Die roten Blüten der Sehnsucht
Lager sah, das sie alle unbedingt vor mir verstecken wollten, wurde ich argwöhnisch. Ich erinnerte mich daran, dass du nach Robbies Geburt ständig auf den entferntesten Weiden unterwegs warst. Es kommt oft vor, dass Ehemänner Trost in den Armen anderer Frauen suchen, wenn die eigene sie abweist. Es lag also nahe, dass du dir eine Geliebte gesucht hast. Und zu den lubras ist es ja nicht weit.«
» Was hast du dir da nur für einen Unsinn zusammengesponnen?« Ian hatte seine Stimme wiedergefunden. Ungläubigkeit klang darin mit, Entrüstung und eine gehörige Portion Ärger.
» Ich bin nicht stolz darauf«, gab Dorothea kleinlaut zu. » Aber es schien alles so gut zusammenzupassen. Selbst das Alter.«
» Du traust mir wirklich zu, mir quasi unter deiner Nase eine lubra zu halten? Und das Kind? Dachtest du, ich wollte meinen heimlichen Bastard in der Nähe behalten?«
Das kam ihrem Verdacht so nahe, dass sie spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. Und wie so oft, wenn sie beschämt war, ging sie zum Gegenangriff über.
» Was hätte ich denn sonst denken sollen? Du hast ja nur abgewiegelt, als ich darauf zu sprechen kam. Was lag näher, als dass du etwas verbergen wolltest?«
Langsam schüttelte er den Kopf. » Das darf doch wohl nicht wahr sein!«, hörte sie ihn murmeln. » Allmählich entwickle ich Verständnis für Männer, die ihren Frauen das Lesen von Romanen verbieten!« Zu ihrer Überraschung warf er plötzlich den Kopf in den Nacken und brach in ein befreiendes Gelächter aus. » Was für eine Räuberpistole! Man sollte meinen, dass du genug zu tun hast, um nicht auf solch dumme Gedanken zu kommen.« Unvermittelt wurde er ernst. » Was hättest du eigentlich gemacht, wenn Sara nicht hier aufgetaucht wäre? Hättest du dann weiter heimlich nach Beweisen für meine angebliche Untreue Ausschau gehalten?«
Nur gut, dass ihre Wangen immer noch gerötet waren. Aber das konnte sie ihm einfach nicht gestehen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, auf Catrionas Vorschlag einzugehen? Wieso hatte sie ihr überhaupt davon erzählt? Im Nachhinein bereute sie ihre Redseligkeit. Aber jetzt war es zu spät. Gleich morgen musste sie ihr sagen, dass sie Hirngespinsten nachgespürt hatten und dass sie und Percy es nicht ernst nehmen sollten.
» Bitte, Ian, reite nicht weiter darauf herum. Es tut mir leid, in Ordnung?«, sagte sie in versöhnlichem Ton.
» Du hast gut reden. Ziemlich starker Tobak, von der eigenen Frau mit solchen Verdächtigungen konfrontiert zu werden.« Ian klang ernsthaft gekränkt. » Du solltest mich besser kennen. So etwas ist nicht meine Art.«
» Du weißt doch, wie es ist. Wenn ein Gedanke erst einmal Fuß gefasst hat, scheint alles ihn zu bestätigen«, versuchte Dorothea, ihm zu erklären. » Man dreht sich im Kreis und findet nicht hinaus.«
» Hättest du mich nicht einfach fragen können?«
Nicht, wenn man insgeheim Angst vor der Antwort hat, dachte Dorothea. Laut sagte sie: » Natürlich wäre es am klügsten gewesen. Aber es hat sich einfach nicht ergeben. Es kam immer etwas dazwischen. Wir hatten ja kaum Zeit für uns.«
» Das ist mir auch schon aufgefallen«, gab ihr Mann ihr mit einem leisen Seufzen recht. » Was hieltest du davon, wenn wir heute früh zu Bett gingen?«
Das warme Timbre in seiner Stimme ließ sie aufhorchen. Ein gewisses Glitzern in den Augen passte dazu. » Ein wunderbarer Vorschlag«, wisperte sie. » Ich fürchte, mich hat die Reise heute so angestrengt, dass ich mich sofort nach dem Dessert entschuldigen muss. Und du musst morgen früh raus.«
Leider erwies es sich als gar nicht so einfach, Lady Chatwicks Neugier zu entkommen. Sobald Catriona in einem unbedachten Nebensatz die öffentliche Anhörung erwähnt hatte, verlangte die alte Dame, alles darüber zu erfahren. Geradezu fasziniert war sie vom Marsh’schen Apparat und dem chemischen Experiment. » Genau das Gleiche ist in der letzten Folge der Mysteries of London beschrieben worden«, sagte sie eifrig. » Dort gerät eine unschuldige Dame in den Verdacht, ihren reichen Onkel vergiftet zu haben. Und nur dank Richard Markhams geschicktem Einsatz eines solchen Apparats gelingt es ihm, ihre Unschuld zu beweisen.«
» In diesem Fall hat der gute Mr. Sartorius da aber versagt«, bemerkte Percy spöttisch. » Vermutlich ist es nicht so einfach, diesen Apparat richtig zu bedienen. Diese chemischen Experimente sind für Laien schwer durchschaubar. Ein guter Chemiker, habe ich gehört, kann jede beliebige
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