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Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman

Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman

Titel: Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Geselle.
    »Ich soll den Haushalt führen«, erklärte sie. »Und mich um seine Kinder kümmern.«
    »Tatsächlich?« Irrte sie sich, oder grinste er verstohlen? Dieses arrogante Gehabe ging ihr allmählich auf die Nerven. Was wusste ein Stallbursche wie er schon von den Aufgaben einer Haushälterin?
    »In der Tat«, holte sie aus. »Vor allem natürlich um das jüngste Kind. Aber eigentlich um alle drei.«
    »Ach wirklich?«
    Jetzt war sie ganz sicher, dass er sie insgeheim auslachte. Was bildete sich dieser Kerl schon wieder ein? Glaubte er, er sei etwas Besseres, nur weil er den Karren fahren durfte?
    »Ja«, gab sie schnippisch zurück. »Das ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe.«
    »Oh, da bin ich mir sicher.« Er deutete auf ein einfaches, schmuckloses Gebäude. »Da hinten ist übrigens das Gefängnis.«
    Wieso sagte er ihr das? Wollte er sie etwa erschrecken?
    »Gibt es hier denn viele Verbrecher?«, fragte sie besorgt.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, wir sind hier alle anständige Bürger. Zumindest fast alle.« Lina glaubte, ein kleines Lächeln zu sehen. »Hier gibt es höchstens mal einen Einbruch oder Diebstahl.«
    Ein Vogel flog laut krächzend über sie hinweg. Lina zog den Kopf ein und sah ihm nach. Es war die gleiche Art wie der, den sie schon am Hafen gesehen hatte. Seine dunklen Federn schimmerten grünlich. Rieke lachte fröhlich auf, als er auf einem Ast landete und dort zu schimpfen begann.
    »Ein Tui«, erklärte ihr Kutscher. »Manchmal sind sie so laut, dass sie einen um den Schlaf bringen.«
    »Gibt es hier auch gefährliche Tiere?« Davon hatte sie zwar noch nichts gelesen, aber wer konnte schon wissen, ob das auch wirklich stimmte?
    Er schüttelte den Kopf, und erneut erschien das kleine Lächeln auf seinem Gesicht. »Es gibt hier überhaupt keine großen Tiere. Nur Vögel und kleine Nager.«
    Lina lächelte zurück. Jetzt fühlte sie sich schon bedeutend besser. So übel war er gar nicht. Vielleicht würden sie ja doch ganz gut miteinander auskommen.
    Er wurde immer gesprächiger. Der Fluss, der durch Nelson floss, heiße Maitai, erklärte er, und sei voller Aale und anderer Fische.
    Der fremde Name erinnerte sie an den Tag ihrer Ankunft. Wie hatte der Maori sie noch gleich begrüßt? »Und was ist … Watu… Wataku?«
    »Whakatu?« Er betonte es hinten, auf der letzten Silbe.
    Sie nickte.
    »So nennen die Maori diesen Ort. Es heißt friedvoller Hafen.«
    »Arbeiten die Eingeborenen für die Weißen?«, fragte sie neugierig.
    Ihr Kutscher schüttelte den Kopf. »Nein. Nur für sich selbst. Aber sie treiben Handel mit uns.«
    Nach einer Weile bog er in eine Seitenstraße ab.
    »Wir müssen noch zum Aaltümpel«, sagte er und lenkte den Karren ans Ufer eines kleinen, dunklen Gewässers, neben dem eine kleine Kornmühle stand. Er griff nach hinten und nahm einen leeren Eimer an sich, dann sprang er vom Wagen. »Bin gleich zurück.«
    Vor dem Tümpel hatte ein Mann, der nun grüßend den Hut hob, einen kleinen Stand errichtet. Lina beobachtete ihren Kutscher, wie er auf Englisch mit dem Mann plauderte und wie ein paar Münzen den Besitzer wechselten. Der Fischhändler stocherte mit einer langen Stange im Wasser, zog schließlich einen dunklen, schlangenartigen Körper heraus und beförderte den sich windenden Fisch in den Eimer. Kurz darauf kam ihr Kutscher zurück.
    »Pass gut darauf auf, das ist unser Mittagessen!«, sagte er zu Rieke und stellte den Eimer zu dem Mädchen auf die Ladefläche. Er gab dem Esel die Zügel und schon fuhren sie weiter.
    Lina spürte, wie ihre Anspannung stieg. Ob sie heute Mittag schon kochen sollte? Aal hatte sie immerhin schon öfter zubereitet.
    »Du sprichst ziemlich gut Englisch«, sagte sie. »Wie lange bist du schon –« Erschrocken hielt sie inne und fuhr mit der Hand zum Mund. Sie hatte ihn geduzt, ohne dass er ihr das Du angeboten hatte! Das schickte sich nicht. »Entschuldigung«, murmelte sie. »Ich meinte natürlich, wie lange sind Sie schon in Neuseeland?«
    »Seit zweieinhalb Jahren«, sagte er. »Aber lass uns beim Du bleiben, das ist einfacher.«
    »Gerne.« Lina lächelte und streckte ihm die Hand hin. »Ich bin Lina.«
    »Und ich Rieke!«, krähte ihre Schwester hinter ihr von der Ladefläche.
    Er ergriff Linas Hand. »Alexander Treban«, sagte er. »Ich bin der älteste Sohn von Rudolf Treban.«
    Es gab nur noch wenige Häuser, als sie weiterfuhren. Der Weg führte bald durch einen dichten Wald aus Buchen und Kiefern, dann ging es

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