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Die Rückkehr der Königin - Roman

Die Rückkehr der Königin - Roman

Titel: Die Rückkehr der Königin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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gearbeitet, das Leben seiner Männer riskiert und sein eigenes – und dennoch, mit der Tatsache, dass Anghara zu dem wurde, was er für sie erträumt hatte, entfernte sie sich mehr und mehr von ihm. Sie war die Königin, er ihr Ritter. Mit jedem Schritt auf ihr Land zu verengte sich ihr Weg bis es keine Wahl mehr geben würde. Am Ende blieb nur eine Möglichkeit, und Kieran spürte die Last wie eine Klinge an seinem Herzen.
    Er konnte nichts anders tun, als sein Pferd hinter Anghara her zu treiben.
    Sie blieb nicht lange am anderen Ufer, sondern wartete nur, bis Kierans Pferd sich das schlammige Ufer heraufgekämpft hatte, ehe sie ihre Stute wieder antraben ließ. Entschlossen hielt sie das Gesicht nach Norden gewandt, nur ihre großen leuchtenden Augen verrieten, dass sie gelegentlich nach Osten zum letzten Schlachtfeld ihres Vaters wanderten. Kieran ritt an ihrer Seite. Eine Zeit lang ritten sie schweigend. Die flache Ebene hinter dem Ufer war grün bewachsen; nichts bewegte sich darauf. Daher war es leicht, sich vorzustellen, dass sie die einzigen Menschen auf dieser Welt waren. Doch obwohl sie niemanden sahen, bedeutete das nicht, dass die Menschen keine Spuren hinterlassen hatten. Neben einer kleinen Baumgruppe zügelte Anghara ihr Pferd und betrachtete mit Interesse etwas, das wohl ein kleiner Schrein war. Aber es war ein Schrein für eine Gottheit, die sie nicht kannte. Ein breiter geschnitzter Holzpfahl steckte im Boden. Die Krone war abgerundet, glatt geschliffen und poliert, sodass sie einer Halbkugel glich. Daran war als Bekrönung – oder als Heiligenschein – ein Kranz aus goldenem geflochtenem Stroh befestigt. Am Fuß des Pfahls lagen mehrere Kränze. In einigen waren Früchte eingebunden, süß duftende Äpfel oder Pfirsiche, aber die meisten bestanden aus Blumen – etliche schon vertrocknet, andere frisch, als hätte man sie erst vor Kurzem hier niedergelegt. In allen fand sich etwas Gelbes – eine gelbe Blume oder ein Strohhalm, und in mindestens einem sah Anghara etwas, das wie ein dünnes Goldband aussah.
    »Seltsam«, meinte sie. »Was hat das deiner Meinung nach zu bedeuten?«
    »Aufgrund der Blumen würde ich sagen, es ist ein Schrein für Nual«, antwortete Kieran und beugte sich im Sattel nach vorn, um genauer hinzusehen. »Aber das nächste Wasser ist der Ronval, und der ist zu weit entfernt, als dass man hier einen Schrein für Nual errichten würde. Außerdem ist das Gold. Das deutet auf Kerun hin.«
    »Und die Früchte auf Avanna«, murmelte Anghara nachdenklich.
    »Zu viele Fragen«, erklärte Kieran gleich darauf und gab seinem Pferd mit den Schenkeln das Zeichen abzubiegen. »Hier werden wir die Antworten nicht finden.«
    Anghara warf noch einen langen Blick darauf, dann schickte sie sich an ihm zu folgen. »Und wohin von hier?«
    »Die Tanassa Hügel. Wenn Adamo oder Charo nicht dort sind, haben sie mit Sicherheit eine Botschaft hinterlassen. Sie wissen nicht, auf welchem Weg wir zurückkommen. Sie werden in jedem Stützpunkt eine Nachricht hinterlegt haben.«
    »Wir waren lange fort«, meinte Anghara mit seltsam ausdrucksloser Stimme.
    Kieran warf einen Blick auf sie. Sie war sehr blass und biss sich mit den Zähnen auf die Unterlippe. »Bei den beiden ist das Vertrauen angeboren«, sagte er. »Als du das letzte Mal verschwunden bist, haben sie jahrelang an dich geglaubt.«
    Anghara schaute ihn unter gesenkten Wimpern an und lächelte. Dann wechselte ihre Miene. Sie wurde traurig. »Nachdem Sif Bresse zerstört hat ... hier hat alles angefangen, beim Tanassa Tanz«, sagte sie. »Dort bin ich ai’Jihaar zum ersten Mal begegnet.«
    Kieran hatte sich die Geschichte aus den Teilen zusammenreimt, die er gehört hatte; doch erst jetzt begann alles richtig Gestalt anzunehmen. Er versuchte, sich die Kheldrini-Frau vorzustellen, alt und blind, aber in einen Kokon von Macht gehüllt – weit fort von ihrem Heim in der Wüste – ihre Mission beinahe gescheitert; aber so recht gelang es ihm nicht, denn wenn er alles bedachte, fiel es ihm schwer zu glauben, dass irgendetwas für ai’Jihaar ma’Hariff nicht möglich war. Kieran hielt es auch für nicht ganz unmöglich, dass die alte an’sen’thar sie jetzt in den Tanassa Hügeln erwartete.
    Doch als sie schließlich vom Pferd stiegen, war es nicht ai’Jihaar, die sie begrüßte. Sie standen vor derselben Höhle, aus der Kierans Männer ausgeschwärmt waren, um die gefangene Prinzessin zu befreien, bevor die Kerker Miraneis sie

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