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Die roten Blüten der Sehnsucht

Die roten Blüten der Sehnsucht

Titel: Die roten Blüten der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Peterson
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das Kindermädchen an. » Ich werde mit Vicky reden.«
    Im Kinderzimmer herrschte das reinste Chaos: Mary schrie immer noch ihre Wut darüber hinaus, dass ihr etwas weggenommen worden war. Charles stand aufrecht an das Gitter seines Bettchens geklammert und brüllte aus schierer Solidarität mit. Vicky war nicht zu sehen.
    Dorothea widerstand dem Impuls, sich die Ohren zuzuhalten, versetzte stattdessen Mary im Vorbeigehen einen herzhaften Klaps und ging schleunigst zum Bett, um ihren Jüngsten aufzunehmen. Gerade beugte sie sich darüber, als sie aus den Augenwinkeln eine flüchtige Bewegung wahrnahm.
    Ehe sie sich, behindert durch den kleinen Charles, der sich an sie klammerte, umgedreht hatte, war Vicky schon durch die Tür entwischt. Offensichtlich zog sie es vor, sich erst einmal unsichtbar zu machen. » Mary«, sagte Dorothea streng, sobald Charles nur noch laut schniefte. » Mary, weswegen veranstaltest du solch einen Affenzirkus?«
    » Trixie hat uns unsere Süßigkeiten weggenommen«, schluchzte ihre Tochter unter heftigem Schluckauf. » So etwas ist gemein. Vicky hatte sie uns geschenkt, nicht ihr.«
    » Diese Süßigkeiten waren keine Süßigkeiten, sondern Insektenlarven. So etwas isst man nicht.«
    » Vicky sagte, sie wären besonders lecker. Und sie schmeckten wirklich gut. Wie gekochte Mandeln.«
    Dorothea grauste es. Es war eine Sache, wenn die Eingeborenen Larven und ähnliches Gewürm verzehrten. Dass ihre eigenen Kinder dazu ebenfalls imstande waren, erfüllte sie mit ungläubigem Schrecken. Sie waren doch Christenmenschen, keine Wilden! Charles rülpste, und Dorothea wurde beinahe schlecht vor Ekel, als sie sah, dass sich in dem Speichel, der ihm aus dem Mundwinkel rann, auch ein Stück dieser weißlichen Larvenhaut befand. Er hatte dieses Ungeziefer tatsächlich gegessen! Irgendwie hatte sie die Vorstellung beherrscht, sie hätten sie sofort wieder ausspucken müssen. Ohne allzu genau hinzusehen, wischte sie Charles das Gesicht mit einem weichen Tuch von dem Stapel neben dem Bett ab und fragte Mary, wie viel sie von den » Süßigkeiten« gegessen hätten. Zwar teilte sie nicht unbedingt Trixies Angst wegen einer Vergiftung. Die Eingeborenen wussten sehr gut, was bekömmlich war und was nicht. Aber ein Zuviel der ungewohnten Kost wäre vielleicht nicht gut für einen Kindermagen.
    » So viel.« Mary formte aus einer Hand eine kleine Schüssel. Ein strahlendes Lächeln verzauberte ihre Züge. » Und sie haben gekitzelt, solange sie sich bewegt haben. Das war lustig. Vicky hat versprochen, uns zu zeigen, wo man sie findet.«
    » Ich möchte nicht, dass ihr diese, diese… Würmer wieder esst. Hast du mich verstanden? Sonst müssen wir Vicky wieder wegschicken.«
    » Das dürft ihr nicht. Ihr habt versprochen, sie bei uns zu behalten! Wenn sie gehen muss, gehe ich mit.« Irritiert betrachtete Dorothea Robert, der bockig in der offenen Tür stand und sie geradezu feindselig fixierte.
    » Robert, sei bitte nicht so kindisch«, sagte sie. » Du siehst doch, dass ich gerade mit deiner Schwester spreche. Mach also bitte die Tür wieder zu und warte draußen, bis ich hier fertig bin.«
    Die Tür wurde mit einem solchen Nachdruck geschlossen, dass Dorothea zusammenzuckte.
    » Wenn Robert und Vicky weggehen, gehen sie dann zu Großmama?« Mary sah fragend zu ihr auf. » Darf ich dann mit?«
    » Nein, das hast du falsch verstanden«, sagte Dorothea rasch. » Niemand will Vicky oder Robert wegschicken.«
    » Das hast du aber gesagt.«
    Verlegen suchte sie nach einer passenden Antwort. » Nur, wenn ihr wieder diese Würmer esst. Aber du versprichst mir doch, dass ihr das nicht mehr tun werdet, und dann ist alles in Ordnung. Versprichst du es?«
    » Dann bleibt Vicky da?«
    » Natürlich.«
    » Na gut. Dann will ich jetzt aber Honigbrot. Honigbrot und Milch.« Mary sah ungeduldig zur Tür. » Wo bleibt Trixie nur so lange?«
    » Sie wird sicher gleich kommen. Wir können ja inzwischen ein bisschen Ball spielen«, schlug Dorothea vor und griff nach dem kunterbunten Stoffball, den Mutter Schumann aus allen möglichen Resten genäht hatte. Charles juchzte so herzhaft, wenn es ihm einmal gelang, ihn festzuhalten, und Mary lachte so ansteckend fröhlich, dass Dorothea sich fest vornahm, in Zukunft mehr Zeit mit den Kleinen zu verbringen. Fast bedauerte sie, als Trixie endlich ins Zimmer gestürzt kam und sich atemlos damit entschuldigte, dass die Minuten geradezu verflogen waren. Aber Dorothea musste jetzt dringend

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