Die roten Blüten der Sehnsucht
nehmen würden«, verteidigte Dorothea sich. » Es war immer nur von einer Handvoll die Rede.«
» Das waren jedenfalls jede Menge Hände voll«, meinte Ian grimmig. » Was haben sie sich nur dabei gedacht?«
» Vermutlich gar nichts«, sagte Dorothea ohne wirkliches Interesse an den Motiven der beiden Übeltäter, schlang von hinten die Arme um seine Taille und ließ sie wie zufällig weiter nach unten wandern. » Ist das jetzt wirklich so wichtig?« Da sie ihre Frage mit einer Liebkosung unterstrich, die ihren Zweck nie verfehlte, wunderte sie sich nicht darüber, keine Antwort zu erhalten. Das gutturale Stöhnen, das aus Ians Kehle aufstieg, ermutigte sie, genüsslich mit dem Spiel ihrer Finger fortzufahren, bis er ihre Hände packte, von sich wegzog und mit auffallend heiserer Stimme bemerkte: » Wenn du jetzt nicht aufhörst, wirst du es bereuen. Dreh dich um.«
Während er die unzähligen Haken in ihrem Rücken löste, nutzte er die Zeit, um ihren Nacken und den Schulteransatz abwechselnd mit hauchzarten Küssen und kleinen Bissen zu überziehen. Zitternd vor Ungeduld und Lust konnte Dorothea es kaum abwarten, endlich nackt zu sein und sich in Ians Arme zu schmiegen. Seinen Körper zu spüren, seine Wärme und Härte an ihrem Bauch. Als er den Kopf senkte, um sie leidenschaftlich zu küssen, versank alles um sie herum in Bedeutungslosigkeit. Die Welt hätte untergehen können, und es wäre ihr egal gewesen. Alles, was zählte, war die glühende Lust, die sie teilten; die sie zu einem einzigen Wesen zusammenschmiedete. Mit niemandem außer Ian hatte sie das je empfunden. Es war, als seien sie füreinander geschaffen, dachte sie im letzten klaren Moment, ehe sie sich mit einem Aufschrei in das lustvolle Nichts fallen ließ.
Am nächsten Morgen fühlte sie sich so gut wie seit Langem nicht mehr. Ian neben ihr schnarchte noch leise. Zärtlich betrachtete sie sein vertrautes Gesicht, dem der nächtliche Bartwuchs eine Rauheit verlieh, die nicht zu dem kindlich gelösten Ausdruck passen wollte.
In den dunklen Bartschatten waren helle Stoppeln zu erkennen. Erstaunt stellte sie fest, dass sich auch in seine dichten Locken an den Schläfen bereits erste graue Haare gemischt hatten. Seltsam. Ihr Mann war für sie immer alterslos gewesen. Zum ersten Mal sah sie ihn an und überlegte, wie er wohl in einigen Jahren, wie er als Greis aussehen mochte.
Als hätte er bemerkt, dass er beobachtet wurde, schlug er plötzlich die Augen auf.
» Guten Morgen«, flüsterte sie. » Gut geschlafen?«
» Und wie!« Ian reckte sich. » Ich könnte Bäume ausreißen.«
» Das würde Worammo sicher sehr beeindrucken.«
Er drehte sich auf die Seite, streckte einen Arm aus und zog sie dicht an sich. » Aber vielleicht sollte ich meine Energie lieber für sinnvollere und angenehmere Betätigungen sparen.«
Mrs. Perkins murmelte etwas von » The early bird…«, enthielt sich aber weiterer Anspielungen auf ihr verspätetes Erscheinen. Catriona war weniger taktvoll. » Wenn man wissen will, wie ein verliebtes Paar aussieht, muss man nur euch beide anschauen«, bemerkte sie und schob ihren Stuhl zurück. » Ich würde euch ja noch Gesellschaft leisten, aber ich habe Percy versprochen, ihm bei der Auswahl seiner Weste zu helfen. In seiner Garderobe befindet sich leider kaum etwas Passendes für einen Besuch bei einem Eingeborenenhäuptling.«
» Willst du dich wirklich nur von diesem Beau begleiten lassen?« Lady Chatwick runzelte missbilligend die Stirn. » Nimm wenigstens John mit. Nur zur Sicherheit.«
» Nein, das wäre nicht klug.« Ian schüttelte den Kopf. » Ich will Worammo nicht spüren lassen, dass ich ihm misstraue. Schließlich müssen wir so oder so noch jahrelang mit ihm auskommen.«
» Vermutlich hast du recht. Aber es gefällt mir nicht.« Lady Chatwick presste die Lippen zusammen und rührte so energisch in ihrem Tee, dass der Löffel laut klirrte. » Hoffentlich stellt er sich nicht schrecklich ungeschickt an.«
Tatsächlich wirkte Percy so elegant, als sei er unterwegs zu einem Stadtbummel in den angesagten Straßen, als er in einem dunkelgrünen Tuchrock über einer kanariengelben Weste und sandfarbenen Hosen den Salon betrat. » Ich will nicht sagen, dass ich es kaum noch erwarten kann«, sagte er etwas nervös. » Aber ich bin bereit, dich in die Höhle des Löwen zu begleiten, Cousin.«
Dorothea sah dem ungleichen Paar von der Terrasse aus nach, wie sie zur Bootsanlegestelle gingen. Obwohl Ian ungleich
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