Die Rueckkehr
am Apparat. Das Außenministerium schickt einen Ermittler, der die Untersuchung des Absturzes überwachen soll. Und jetzt kommts. Vielleicht kommt einer aus der chinesischen Botschaft mit. Ich muss den ›Verbindungsmann‹ machen. Was soll das denn heißen?«
»Dass du die Arschkarte gezogen hast«, sagte Coors.
»Habe ich mir auch gedacht. Die können mich alle mal. Okay. Zur Sache, was wollt ihr mit Deitz machen?«
Alle guckten in die Luft.
»Jetzt kommt mir nicht so«, sagte Boonie mit einem Kopfschütteln. »Ich weiß, ein paar tote Schlitzaugen oder Spione, die Hightech-Zeug aus Quantum Park klauen, gehen euch völlig am Arsch vorbei. Ihr wollt die Leute kriegen, die eure Jungs erschossen haben, und Deitz ist eure einzige Spur. Er hatte das Geld bei sich. Wir haben ihn. Ihr wollt die Hand auf ihm draufhalten.«
»Ganz genau«, sagte Nick. »Und du überlässt ihn uns einfach?«
Boonie atmete tief aus, klopfte sein Hemd nach Zigaretten ab, bis ihm wieder einfiel, dass er aufgehört hatte, ungefähr zur selben Zeit wie Marty Coors, verdrehte die Augen uns setzte sich auf Coors’ Schreibtischkante.
»Wegen der Bankgeschichte würde ich ihn euch im Nullkommanichts wegnehmen, wenn das alles wäre. Aber die Geschichte mit diesen Chinesen ändert alles. Bald haben wir den Director of National Intelligence am Hals, vielleicht sogar die CIA , und dann können wir zu Byron Deitz winke-winke sagen. Den benutzen sie dann für irgendeine völlig abgefuckte Geheimdienstnummer mit den Chinesen, die wie immer voll in die Hose geht, und wir finden in hundert Jahren keine Spur mehr von ihm. Ehrlich gesagt, mir geht das auch alles am Arsch vorbei. Das waren unsere Leute. Aber wenn wir das durchziehen wollen, müssen wir was drehen. Vorschläge?«
Allgemeines Schweigen.
»Was hat er für Werte?«, fragte Nick.
»Deitz?«
»Mhmm. Herz, Leber, Blutdruck und so weiter.«
Alle blickten in die Runde
Eine Weile lang sagte niemand etwas.
»Wir brauchen einen artigen Arzt«, sagte Coors.
»Und zwar pronto«, sagte Nick.
Wieder Schweigen.
Boonie schnappte sich eines von Marty Coors’ Kaugummis und fing an, darauf herumzukauen wie auf einem Zahnstocher. Kein schöner Anblick, genau wie Boonie Hackendorff selbst.
Und dann legte sich Boonie ein Kaugummilächeln ins Gesicht.
»Ich glaube, ich weiß genau den richtigen«, sagte er.
Warren Smoles hatte volles weißes Haar, aufgekämmt zu einer Löwenmähne, die den perfekten Rahmen für seine tiefliegenden braunen Augen bildete, sein kräftiges Kinn und seine erhabene Stirn. Er mochte butterbraun gebrannt sein, unter der dicken Schicht Puder, die er vor seiner Ankunft aufgelegt hatte, war davon nichts mehr zu sehen. Er stand gerade vor der Zentrale der State Police, mitten unter den Medienfritzen, und helles Scheinwerferlicht ließ ihn erstrahlen wie eine Jesusfigur – einen Jesus in einem dunkelblauen zweireihigen Nadelstreif, einem hellrosa Hemd mit weißem englischen Kragen und einer hellblauen Seidenkrawatte mit Kragenspange aus Gold allerdings.
Warren Smoles war ganz in seinem Element, mitten im Medienrummel, und er tat, was er am besten konnte: lügen, dass sich die Balken bogen, mit Stil, Esprit und wütender Inbrunst.
Nick sah ihm vor dem Fernseher in der Cafeteria des Lady-Grace-Krankenhauses dabei zu, umgeben von einem Trupp Cops aus Niceville, und dachte: Gut ist er, das muss man ihm lassen .
Smoles war erst vor vier Stunden eingetroffen, hatte sich keine halbe Stunde mit seinem Mandanten besprochen und war dann eine weitere halbe Stunde mit Boonie, Nick und Captain Coors in den Ring gestiegen, während sie alles für Deitz’ Überführung mit dem Hubschrauber auf die Intensivstation hier in Niceville klarmachten.
Und jetzt stand Smoles da draußen auf dem Präsentierteller und tat, als hätte er die Sache völlig unter Kontrolle, und die Medienkläffer hingen ihm an den Lippen. Dass er wusste, dass der artige Arzt – ein Herzchirurg am Lady Grace, der Boonies Schwager war – eine alte Blutdruckgeschichte von Deitz als Vorwand für seine Einweisung auf die Intensivstation benutzte, schien ihn dabei rein gar nicht zu stören.
Smoles war mit der Trickserei völlig einverstanden gewesen, weil er genauso gut wusste wie sie, dass man einen knalligen Vorwand brauchte, ihn hier in Niceville unter ärztliche Aufsicht zu stellen, denn sonst würde Deitz zu einer Angelegenheit der nationalen Sicherheit erklärt und nie wieder von einer lebenden Seele gesehen
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