Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman
gebraucht, bis sie endlich den Mut gefunden hatte, mit Alexander zu reden. Dass er darauf offenbar keinen Wert legte, war er auch keine Hilfe gewesen. Auch jetzt noch wirkte er ausgesprochen schlecht gelaunt. Aber mit den Händen im Wasser konnte er ihr zumindest nicht länger aus dem Weg gehen.
»Willst du denn gar nicht wissen, warum ich das tue?«, fragte sie ihn jetzt.
Er lachte kurz und hart auf. »Nein, denn das kann ich mir auch so denken.« Er zog die Hände aus dem Wasser und griff nach dem Handtuch, das sie ihm reichte, ohne sie dabei anzusehen. »Ich war so dumm zu glauben, da wäre etwas zwischen uns. Dabei ging es dir von Anfang an nur darum, dir meinen Vater zu angeln. Aber wenn du denkst, dass du dich hier ins gemachte Nest setzen kannst, dann irrst du dich. Spätestens, wenn Vater dich die Haushaltsbücher sehen lässt, wirst du es merken: Bei uns gibt es nichts zu holen!«
Lina blickte ihn sprachlos an. Seine Worte klangen so kalt, dass sie innerlich erstarrte. So dachte er also über sie? Das hatte sie wirklich nicht verdient!
Sie hätte ihm sagen können, dass sie seit dem nächtlichen Gespräch mit seinem Vater freiwillig auf ihren Lohn verzichtete. Und dass sie ihr bis jetzt gespartes Geld als Mitgift in die Ehe bringen würde; Geld, das die Trebans dringend brauchen konnten. Wann sie und Rieke ihre Schulden bei den Kellings abbezahlen konnten, stand damit in den Sternen.
Aber sie hatte nicht mehr die Kraft, irgendetwas zu erwidern. Sie konnte sich nur noch umdrehen und stumm fortgehen. Nur weg hier, bevor er ihre Tränen sehen konnte.
»Magst du Mr Treban wirklich so sehr?«, fragte Rieke neugierig. Sie schob den Wassereimer weiter, während Lina auf dem Boden der Hütte kniete und die Holzbohlen schrubbte. Ihren schweren Asthmaanfall hatte Rieke zwar gut überstanden, aber Treban hatte vorerst ihren Schulbesuch gestrichen, damit sie mehr arbeiten und wenigstens zum Teil die Arztkosten wieder einbringen konnte.
Lina zögerte. Man heiratet nicht immer, weil man sich mag, lag es ihr auf der Zunge. Aber das konnte sie natürlich nicht sagen. Schließlich hatte sie Mr Treban – oder Rudolf, wie sie ihn jetzt nennen sollte – gebeten, ihrer Schwester nichts von ihrer beider Vereinbarung zu verraten. Sie wollte nicht, dass Rieke sich schuldig fühlte.
»Er ist ein freundlicher Mann«, entgegnete sie schließlich.
»Na ja, ich dachte immer, du würdest irgendwann Alex heiraten«, erklärte Rieke und grinste sie unter einer hellblonden Haarsträhne an.
Lina biss sich auf die Lippen. »Alex kann mich nicht leiden«, gab sie leise zurück und bearbeitete dann den Fußboden so heftig, dass ihr am ganzen Körper der Schweiß ausbrach und sie kurz innehalten musste.
»Nicht mehr«, ergänzte sie dann so leise, dass Rieke es sicher nicht hören konnte.
Sie war so weit fort mit den Gedanken, dass sie beim Zurückrutschen an den Eimer mit der Seifenlauge kam und ihn fast umwarf. Ein großer Schwall Wasser kippte heraus. Sofort breitete sich eine Wasserlache unter ihr aus und tränkte die Bohlen, ihr Rock wurde an Knie und Saum nass. Sie schimpfte mit sich selbst – und hätte doch am liebsten geweint.
Alexander hielt sie also für ein berechnendes Weibsbild, das nur auf seinen eigenen Vorteil schaute. Sie konnte es ihm nicht einmal verdenken – für ihn musste es ja so aussehen. Wenn er nur wüsste, wie unrecht er hatte!
Zu allem Überfluss musste auch Pastor Heine damit anfangen, als er am Mittag Julius von der Schule nach Hause begleitete.
»Bist du sicher, dass es Rudolf Treban ist, den du ehelichen willst?«, fragte er, als er sie einen Augenblick alleine erwischte.
»Ja natürlich«, erwiderte sie mit gesenktem Blick und strich sich über ihren Rock. Er war noch immer leicht feucht.
Ob sie womöglich heiraten müsse, fragte der Pastor dann. Lina wurde feuerrot und widersprach hastig. Großer Gott, meinte er etwa, sie sei schwanger?
»Dann verstehe ich es nicht.« Der Pastor schüttelte den Kopf.»Ich habe dich beim Nelson-Tag mit Alexander tanzen sehen. Du hast sehr glücklich ausgesehen. Jetzt aber siehst du nicht mehr glücklich aus.«
»Ich bin nur müde«, murmelte Lina. Konnte er denn nicht aufhören, ständig von Alexander zu reden?
Dabei war sie sich ganz und gar nicht sicher. Auch wenn sie Rudolf Treban selbst den Vorschlag gemacht hatte, so fürchtete sie sich doch vor dem Tag, an dem sie endgültig seine Frau werden würde.
Aber das konnte sie niemandem sagen.
Es kam
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