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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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genau wirfst du mir vor“,
fragt er interessiert.
    Sie streichelt ihm über die
Brust. „Nichts. Ich liebe dich so, wie du bist. Deine Direktheit, mit der du
mich liebst. Du machst eben nicht viele Worte darum.“ Sie beißt sich auf die
Zunge und verwünscht sich sogleich.
    Er ergreift eindringlich ihre
Hand auf seiner Brust, lässt sie jedoch im nächsten Moment wieder los. Sein Schweigen
schnürt ihr das Herz zusammen. Dann lacht er plötzlich kurz auf. „Joan, Ulman
ist auch nur ein Mann, wenn auch ein dichterisch begabter.“
    Sie ist verwirrt. „Was meinst
du damit?“
    Er seufzt. „Rate, wer Amál im
Badehaus entdeckte.“
    Sie schluckt erschrocken. „Er
wird lediglich ein Bad genommen haben“, erwidert sie unsicher, da sie von der
allseits geduldeten, zügellosen Kuppelei in Badehäusern weiß.
    Malcom seufzt erneut. „Nun ja.
Immerhin sagt es mir, dass du mir treu bist.“
    Ärger kocht über diese Bemerkung
in ihr hoch. Doch überwiegt ihre Bestürzung. Nein, sie kann nicht glauben, was
er da andeutet. Das würde Ulman niemals tun!
    „Deine Arglosigkeit in allen
Ehren. Doch was glaubst du wohl, wie lange es ein Mann aushält, von der Frau
seines Herzens auf Abstand gehalten zu werden? ... Es ist eine ziemlich
unbefriedigende Situation.“
    Sie wird wütend auf ihn.
„Schließ doch nicht von dir auf andere! ... Ich will nicht mehr darüber reden.“
    „Ja, sei’s drum. Ich auch
nicht. Er ist schließlich nicht verheiratet und kann meinetwegen außer dir in
seinen Armen halten, wen immer er will.“
    Joan schließt bei seinen Worten
entsetzt die Augen. Sollte alles Lüge gewesen sein, was Ulman ihr schwor? Sie
kann sich unmöglich derart in ihm getäuscht haben. Gefasst atmet sie durch. Wie
konnte sie nur annehmen, er würde sie weiterhin ohne Eigennutz verehren. Sie
kann ihm schwerlich einen Vorwurf daraus machen, wo er doch nicht darauf hoffen
kann, dass sich seine Liebe zu ihr jemals erfüllen wird. Doch es schmerzt sie
trotz allem, da sie viel für ihn empfindet. Es ist, als wäre etwas Wertvolles
zwischen ihnen zerbrochen.
    Sie rückt etwas von Malcom ab.
„Verspürst du nun Genugtuung“, fragt sie zerknirscht.
    Er atmet durch. „Nein. Ich
sinne darüber nach, wie es nur soweit kommen konnte, dass ich meine Frau über
ihren Liebhaber aufkläre.“
    Sie zieht die Luft scharf ein.
„Er ist nicht mein Liebhaber.“
    „Einigen wir uns auf Verehrer.“
    „Nun, es ist von dir wohl nicht
ganz selbstlos, mich über ihn ins rechte Bild zu setzen.“
    „Ihn zu verteidigen, schon“,
wirft er ein.
    Sie überhört es. „Darf ich
fragen, ob DU den ganzen Abend lang unschuldig bei deinen Männern ausharrtest“,
fragt sie mit scharfem Ton.
    Er antwortet nicht sofort,
atmet stattdessen hörbar durch. „Ist das dein Ernst?“
    Sie schweigt und besinnt sich
allmählich. „Nein“, gibt sie klein bei. „Es ist nur ... Es scheint sich bei
euch Mannsvolk alles um die Stillung der Fleischeslust zu drehen. Wo bleibt die
Liebe, für die man alles geben würde, selbst das Leben?“
    Er schnieft verächtlich. „Das
frage ich DICH!“
    Sie schweigt daraufhin
betreten. Nie dürfte sie ihm klar machen, dass sie auch für Ulman eine solche
Liebe verspürt. Wie sollte er es verstehen? Sie versteht es ja selbst nicht.
    Malcom pflügt sich ohnmächtig
stöhnend durchs Haar. „Ich kann nur für mich reden.“ Er sucht nach den
richtigen Worten. „Ach Joan, hast du schon alles vergessen“, fragt er
vorwurfsvoll, um dann resigniert auszuatmen. „Keine will ich so sehr, wie
dich“, gesteht er ihr leise. „Ich wäre nicht in der Lage, dich zu betrügen.“
    Joan ist klar, dass er die
Wahrheit spricht. „Ich weiß“, erwidert sie kleinlaut.
    „Tatsächlich? Ich glaube, du
weißt nichts mehr“, antwortet er geknickt, worauf sie ihm versöhnlich über eine
Wange streicht.
    „Es war mir vergönnt, mich
persönlich von deiner Treue zu überzeugen, als du mich in der Nacht vor der
Schlacht abgewiesen hast.“
    Er ist plötzlich ganz still.
Dann lacht er ungläubig auf. „Du?“
    „Ja.“
    Er braucht etwas, um ihre
Offenbarung zu verdauen. Dann nimmt er ihre Hand, um diese gegen seine linke
Brust zu legen. „Spürst du das?“
    Sie fühlt, wie sein Herz
schlägt.
    „Es hat sich nichts verändert.
Es schlägt noch genau wie damals für dich. Doch weiß ich nicht mehr, ob deines
noch für mich schlägt.“
    Wortlos
ergreift sie seine Hand und drückt diese gegen ihre linke Brust. „Das tut es,
sei versichert.

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