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Die roten Blüten der Sehnsucht

Die roten Blüten der Sehnsucht

Titel: Die roten Blüten der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Peterson
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zu leisten. » Wenn es Ihnen nicht unangenehm ist, in unserer Gesellschaft gesehen zu werden.«
    Stevensons breites Lächeln verschwand wie weggewischt. » Ich muss mich wirklich ernsthaft für das fehlende Rechtsverständnis meiner Mitbürger entschuldigen«, sagte er bedrückt. » Im Laufe meines Lebens musste ich leider feststellen, dass die Menschen erstaunlich anfällig für üble Gerüchte sind. Je übler, desto besser. Wobei man ihnen zugutehalten muss, dass in den letzten Jahren erschreckend viele Mörderinnen ihr Unwesen trieben. Allein sechs im letzten Jahr! Vermutlich habe ich sogar eine Mitschuld, indem ich diese Nachrichten genauso verbreitet habe wie andere Blätter. Mea culpa, mea maxima culpa.« Er schlug sich in einer theatralischen Geste an die Brust.
    » Waren es wirklich so viele?«, erkundigte sich Catriona interessiert. » Ich kann mich jetzt nur an den Fall dieser Frau erinnern, die ihren Gatten ermordete und am Begräbnistag ihren Liebhaber heiratete. Das war ziemlich dumm.«
    » Sie meinen Charlotte Harris? Ja, der Fall hat ziemliches Aufsehen erregt. Das Todesurteil wurde wegen ihrer Schwangerschaft in lebenslange Deportation umgewandelt.– Aber außer ihr gab es noch einige andere: Mary Ball zum Beispiel, die ebenfalls ihren Gatten zugunsten eines Liebhabers loswerden wollte. Rebecca Smith, die acht ihrer Kinder mit Arsen vergiftete, und noch ein paar andere. Zum Teil bedauernswerte Kreaturen– aber Frauen, die morden, erregen die Volksseele nun einmal mehr als Männer.«
    » Was die Volksseele erregt, müssen Sie ja wissen«, bemerkte Ian trocken. » Wie steht es eigentlich um Ihre letzte Enthüllung bezüglich der Anschuldigungen gegen Sir Robert Torrens?« Ians Versuch, das Thema zu wechseln, war erfolgreich.
    Stevenson schluckte den Köder wie ein halb verhungerter Fisch und stürzte sich mit Begeisterung in die Schilderung der nicht ganz legalen Winkelzüge eines Grundstücksverkaufs, die er Sir Robert nachzuweisen hoffte.
    » Hast du tatsächlich bei ihm als Reporterin gearbeitet?« Catriona sah Dorothea fragend an. » Es gibt nicht viele Reporter in London, und soviel ich weiß, befindet sich nicht eine einzige Frau darunter. In Australien sind die Sitten wirklich sehr viel freier. Trotzdem wundere ich mich, dass deine Eltern dir das erlaubt haben!«
    » Mein Vater war ungewöhnlich fortschrittlich für einen Geistlichen«, erwiderte Dorothea stolz. » Er hat uns immer ermutigt, unseren Verstand zu gebrauchen.« Ob er sie auch ermutigt hätte, den Posten anzunehmen, wenn er gewusst hätte, was sie mit der neuen Freiheit anfangen würde? Rückblickend schämte sie sich maßlos für ihre Naivität, mit der sie sich in die Affäre mit ihrem Kollegen Miles Somerhill gestürzt hatte. Andererseits– wäre sie nicht von ihm geschwängert und dann verlassen worden, hätte sie nie in die Ehe mit Robert eingewilligt. Je öfter sie darüber nachdachte, desto plausibler erschien ihr diese Bestimmung, an die so viele Heiden glaubten.
    » Woran denkst du gerade? Du siehst so bedrückt aus?«, wollte Catriona wissen.
    » Ach, nur so. Die Aussicht auf diese Anhörung morgen ist ja nicht gerade erfreulich.«
    » Ian hat doch diesen Rechtsanwalt engagiert, der so unwahrscheinlich gut sein soll, dass er diesen komischen, kleinen Arzt in der Luft zerreißen wird«, sagte Catriona zuversichtlich. » Also mach dir keine unnötigen Gedanken.«
    Das war leichter gesagt als getan. Nachts tat sie kaum ein Auge zu. Ians regelmäßiger Atem hätte sie eigentlich beruhigen sollen. Er schien sich keine Sorgen um den Ausgang zu machen. Seiner Ansicht nach war Dr. Macaulay ein geltungssüchtiger, verbitterter Mann, der aus einer Kolik einen Vergiftungsfall konstruierte, um sich wenigstens einmal im Licht der Öffentlichkeit sonnen zu können.
    Dorothea hätte nicht zu sagen gewusst, was sie so beunruhigte. Aber irgendetwas an dieser Kolik stimmte nicht. Nichts, was sich konkret hätte fassen lassen. Eher ein Gefühl. Es war wie ein unsichtbarer, winziger Dorn in der Fingerspitze, der einen doch tagelang quälen konnte.
    Ian hatte vermutlich recht, wenn er es für einen unglücklichen Zufall hielt. Es war bekannt, dass viele Pubs ihr Ale mit Zusätzen versahen, die alles andere als bekömmlich waren. Nicht nur giftige Beeren wie die vom indischen Kockelstrauch oder von der Brechnuss wurden dazu genutzt, wässriges Bier stärker und geschmackvoller wirken zu lassen. Auch Chemikalien halfen dabei, über Nacht wie

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