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Die rote Halle

Die rote Halle

Titel: Die rote Halle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Schmidt
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sich
anfühlte, als würde ihre Brust in Stücke gerissen, und Dave saß neben ihr und
drückte sie an sich.
    Â»Gott sei Dank«, sagte er. »Gott sei Dank.«
    Â»Können wir dann gehen?«, sagte DeeDee. Sie wirkte hoch
konzentriert, als würde sie dem Frieden noch nicht ganz trauen. »Ich will das
da unten nicht sehen.«
    Kommissar Schulz schüttelte den Kopf.
    Â»Es tut mir leid, aber wir sind hier noch nicht fertig. Sie wollten
uns die Hütte zeigen, in der Sie Simon untergebracht haben.«
    Der Kommissar hielt Janina ein Taschentuch hin, und sie putzte sich
die Nase.
    Â»Wir haben hier ein totes Kind, und auch wenn es zum Glück nicht
Ihres ist, dann sollten wir doch sichergehen, dass Simon nicht hier ist.«
    Janina nickte. Er hatte natürlich recht.
    Â»Würden Sie uns dann bitte die Hütte zeigen, Frau … äh … DeeDee.«
    Der Teich spiegelte in der Sonne, ein leichter Wind trug einen
Brechreiz erregenden, fauligen Geruch zu ihnen herüber, und DeeDee hielt sich
eine Hand seitlich vor die Augen, als sie an der Stelle vorbeikamen, wo der
tote Junge nur wenige Meter entfernt im Gras lag.
    Janina wollte ebenfalls nicht hinsehen, aber sie konnte nicht
anders. Der Junge sah entsetzlich aus, aufgebläht, fleckig, mehr wie ein Alien
als wie ein Mensch.
    Dann waren sie vorbei, das Geschehen spielte sich nun in ihrem
Rücken ab, die gedämpften Stimmen waren kaum noch zu hören. Janinas gesamten
Sinne konzentrierten sich auf das, was vor ihnen lag. Er würde da sein. Er
würde da sein. Er würde da sein.
    Die Hütte, vor der DeeDee Halt machte, lag in erster Reihe direkt am
Teich. Sie sah recht geräumig aus, war aber nicht gut in Schuss, die Farbe
blätterte ab, und die Fenster waren blind vor Schmutz.
    DeeDee ging zur Tür, prüfte das Vorhängeschloss, wandte sich dann
achselzuckend an den Kommissar.
    Â»Es ist zu. Das heißt, er kann gar nicht da sein«, sagte sie. »Ich
hab doch gesagt, er hat sich mit Josef verabredet und ist weggegangen.«
    Janina wusste nicht, ob sie in diesem Moment froh darüber sein sollte
oder nicht.
    War er hier gewesen, als der andere Junge ertrunken war? Hatte er
etwas gesehen?
    Â»Und das hier ist die Hütte? Das hier?!«
    Daves Stimme zitterte vor Zorn.
    DeeDee sah ihn verwundert an.
    Â»Klar, wieso nicht? Hier kann er doch tun und lassen, was er will.«
    Â»Es ist … runtergekommen«, sagte Janina.
    Â»Es ist nur eine Gartenhütte. Was erwartest du?«
    Â»Haben Sie einen zweiten Schlüssel?«, wollte der Kommissar wissen.
    DeeDee zögerte.
    Â»Ja, schon. Aber der ist im Flughafen.«
    Â»Dann machen wir eben so auf«, sagte der Kommissar, stemmte einen
Fuß gegen die Wand der Hütte und riss ein paarmal kräftig am Schloss.
    Â»He, Sie haben aber kein Recht dazu!«
    Janina war sich auch ziemlich sicher, dass der Kommissar
Vorschriften verletzte, aber sie würde ihn sicherlich nicht daran hindern. Dave
griff erneut nach ihrer Hand und hielt sie fest.
    Â»Wie sollte er denn da drin sein, wenn von außen zu ist?!«
    DeeDees Stimme überschlug sich, und dann gaben die verrotteten
Scharniere nach, Holz splitterte, und die Tür war offen.
    Â»Kein Problem, schließlich ist das Ihre Hütte, und ich habe Ihr
Einverständnis«, sagte der Kommissar gelassen. »Nicht wahr?«
    DeeDee schwieg, als sie die Hütte betraten. Sie wirkte nervös.
    Drinnen roch es muffig. Es gab ein altmodisches Eisenbett mit einer
Matratze, aber keine Decke darauf, einen fleckigen Teppich, blinde Fenster,
Staubmäuse und Rattendreck in den Ecken. Kein Tisch, kein Stuhl, kein Bild an
der Wand. Das hier war eher eine Gefängniszelle als eine Wohnung. Janinas Kehle
zog sich schmerzhaft zusammen.
    Â»DeeDee!«, brachte sie verzweifelt hervor.
    Â»Ich finde das auch mehr als unangemessen«, sagte Dave kalt.
    Â»Jedenfalls ist er offensichtlich nicht hier. Und seine Sachen hat
er auch mitgenommen. Genau, wie ich gesagt habe.«
    Kommissar Schulz ging durch den Raum und öffnete die Sperrholztür im
hinteren Teil der Hütte.
    Â»Kommen Sie mal?«, sagte er zu Janina.
    Als sie neben ihm stand, wischte er mit dem Zeigefinger über den
Waschbeckenrand. Es blieb eine deutliche Spur in der dicken Staubschicht
zurück. Der Kommissar sah Janina durchdringend an.
    Â»Sehen Sie die Toilette an«, sagte er leise.
    Janina warf einen Blick hinein.

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