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Die rote Halle

Die rote Halle

Titel: Die rote Halle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Schmidt
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bekam es
nicht über die Lippen, weil ihr plötzlich ein Kloß im Hals saß, als sie an
Simons Geburtstag dachte. Für sie gab es nichts Gutes an diesem Tag, nichts,
worauf man trinken könnte, und daran konnte auch DeeDees geballte
Unbeschwertheit nichts ändern.
    Â»Da!«, rief DeeDee und deutete auf Matti, der mit seiner Bühnengang
im Schlepptau über das Flugfeld kam, einen Ball zwischen den Füßen, den sie im
Gehen vor sich herkickten. Sie waren zu fünft, mit Bierbüchsen in den Händen.
Wäre Simon hier, wären sie zu sechst gewesen und hätten ein richtiges Spiel
machen können, drei gegen drei. Und Janina hätte nichts dagegen gehabt, wenn er
auch ein Bier gewollt hätte.
    Die Jungs gratulierten DeeDee artig und drückten sich dann etwas
verschämt am Rand des Bettlakenbüfetts herum, während DeeDee nervös auf ihren
iPod sah.
    Â»Schon viertel nach zwölf. Hoffentlich kommt überhaupt wer.
Hoffentlich hocken die nicht alle in der Kantine.«
    Sie pickte sich mit spitzen, rot lackierten Fingernägeln eine
Erdbeere aus der Schüssel, während Janina damit begann, weitere Sektkelche zu
füllen.
    Â»Die kommen schon«, sagte sie. »Ich habe den Tänzern und Ulli vom
KBB auch noch mal Bescheid gesagt.«
    Â»Und Dave? Und Josef?«
    Â»Hast du denen nicht selbst Bescheid gesagt?«
    Â»Na klar. Längst!«
    Janina zuckte die Achseln. »Na, dann.«
    Sie war sich zwar nicht sicher, ob Josef es in seinem Zustand
überhaupt bis hier heraus schaffen würde. Und sie war sich auch ganz und gar
nicht sicher, dass sie Dave sehen wollte, wenn es nichts zu arbeiten gab und
das Einzige, was sie miteinander tun konnten, reden war.
    Â»Und hast du Simon Bescheid gesagt?«, fragte Janina vorsichtig.
    DeeDee kaute ausgiebig auf ihrer Erdbeere herum, bevor sie schluckte.
Sie zeigte plötzlich einen unbehaglichen Gesichtsausdruck.
    Â»Schon. Aber ich glaube nicht, dass er kommen wird.«
    Â»Wegen mir?«
    DeeDee stemmte die Hände in die Hüften und schnaubte.
    Â»Janina! Simon hat wie jeder Mensch das Recht, einfach in Ruhe gelassen
zu werden, wenn er das will. Er ist sechzehn. Lass ihm doch einfach mal die
Luft. Akzeptier es doch einfach.«
    DeeDee schüttelte schnaubend den Kopf.
    Janina fand nicht, dass sie recht hatte. Immer noch nicht. Das
Problem war nicht, dass sie ihn nicht in Ruhe lassen konnte, sondern dass er
eine schlimme Zeit durchmachte und sie ihm nicht helfen konnte.
    Â»Du kannst das nicht verstehen, DeeDee.«
    Â»Ach, nur Mütter verstehen also, was es bedeutet, sich um jemanden
zu sorgen? Findest du das nicht reichlich arrogant? Sich um jemanden wirklich
zu sorgen, hat nichts Egoistisches. Wahre Liebe mischt sich nicht ein.«
    Janina seufzte. Es hatte keinen Sinn, DeeDee verstand ihre
Auffassung einfach nicht.
    Â»Das ist doch alles bloß schöne Theorie«, sagte sie müde.
    Â»Okay. Mag sein. Aber ist es nicht sowieso besser, wenn er nicht
direkt vor Daves Nase rumrennt? Es ist ja bei seinem Aussehen nicht gerade
schwierig, auf den richtigen Gedanken zu kommen.«
    Ja, da war allerdings was dran.
    DeeDee lächelte.
    Â»Na, siehst du. Komm, Süße, trink noch was«, sagte sie und goss
Janina den ohnehin noch fast vollen Kelch bis zum Rand voll.
    Â»Nur schade, dass sie beim Anstoßen nicht klingen.«
    Dann stieß DeeDee einen langen, hohen Schrei aus und deutete auf das
Rollfeld.
    Da kamen die andern, noch weit weg, alle auf einmal in einem Pulk,
mit Rost und Dave und einem riesigen Blumenstrauß vorneweg und mit einem
Bollerwagen hinterher. Als sie näher kamen, erkannte Janina, dass sie eine
riesige Torte darin transportierten.
    Sie sah bewusst an Dave vorbei, nahm Rost in Augenschein, der mit
hängenden Wangen, trüben Augen und einem verwirrten Lächeln im Gesicht in ihre
Richtung schlurfte. Er war ein gebrechliches Wrack, jeder hätte das sehen
müssen, und sein Anblick ließ Janina unvermittelt Tränen in die Augen steigen.
    Er küsste Janina auf beide Wangen und gratulierte ihr statt DeeDee.
Sie wollte sich nicht rühren lassen, es ging hier auch gar nicht darum, wie sie
sich fühlte, das wäre nur kitschig gewesen. Trotzdem hatte sie das Gefühl, in
Rosts ganzer tragischer Verwirrtheit in diesem Moment tatsächlich gemeint
gewesen zu sein. Das war kein Versehen, es war ein Affront und ein
Freundschaftsbeweis.
    DeeDee kreischte

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