Die roten Blüten der Sehnsucht
Eingeborenen reserviert, die es bebauen möchten.« Wie für Jane. Ihr hatte es kein Glück gebracht. Nachträglich musste sie dem Protector recht geben, der schon immer befürchtet hatte, dass Janes Ehemann mehr an ihrem Recht auf Aborigine-Land als an ihr selbst interessiert gewesen war.
» Interessant. Und: Nehmen sie das Angebot an?«
» Nein. Ich habe von keinem Fall gehört, dass ein Aborigine sein Recht auf Land geltend gemacht hätte. Dafür müssten sie zumindest den Sinn und Nutzen des Ackerbaus begreifen. Sie sind aber Jäger. Schon das Graben nach Wurzeln und Knollen ist Frauensache. Unvorstellbar, dass ein Mann sich dazu herabließe, die schweißtreibende Arbeit eines Bauern zu verrichten!«
» Dann sollte man das Gesetz schleunigst wieder zurücknehmen und das Land an Leute verkaufen, die damit etwas anzufangen wissen«, meinte Catriona und schüttelte den Kopf. » Wenn sie es also nicht nutzen, wieso entschädigt ihr sie?«
» Auf dieser Seite des Flusses war früher ihr Revier«, bemerkte Lady Chatwick. » Und es empfiehlt sich, die Schwarzen so weit bei Laune zu halten, dass sie den Fluss als Grenze respektieren. Einfach im Interesse guter Nachbarschaft.«
» Außerdem ist es billiger, ihnen aussortierte Schafe zu geben, als dass sie sich unter Umständen an wertvollen Mutterschafen vergreifen«, ergänzte Dorothea. » So können wir wenigstens steuern, welche Tiere in Ngarrindjeri-Mägen landen.«
» Funktioniert das denn?«
» Meistens. In den letzten Jahren haben wir nur zwei wertvolle Tiere verloren. Und das können auch Dingos gewesen sein. Jedenfalls haben das die Hirten behauptet.«
» Das würde ich auch, wenn ich einen so kostbaren Bock verlöre!«, warf Lady Chatwick verächtlich ein. » Vermutlich…«
Ihre Vermutung blieb ungeäußert. Ein gedämpfter Schuss vom Fluss her ließ Dorothea aufspringen und zur Tür hinausstürzen. Ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken, raffte sie ihre Röcke und rannte, so schnell es in den Hauspantoffeln ging, den Weg hinunter zur Bootsanlegestelle. Dort war allerdings kein einziger Eingeborener zu sehen. Ihre erste Befürchtung, es wäre zu einer Auseinandersetzung gekommen, löste sich in Luft auf. Ian und Percy standen nebeneinander auf den Planken und schienen nicht im Mindesten beunruhigt.
» Weshalb hast du geschossen?«, rief sie, sobald sie in Hörweite war, und ging langsamer weiter, um wieder zu Atem zu kommen.
» Entschuldige vielmals, wenn wir dich beunruhigt haben sollten, Cousine«, sagte Percy zerknirscht. » Ich war der Übeltäter. Ein dummer Anfängerfehler, fürchte ich.«
» Eine Handbreit tiefer, und du wärst jetzt Witwe«, bestätigte Ian und schien nicht recht zu wissen, ob er verärgert oder amüsiert sein sollte. Er hielt seinen Hut hoch und betrachtete kopfschüttelnd das harmlos wirkende Loch im steifen Stoff.
» Es tut mir schrecklich leid«, erklärte Percy mit gerötetem Gesicht. » Sie schien mir aus der Jackentasche zu rutschen, da muss ich intuitiv danach gegriffen und irgendwie den Hahn berührt haben. Jedenfalls hat sich plötzlich ein Schuss gelöst.«
» Das ist bei Pistolen so üblich«, bemerkte Ian. » Ich dachte, du wüsstest, dass man den Lauf immer auf den Boden richtet.« Er sah Dorothea an und legte ihr besorgt einen Arm um die Schultern. » Schon gut, Darling. Reg dich nicht auf, es ist ja nichts passiert.«
» Nichts passiert?« Dorothea rang um Fassung. Immer noch war ihr schwindlig, und ihre Knie zitterten. Am liebsten hätte sie Percy geohrfeigt. Dieser dumme Mensch! Wie konnte man nur so ungeschickt sein? Sie holte tief Luft, um ihm zumindest die Meinung zu sagen, als Ian sie fest an sich zog und ihr ins Ohr wisperte: » Mach keinen Aufstand deswegen, Darling. Es ist ihm peinlich genug. So etwas kommt schon mal vor.«
Die Leichtigkeit, mit der er den Zwischenfall abtat, ärgerte sie fast noch mehr als Percys Ungeschick. Immerhin wäre er fast ums Leben gekommen! Aber Ian ließ ihr gar keine Zeit, ihrem Ärger Luft zu machen. Er zog ihren Arm durch seine Armbeuge, und während er sie zurück zum Haus führte, berichtete er ausführlich von dem Besuch bei Worammo.
Der neue Häuptling hatte, nachdem er sich zuerst wenig zugänglich gezeigt hatte, schließlich doch zugestimmt, die alten Abmachungen weiterzuführen. Als Kompensation dafür, dass ihm von den drei Frauen seines Vorgängers nur die beiden alten geblieben waren, hatte Ian ihm ein Buschmesser versprochen. Und genug Tauschwaren, um
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