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Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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diesen Überfällen zu tun?«
    »Sagen Sie’s mir. Sie kennen diese Männer.«
    Ray sah zu den Arbeitern hinüber, die sich im Schatten räkelten; dann wieder zu Clare. »Sie rennen damit doch nicht gleich zu Ms. Landry?«
    »Nein.«
    »Oder zu irgendeinem Reporter?«
    »Ich spreche die Wahrheit, Ray. Ich bin das Oberhaupt der St. Alban’s Episkopalkirche.«
    Er verschränkte die Arme, sodass die Werbung der Installationsfirma halb verdeckt wurde. »Ich würde sagen, die Reaktionen waren gemischt. Den meisten Jungs dürfte die Sache egal sein, obwohl man auf dieser Baustelle viel mehr Schwulenwitze hört als bei meinem letzten Job. Die meisten finden, was einer in seinem Privatleben macht, das geht keinen was an, solange er hier nicht rumschwuchtelt.«
    »Ich höre immer ›die meisten‹. Was ist mit dem Rest?«
    Überraschenderweise grinste Ray. »Es gibt da so ’nen Typen – von der Generation X, sagt man wohl –, der findet es total cool, für einen wie Bill zu arbeiten. Aber Carter hat ja auch Ringe in beiden Ohren und so komische Tattoos auf dem Oberarm.«
    »Also ist er nicht nur ein Exot, sondern hat auch noch die Courage, auf der Baustelle Ohrringe zu tragen. Und wie steht’s mit dem anderen Ende der Skala? Gibt es da jemanden? Vielleicht irgendeinen von den Älteren? Oder einen, der ständig beweisen muss, was für ein Kerl er ist?«
    Rays Lächeln verblasste. »Da gibt’s ein paar, die können’s anscheinend nicht lassen. Zum Beispiel Charlie dort. Stänkert ewig über Bill und seinen ›Lebensstil‹.« Ray malte mit seinen Zeigefingern Gänsefüßchen in die Luft. »Wer auf dem Bau arbeitet, muss damit rechnen, dass das nicht immer was für zarte Ohren ist. Und die Jungs frotzeln gern. Wenn ich einen Vierteldollar für jeden ›Kaaskopp‹-Witz gekriegt hätte, dann könnte ich mich umgehend in Florida zur Ruhe setzen. Aber es ist ein Unterschied, ob man aus Spaß Schwulenwitze reißt oder ob man jemanden persönlich in den Dreck ziehen will.«
    Clare, die während ihrer Jahre in der Army viele sexistische Witze hatte ertragen müssen, fand, dass das Zielobjekt solcher Späße den Unterschied vielleicht weniger zu schätzen weiß. Aber sie wusste, worauf Ray hinauswollte. Das eine war die Grausamkeit der Ignoranz, wie bei dem Major, dem die Spucke wegblieb, als sie sich seinen endlosen Schwall von schmutzigen Witzen verbat; das andere war Gehässigkeit, um jemanden mit einem Spruch, der plump wie ein Holzhammer, aber scharf wie Stacheldraht war, aus der Gruppe auszugrenzen. Diese barbusigen Schönheiten aus dem Hustler fielen ihr wieder ein, die sie immer in ihr Cockpit geklebt fand.
    »Ja«, sagte sie, »ich verstehe, was Sie meinen.« Sie wischte sich wieder den Schweiß von der Stirn. »Also, wer klopft die bösen Sprüche? Und bleibt es nur beim Sprüchemachen?«
    Ray blinzelte nachdenklich in den Himmel. »Na ja, da wäre also Charlie. Den haben Sie ja schon kennen gelernt. Matt Beale und Toby, die haben zwar ein dreckiges Mundwerk, aber sie sind beide so faul, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass sie einen Finger krumm machen würden, um jemanden zu verprügeln. Elliott McKinley, von dem kann ich mir’s zwar vorstellen, aber der ist wie ein kleiner Pinscher. Tut nichts aus eigener Initiative, sondern drückt sich winselnd am Rand des Rudels rum. Beißen würde der erst, wenn’s ein anderer, größerer Hund vormacht. So jemand wie Gus Rathmann, zum Beispiel, der brächte das auf jeden Fall fertig. Sie sollten ihn mal hören, wenn er über seine Frau redet. Habe sie zwar nie kennen gelernt, aber ich würde darauf wetten, er verprügelt sie.«
    »Könnte er der große Hund sein, dem sich so ein McKinley anschließen würde?«
    »Nein. Gus und Elliott sind sich spinnefeind. Fragt sich, ob er so was überhaupt riskiert.«
    »Gus oder Elliott?«
    »Gus. Er ist auf Bewährung. Weiß nicht, wegen was. Aber ich habe selbst gehört, wie er Einladungen zu einem Bierchen nach Feierabend ablehnt, und denke, er versucht, tadellos sauber zu bleiben.«
    »Ist einer von diesen Männern heute hier?«
    Ray sah sie erschrocken an. »Das ist kein Umgang für Sie, Reverend.«
    »Ich weiß. Aber sind sie hier?«
    Ray seufzte. »Gus Rathmann war heute Morgen noch da. Er ist weg, als es hieß, wir sollten die Arbeit erst mal einstellen. Das hat aber auch die Hälfte der anderen Jungs nach Oppermans Anruf so gemacht.«
    »Auch Elliott?«
    »Notgedrungen. Whitey Dukuys ist Elliotts Mitfahrgelegenheit, und der

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