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Die Rückkehr der Königin - Roman

Die Rückkehr der Königin - Roman

Titel: Die Rückkehr der Königin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Fragen. Er wollte die ganze Geschichte hören, was in den Mooren vor Miranei geschehen war. Anghara schien nicht zuzuhören. Sie saß da, hatte die Arme um die Beine geschlungen und das Kinn auf die Knie gelegt. So starrte sie in die Flammen. Als sie plötzlich leise lachte, sprang Rochen auf, als hätte man ihn überfallen.
    »Was ist?«, fragte Kieran, der sich längst an Angharas Art gewöhnt hatte.
    Anghara hob die Augen. In ihnen war ein Leuchten, das nicht vom Feuerschein herrührte. »Er kommt bald zurück nach Hause«, sagte sie langsam. »Viele werden vor ihm zurückkommen; er wird seiner Armee folgen, nicht sie führen. Und dennoch wird er genügend Kraft finden, sich in Miranei zur Wehr zu setzen.« Wieder lachte sie, diesmal leicht verbittert. »Ein Winterfeldzug«, fuhr sie fort. »Dazu wird es am Ende kommen. Und laut Tradition gilt derjenige, der einen Winterfeldzug verliert, als echter Nachfahre der Kir Hama.«
    »Voriges Jahr hast du verloren«, meinte Kieran.
    »Keinen Feldzug«, widersprach Anghara und warf den Kopf zurück. »Nur meine Freiheit. Dafür gibt es keine Jahreszeit.«
    »Sif kommt?«, fragte Rochen zögernd und blickte von einem zum anderen. »Wie in Gottes Namen weiß sie das jetzt schon?«
    »Welcher Gott?«, fragte Anghara scharf, ehe Kieran antworten konnte. Ihre Stimme klang eigenartig ...
    Rochens Antwort verblüffte sie. »Naja, es ist nicht richtig verboten, aber Keruns Leute mögen es nicht besonders«, sagte er entschuldigend. »Jetzt rufen viele Menschen Bran um Hilfe an.«
    »Bran?«, fragte Kieran verwirrt. »Wer ist Bran? Woher kommt das alles? So lange waren wir doch nicht weg ...«
    »Ich weiß es nicht«, erklärte Rochen. »Jemand hatte eine Offenbarung. Es hat sich blitzschnell verbreitet und wurde angenommen. Es gibt keine Tempel, aber es gibt bereits Menschen, die ihm heilig sind und dem neuen Gott dienen. Sie errichten in Brans Namen Schreine nach ihrer eigenen Art. Man sagt, Bran der Morgenröte sei der neue Wächter der Brücke nach Glas Coil.«
    Neue Schreine. Plötzlich erinnerte sich Anghara an den mit Blumen geschmückten Pfahl in der Ebene. Ein neuer Gott würde den Namen des Gheat Freicadan erben; ein neuer Wächter für das uralte Tor. »Und wo bleibt Kerun?«, fragte Kieran. Er fühlte sich seltsam beraubt, da etwas Unsterbliches, ein Grundpfeiler seines gesamten Lebens, ausgelöscht wurde. Und dann begriff er die Verbindung. Bran. In Kheldrin war es eine geflügelte Göttin, die ai’Bre’hinnah hieß. Und die Grundlage für beide war der Name, den er in die Nacht hinausgeschrien hatte, ein Name, den einst eine verbannte Prinzessin als Tarnung verwendet hatte.
    Seine Augen suchten Angharas. In ihnen las er dasselbe Verständnis. Er erinnerte sich an ai’Jihaars Stimme in der Nacht in der Wüste. Vielleicht wirst du eine Wandlerin für dein Land .
    Glas Coil hatte überlebt; aber ein neuer Gott bewachte jetzt seine Tore. Bran der Morgenröte, hatte Rochen ihn genannt. Und eine neue Göttin stand an der Pforte des Landes des Zwielichts jenseits des Meeres. Bruder und Schwester, Gatte und Gemahlin – ein Ganzes, zusammengefügt aus zwei getrennten Hälften.
    »Du musst mir mehr über diesen neuen Gott erzählen«, sagte Anghara ruhig. Ihre Augen blickten wieder kurz ins Feuer, dann über die Flammen und wieder zurück, als würde sie von etwas gebannt. »Es läuft ein Schiff ein«, sagte sie leise. Bei ihrer Stimme stellten sich Kieran die Nackenhaare auf. »Männer werden heute Nacht in Calabra an Land gehen und ihr Heimatland weitaus fremder vorfinden als das fremde Land, in dem sie im Gefolge ihres Königs leiden mussten.«
    Obwohl Kieran es nicht mit seinen richtigen Augen sehen konnte, sah er in Gedanken mühelos den Schimmer des goldenen Seelenfeuers, das Anghara in diesem Moment einhüllte – und schon fügte sich ein weiteres Stück der Geschichte ein. Der Strohheiligenschein auf dem geschnitzten Pfahl für Bran war ein primitiver Versuch, diesen goldenen Heiligenschein abzubilden. Es war ein Irrtum, als sie den Schrein durch das uralte Dreigestirn Roisinans erklären wollten. Da war nichts von Nual, Kerun oder Avanna. Es war alles Anghara. Brynna. Bran.
    Rochen starrte Anghara an. Seine Gefühle waren deutlich auf seinem Gesicht zu lesen – eine Mischung aus Entsetzen, Ehrfurcht und Verehrung. Das würde ihr folgen, wohin auch immer sie unter ihren Leuten gehen würde. Kieran musste sich seinen Irrtum eingestehen und seiner Königin

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