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Die Rückkehr der Königin - Roman

Die Rückkehr der Königin - Roman

Titel: Die Rückkehr der Königin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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auf. Dieser schwang sich aus dem Sattel und trat zu Angharas Stute, um ihr herabzuhelfen. Hunderte Augenpaare richteten sich auf sie. Anghara gestatte sich einen leisen Seufzer, als Adamo ihr vom Pferd half, dann schüttelte sie mit einer ruckartigen Kopfbewegung die Kapuze nach hinten. So würde es von nun an immer sein. Das war der Grund, weshalb Sif die Krone begehrte. Es musste ein berauschendes Gefühl für den jungen Mann gewesen sein, dessen halbköniglicher Status als Bastard des Königs bedeutete, dass er nie ein rechtmäßiger Prinz sein würde, als er sah, wie die Männer vor ihm das Knie beugten. Vielleicht hätte Sif gewusst, was man in solch einem Moment sagte, eine mitreißende Rede, die den Herzen seiner Männer diesen Wahnsinnsmut einflößte, mit dem sie ihm anscheinend folgten. Aber Anghara hatte keine derartigen Reden. Der Augenblick hielt sie in seinem Bann; sie rang nach Worten, ohne zu merken, wie beredt ihre Miene war und wie ihre Augen zu den Männern sprachen, die sich in ihrem Namen versammelt hatten. Am Ende brauchte sie gar nichts zu sagen, denn sie sagten es für sie. Ein Mann in der ersten Reihe war aufgestanden. Jetzt trat er zu ihr und beugte sich über ihre Hand. Sie erkannte ihn. Bron – er war mit ihr und ihren Ziehbrüdern auf dem wilden Ritt aus Miranei dabei gewesen, als Sifs Armee hinter ihnen herhetzte.
    »Morgen, Mylady, in Miranei«, sagte er.
    Der Rest folgte ihm so einstimmig, als hätten sie es geprobt. Nach einem Herzschlag des Schweigens schauten die Männer sich an und hörten ihren Kriegsschrei. Wie aus einer Kehle ertönte er, dabei hoben sie die Fäuste in die Luft – Hunderte von Stimmen, wie Donnerhall – » Morgen in Miranei! «
    Endlich fand Anghara die Worte, die sie brauchte; es waren nur drei. Sie klammerte sich an Brons Hand, als sie plötzlich in Tränen schwamm und nur undeutlich sehen konnte. Jetzt befreite sie ihre Hand und legte sie auf die Brust, eine Geste der Dankbarkeit so alt wie die Zeit. Ihre Stimme war ein Flüstern im Wind, aber jeder Mann hörte sie. »Ich danke euch.«
    Adamo ließ diese Szene exakt so lange einwirken, um den Eindruck auf sein Höchstmaß zu steigern. Dann nahm er Angharas Pferd und riet der jungen Königin, zum Herrenhaus weiterzureiten und sich von der Reise auszuruhen. Der Moment des Wiedersehens hatte Anghara mehr Kraft gekostet, als sie wusste. Plötzlich fühlte sie sich wie ausgelaugt, jegliche Kraft oder Energie, die sie je besessen hatte, war verschwunden und so folgte sie seinem Rat nur zu gerne.
    Kieran aber musste noch im Lager bleiben, bis alle seine Männer mit ihm sprechen, ihn ausfragen und willkommen heißen konnten. Beide spürten einen eigenartigen Schmerz, als sie getrennte Wege einschlugen – Kieran fiel es schwer, nicht hinterherzuschauen, bis Angharas Stute außer Sicht war, und Anghara ebenfalls, nicht zurück zum Lager zu blicken. Sie fühlte sich seltsam kalt und nackt, als hätte man ihr einen Schild entrissen. Sie war so gewohnt, ihn jeden Moment des Tages um sich zu haben, in wachen und schlafenden Stunden, hatte er ihr gehört. Jetzt war hier ein anderer Kieran, der soeben in der Menge seiner freudig erregten Männer verschwunden war.
    »Er kommt gleich nach«, sagte Adamo unerwartet und zeigte eine erstaunliche Fähigkeit, die Situation zu verstehen. »Ich wäre überrascht, wenn es länger als eine Stunde dauert, ehe er in Cascin einreitet, um herauszufinden, ob wir dich auch richtig ins Bett gepackt haben.«
    Anghara drehte sich um. Eigentlich wollte sie ihm einen wütenden Blick zuwerfen, aber er sah so heiter und zufrieden aus, dass es schwierig war, etwas anderes zu tun, als ihn anzulächeln. »Er hat gut für mich gesorgt«, sagte sie.
    »Feor hat dich zu seiner Aufgabe gemacht«, erklärte Adamo und Anghara hörte die Betonung. »Einer Aufgabe konnte Kieran noch nie widerstehen.«
    Du bist der Falke, den ich ausschicken werde, um sie zu suchen ... Ja, so war es. Feor hatte Kieran auf die Suche geschickt. Doch es gab etwas in Anghara, das vor dieser Logik zurückwich. Sie suchte in der Erinnerung Zuflucht – es hatte lange vor dem Moment begonnen, als man ihm die Verantwortung übertrug. Anghara erinnerte sich an einen Regentag in Cascin und an einen Umhang, den ein Junge ihr über die Schultern gelegt hatte. Und – einige Jahre später – an einen Abend vor Mittsommer, als sie diejenige gewesen war, die die Verantwortung an sich zog – und so viele Tragödien ausgelöst hatte

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