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Die roten Blüten der Sehnsucht

Die roten Blüten der Sehnsucht

Titel: Die roten Blüten der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Peterson
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wenn weder Dorothea noch Ian den Ngarrindjeri-Dialekt kannten, den Sara benutzte, war ihnen klar, dass sie gerade Zeugen einer handfesten Standpauke wurden. Es erinnerte sie auch an Heather, wie Vickys Augen vor Zorn sprühten.
    Unvermittelt stand Sara auf, warf das Ende ihres Opossummantels über die linke Schulter und sagte: » Ich gehe jetzt. Lasst nicht zu, dass sie mir nachfolgt.«
    Und schon war sie, nahezu geräuschlos auf ihren nackten Sohlen, aus dem Zimmer geglitten. Vicky saß reglos wie eine Statue und stierte unglücklich auf einen Punkt zu ihren Füßen.
    » Möchtest du vielleicht zu den anderen Kindern gehen?«, schlug Dorothea vor. » Ich glaube, Trixie hat schon den Tisch für das Abendessen gedeckt.«
    » Ist Robert auch dort?« Seltsam, dass sie sich ausgerechnet dem eigenbrötlerischen Robert angeschlossen hatte. Aber vielleicht auch nicht. Beide waren sie ungewöhnliche Charaktere, die nicht gerade dem Ideal des braven, wohlerzogenen Kindes entsprachen. Bis ihr Sohn auf das St. Peter’s College ging, würde es ihm guttun, sich um jemanden zu kümmern. Wenn er sich als Vickys Beschützer fühlte, würde er hoffentlich das Verantwortungsgefühl entwickeln, das seine jüngeren Geschwister nicht in ihm zu wecken imstande waren.
    » Ja, und er wartet sicher schon auf dich«, sagte Dorothea. Vermutlich tat er das wirklich. Sie hatte noch nie erlebt, dass ihr Sohn es so geduldig ertragen hätte, dass eines seiner Geschwister sich an ihn klammerte. » Ich bringe dich hinauf«, sagte sie und streckte ihr eine Hand entgegen. Zögernd legte Vicky ihre hinein. Es war keine weiche Patschhand wie die von Mary. Im Gegenteil, die schmalen, sehnigen Finger fühlten sich rau an. Rau und schwielig wie die einer Tagelöhnerin. Sicher war Vicky genauso geschickt darin, Körbe zu flechten und Netze zu weben wie die Frauen von King Georges Stamm. Dorothea hatte sie immer dafür bewundert, mit welcher Kunstfertigkeit sie die Schilfblätter zerschlitzten, die Fasern auf den Oberschenkeln zu dünnen Fäden rollten und diese dann weiterverarbeiteten.
    Es war erstaunlich, welch formschöne, ansprechende Gefäße sie auf diese Art herstellten. Immer öfter kamen inzwischen Händler den Murray hinauf, die in den Lagern » Eingeborenenzeug« aufkauften, um es mit satten Gewinnspannen nach England zu verschiffen.
    » Ich hatte damals schon so ein Gefühl, als ob wir beobachtet würden«, sagte Ian nachdenklich, als sie den Salon wieder betrat. » Aber ich habe immer gedacht, ich hätte es mir nur eingebildet. Überreizte Nerven und so…«
    » Meinst du, sie wissen es wirklich oder sie haben es sich nur zusammengereimt?« Dorothea holte tief Luft, ehe sie weitersprach. » Du hast doch den Eingang gesprengt. Niemand konnte danach mehr in die Höhle gelangen, oder?«
    » Von unten aus sicher nicht.« Ian sprach nicht weiter, aber Dorothea wusste auch so, was er meinte: der Ausbruch in der Decke der hintersten Höhle!
    » Wie auch immer: Solange dieses Gerücht die Runde macht, hat es immerhin den Nutzen, uns mögliche Angreifer vom Hals zu halten«, sagte Ian bemüht gelassen. » Ich hatte nur gehofft, wir könnten es endlich hinter uns lassen. Verflucht!« Unbeherrscht schlug er mit der Faust gegen einen der Fensterrahmen. » Wird es immer zwischen uns stehen?«
    Völlig verwirrt, brauchte es eine Weile, bis sie verstand. » Du… du meinst doch nicht, dass ich deswegen…?«
    » Was soll ich denn sonst denken? Seit Monaten habe ich das Gefühl, dass etwas in dir gärt, dass du mir insgeheim Vorwürfe machst. Immer wieder ziehst du dich plötzlich vor mir zurück. Verschanzt dich hinter Ausreden.– Vermutlich fragst du dich, ob ich nicht zu bereitwillig seinem Wunsch nachgekommen bin. Ob es mir nicht ganz gelegen kam.– Bereust du es inzwischen, mich geheiratet zu haben?«
    Ihr fehlten die Worte. Mein Gott, was hatte sie angerichtet? Nicht im Traum wäre sie auf den Gedanken gekommen, dass er ihre Missstimmung so interpretieren könnte.
    » Nein«, flüsterte sie. » Nein, es ist– es war etwas ganz anderes.«
    » Was denn?« Er wirkte nicht gerade überzeugt. Befürchtete er eine Ausflucht? Eine jener Ausreden, zu denen sie so gerne griff, wenn sie keine Lust auf eine Auseinandersetzung hatte?
    » Ian, hör zu!« Sie packte seine Hände und sah ihm direkt in die Augen. » Es ist nicht Robert. Ich hatte den Verdacht, du hättest eine Geliebte.«
    Stumm vor Überraschung starrte er sie bloß an.
    » Als ich dieses Kind im

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