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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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die Wärme des
Wohnhauses. Sie sind sehr beengt untergebracht. Die Männer schlafen jeweils zu
mehreren in dick mit Stroh ausgestreuten Gemächern des ersten Stockes. Amál,
Ulman und Malcom mit Joan hingegen sind in eigenen Kemenaten beherbergt, die
durch Eckkamine beheizbar sind. Die Räume sind aufgrund der kleinen, schmalen
Fenster und dicht stehender Nachbarshäuser recht dunkel, die Kamine noch nicht
entzündet. Man tut besser daran, sich in dem großen und behaglich warmen, durch
etliche Öllampen und einen mannshohen Kamin hell erleuchteten Raum aufzuhalten,
der gleich neben der Küche im hallenartig überhöhten Erdgeschoss liegt. In zwei
benachbarten Kammern und wahlweise in Stall oder Scheune nächtigt das Gesinde.
    Betörende Gerüche steigen ihnen
in die Nasen und lassen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Man trägt aus dem
ganzen Haus Tische, Stühle und Bänke zusammen und richtet sich neben der Küche
wohnlich ein. Joan fühlt sich beinahe wie in der heimischen Großen Halle. Das
Abendmahl besteht aus über dem Feuer geröstetem Schwein, welches man noch
schnell auf dem Fleischmarkt in Cheapside erstanden hatte. Das Fleisch wurde
zum Unwillen der Männer mit viel gegartem Gemüse gestreckt, da es andernfalls
nicht für alle gereicht hätte.
    „Am Essen sind viel mehr verdorben
als je am Hunger gestorben“, merkt Jeremy dazu spitz an, was ihm ein
beifallendes Knurren der anderen einbringt.
    „Man setzt uns nach solch einem
Tag Schweinefutter vor“, murrt Kenneth, wobei er verächtlich eine Mohrrübe zur
Seite stößt. „Noch dazu an einem Sonntag in der Fastenzeit!“
    „Die Männer brauchen was
Anständiges zum Füllen der leeren Bäuche, keinen Bauernfraß“, raunt Amál. „Wir
werden wieder eine Woche warten müssen, bis wir Fleisch essen dürfen. Ihre
Enttäuschung ist nur verständlich.“
    Malcom jedoch zuckt gleichmütig
die Schultern. „In der Not frisst der Teufel Fliegen.“
    Joan hingegen ist es nur recht.
Auch wenn Gemüse nicht so sättigend ist, wie Fleisch, verträgt sie es dennoch
besser, da es nachts leichter im Magen liegt und keine Darmwinde macht. Und
zurzeit bereitet ihr bereits der bloße Gedanke an fettes Fleisch Übelkeit.
    Kenneth erhebt sich, nachdem er
seine dürftige Portion Schweinebraten verzehrt hat. „Lasst uns ins Wirtshaus
gehen!“
    Seinem Ruf folgen die meisten
von Malcoms Männern und ebenfalls einige von Amál.
    „Wartet“, ruft Malcom, als sie
sich erheben, und lehnt sich gelassen zurück.
    Sie wenden sich ihm
erwartungsvoll zu.
    „Ratet, wozu ihr hier seid! ...
Nicht zum Saufen und zur Völlerei. Wir leben hier auf keiner Festung. Das Haus
ist leicht einzunehmen. Percy wird es bekannt sein, dass wir uns hier
aufhalten.“ Er erhebt sich und betrachtet sie eindringlich. „Ich verlange, dass
ihr euch abmeldet, wenn ihr das Haus verlasst. Es müssen stets wenigstens acht
bis unter die Zähne bewaffnete Männer die Stellung halten, wenn sich meine
Familie im Hause aufhält. Und:“, er stützt die Hände in die Seiten, um sich
bedrohlich vor ihnen aufzubauen, „fangt keine Rauferei oder Messerstecherei an
oder lasst euch in eine solche verwickeln. Ich verspüre nämlich keine Lust,
jemanden im Sarg zurück zu führen.“ Er bläst die Luft aus. „Selbstverständlich
rede ich nur für meine Männer.“
    Diese sind ganz und gar nicht
über seine Worte erbaut und machen sich mit lautstarkem Protest Luft.
    Malcom indes setzt sich mit
unberührtem Grinsen wieder. „Das werden die schwersten Wochen ihres Lebens“,
feixt er, womit er die belustigten Blicke seiner Brüder auf sich zieht.
    „Und ihr Paradies liegt
unerreichbar direkt vor der Haustür“, bemerkt Gerold trocken.
    Amáls Männer verabschieden sich
hämisch von den Unglücklichen, um sich auf den Weg zum nächsten Wirtshaus zu
machen. Amál leert eilends seinen Weinkelch, bevor er sich dann ebenfalls
erhebt. „Entschuldigt mich. Ich gehe mit ihnen“, murmelt er kaum hörbar und
folgt ihnen.
    Malcom dreht seinen mit Ale
gefüllten Krug versonnen zwischen den Händen und sendet ihm beunruhigte Blicke
hinterher.
    „John, Gerold!“ Shepherd winkt
ihnen zu. „Zwei von uns dürfen gehen, wir wollen darum würfeln!“
    John schüttelt den Kopf. „Ich
bleibe heute freiwillig.“
    Gerold schmunzelt. „Mich könnt
ihr auch rauslassen. Wie soll ich sonst meiner Frau unter die Augen treten?“ Er
erntet raues Gelächter.
    „Mich ebenfalls“, bemerkt
Jeremy, was ihm verblüffte Blicke einbringt.

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