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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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war das für eine Geschichte mit dir und Amál?“
    Sie senkt betreten den Kopf.
„Es war nichts im Vergleich zu dir. Ich war damals unglücklich mit Malcom. Wir
waren noch nicht einmal vermählt.“
    Er nickt verstehend. Sie setzen
ihren Weg um den Unrat der Gassen herum fort. „Liebst du mich tatsächlich um
meinetwillen“, fragt er plötzlich.
    Sie versteht die Frage nicht
und ist verwirrt. „Was meinst du? Zweifelst du an meiner Liebe zu dir?“
    Nachdenklich versetzt er einem
abgenagten Knochen einen unsanften Tritt, so dass dieser aufspritzend in einer
Schlammlache landet.
    Ob seiner Zögerlichkeit
schnaubt sie verächtlich.
    Er blickt zu ihr. „Zweifel ist
nicht der richtige Ausdruck. Ich frage mich, ob du Malcom ungewollt oder
absichtlich ausweichst. ... DASS du es tust, steht außer Frage.“
    Sie bleibt stehen und stemmt
die Hände in die Seiten. „Fängst du auch damit an. Wer von euch beiden kam auf
diese Unterstellung?“
    „Warum wirst du so wütend“,
fragt er mit ruhiger Stimme. „Es war ein langer, düsterer Abend, an dem sich
Amál und ich austauschten. Wir stellten diese Auffälligkeit beide unabhängig
voneinander fest. ... Ich sehe also, dass du es ohne böse Absicht tust, deine
Liebe zu mir aufrichtig ist.“
    Sie holt ungehalten aus, um ihm
eine Ohrfeige zu versetzen. Doch er fängt ihre Hand gelassen ab. „Etwas stimmt
dennoch nicht, Joan. Es passt nicht zu dir, dich von demjenigen abzuwenden, den
du liebst. Und dass du Malcom liebst, beteuerst du mir bei jeder Gelegenheit.“
    „Offensichtlich kennst du mich
nicht gut genug. ... Mein Fleisch ist schwach, Ulman.“ Mit einem Ruck entzieht
sie ihm ihre Hand und beobachtet finsterer Miene, wie er zweifelnd den Kopf
schüttelt.
    „Das kann ich nicht bestätigen.
Du hast dich mir nicht hingegeben, Amál wohl auch nicht.“
    Sie lacht verbittert. „Dann
scheint es an dem Fluch zu liegen, der auf mir lastet. Ich soll eben nicht
glücklich mit einem Mann werden.“
    Er betrachtet sie schweigend,
um dann versöhnlich ihre Hand zu nehmen. „Ich glaube nicht an Flüche, Joan.“
    Sie setzen ihren Weg wortlos
fort und hängen ihren Gedanken nach. Er hält noch immer ihre Hand. Es beruhigt
sie. Sie empfindet es als wunderschön.
    Schließlich stehen sie vorm
schmalen Haus des Kräuterkaufmannes. Wie zu erwarten wurden bereits alle
Lichter gelöscht. Joan ergreift den massiven Türklopfer, um ihn einige Male
lautstark gegen das Metallblech zu schlagen. Es dauert nicht lange und eine
kleine Luke in der Tür wird geöffnet. Ein steinalter Greis lässt sein
runzeliges Gesicht erkennen. Die Schnüre seiner Kappe baumeln bei jeder
Bewegung lose hin und her. „Was wollt ihr“, fragt er unfreundlich.
    „Wir wollen zu deinem Herrn,
dem Kräuterkaufmann“, antwortet Joan.
    „Aus welchem Grund?“
    „Wir brauchen dringend
Kräuter.“
    Er mustert sie argwöhnisch,
wobei er mürrisch brummt. Die Luke schließt sich wieder.
    Joan und Ulman wechseln
fragende Blicke.
    Der Alte schiebt die Türriegel
geräuschvoll zur Seite und öffnet. Er hat sich einen Mantel über sein
knielanges Untergewand gezogen und hält einen rußenden Kienspan in der Hand.
„Kommt herein“, meint er nun etwas zugänglicher. „Das kostet allerdings einen
Aufschlag zu solch nachtschlafener Zeit“, bemerkt er mit einer seinem Stande
gemäßen Geschäftstüchtigkeit. Denn Joan ist nun sicher, dass sie der Kaufmann
höchstpersönlich in sein bescheidenes Haus geleitet. Er führt sie durch einen
dunklen Hausgang und öffnet eine Tür. Sie folgen ihm in einen größeren Raum
hinterher und bleiben erwartungsvoll stehen. Der aromatische Duft von Kräutern
und Gewürzen schlägt ihnen entgegen. Scheinbar befinden sie sich in seiner
Offizin. Der Alte entzündet zwei Talglichter, welche er auf einem kleinen Tisch
abstellt. Das Licht erhellt den Arbeits- und Verkaufsraum nur spärlich. Es
fällt auf viele getrocknete Kräuterbündel und unzählige Fläschchen und Phiolen
auf Borden an den Wänden.
    „Also? Womit kann ich euch
dienen?“
    Joan räuspert sich. „Wir
benötigen Salbei, Kamille, Walnussfruchtschalen, Rinde der Sommereiche,
Zinnkraut.“
    Er hebt Einhalt gebietend die
Hände. „Ich verkaufe nichts, ohne zu wissen, wogegen es wirken soll.“
    Sie ist erstaunt. „Also gut.
Gegen eitrige, nässende Kratzwunden.“
    Er zieht die buschigen
Augenbrauen hoch. „Krätze?“
    Sie nickt.
    „Ich nehme an, ihr habt es
bereits mit Scabiosenkraut versucht. Fiebert der

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