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Die Rückkehr der Königin - Roman

Die Rückkehr der Königin - Roman

Titel: Die Rückkehr der Königin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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vor ihm, die in einer königlichen Haltung dastand, die er für sich selbst noch entdecken musste.
    »Und soll die Ehre eines Königs geringer sein als die eines Prinzen und beider geringer als das geschworene Wort eines Ritters?«, fragte jetzt sein eigenartiger Gast von der luftigen Höhe des höfischen Protokolls herab.
    »Nein, sei verdammt!«, sagte Favrin. Blut schoss in seine Wangen. Er hob die Hand. Erst jetzt bemerkte er, dass er sich am Glas geschnitten hatte und Blut aus der Wunde quoll. Er starrte seine Handfläche an, dann ballte er eine Faust über der Wunde, blickte zu Anghara auf und trat beiseite, um ihr den Weg freizugeben. »Mein Wort schützt Euch. Verlasst diesen Ort in Ehren, wie Ihr hergekommen seid. Aber geht jetzt, Anghara Kir Hama. Geht sofort, ehe es zu spät ist. Und bedenkt, dass zwei Männer aus Eurem Weg weichen müssen, ehe Ihr wirklich Königin von Roisinan werden könnt. Und weder Euer Bruder noch ich werden es Euch leicht machen.« Er hob seine unversehrte Hand mit der offenen Handfläche zu ihr, eine Geste des Abschieds. »Vielleicht treffen wir uns wieder«, sagte er mit sanfterer Stimme. »Auf einem grünen Hof in Miranei. Schon bald.«
    Anghara betrachtete ihn, dann senkte sie die Wimpern und verhüllte ihre Augen. Kieran wartete bereits mit ihrem Umhang. Sie gestattete ihm, ihr diesen um die Schultern zu legen.
    »Moran«, hörte sie den König von Tath hinter ihr zu seinem Haushofmeister sagen, der wieder auf der Schwelle erschienen war. »Sorge dafür, dass sie sicher aus dem Palast geleitet werden.« Er blickte Kieran an. »Danach gilt mein Versprechen nicht mehr. Ich habe Euch sicheres Geleit zugesagt, um den Weißen Palast zu betreten, aber meine Verpflichtung endet am Pier. Ich verspreche Euch gar nichts, sollte ich Euch morgen noch in der Stadt finden.«
    »Das werdet Ihr nicht«, erklärte Kieran.
    Auf Favrins Gesicht stand Erleichterung. Kieran vermochte zwar diesen seltsamen Prinzen nicht zu verstehen, stellte aber fest, dass man den Mann durchaus mögen konnte. Einst war er ihm überlebensgroß erschienen, damals als Thema im Unterricht, gegen dessen Streitkräfte er zuerst sein Schwert blutig gemacht hatte. Jetzt verabschiedete er sich mit einem kleinen Lächeln.
    »Kümmert Euch um die Hand«, sagte Kieran von der Schwelle aus. Seine Augen trafen auf Favrins, Blau auf Blau. »Sorgt dafür, dass alle Splitter herausgezogen werden, sonst könnte die Hand steif werden.«
    »Und das wollen wir doch auf keinen Fall«, konterte Favrin diese plötzlichen Fürsorge spitz.
    Kieran parierte den Seitenhieb mit brutaler Ehrlichkeit. »Es wäre schade ... und eine solche Verschwendung.«
    Damit drehte er sich um und war verschwunden. Er folgte Moran, um sein Schwert zu holen. Hinter ihm fiel leise die Tür ins Schloss. Favrin sank in den geschnitzten Sessel, den Kieran gerade frei gemacht hatte, und starrte auf die geschlossene Tür. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war seltsam ähnlich dem, mit dem er Anghara Kir Hamas Eintreten vor einer Stunde – einer Ewigkeit – begrüßt hatte: Staunen und widerwilliger Respekt.

14
    Kieran wollte nicht sagen, wo er die zwei Pferde besorgt hatte, ehe die Sonne über dem Horizont aufging – und Anghara stellte keine Fragen. Sie sprachen überhaupt wenig. Als sie Algira verließen, behauptete sie störrisch: »Ich hatte ihn beinahe.« Doch dann fuhr sie niederschlagen fort: » Noch eine Stunde, dann hätte ich ihn soweit gehabt .« Aber Kieran hatte etwas in Favrins Gesicht gesehen, als dieser am gestrigen Abend vom Balkon hereingekommen war, das er nicht genau bestimmen konnte. Nein – die Chance war verpasst und vorüber. Favrin würde jetzt weder Zeit noch einen Platz für sie haben, nicht jetzt – gewiss nicht, wenn jeder Adlige an seinem Hof jede kleinste seiner Bewegungen genau beobachtete. Favrin war ein großartiger Soldat – aber obwohl er seit Langem der unsichtbare Lenker von Tath war, er hatte sich noch nicht als König bewiesen. Für ihn stand zu viel auf dem Spiel, als dass er vor aller Augen mit einer Person eine Intrige hätte anzetteln können, die schließlich denselben Anspruch auf den Thron erhob wie er selbst.
    Doch Anghara blieb unerbittlich, eine Sturheit zu gleichen Teilen aus königlicher Arroganz und beinahe kindischer Frustration, weil man ihr einen Herzenswunsch abschlug. Schließlich verlor Kieran die Geduld und tat etwas, von dem er fast vergessen hatte, wie man es machte – er sprach mit ihr von der

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