen aus“, erwidert Malcom nachdenklich und
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