Die Rückkehr der Königin - Roman
Pflaster der Innenhöfe. Sie hielten sich an die Ränder, wo die Schatten am tiefsten waren und sich noch schmutzig graue Schneeberge an den feuchten Steinmauern auftürmten. Einen Moment gönnte sich Kieran, um mit grimmiger Freude darüber nachzudenken, ob Sif, der sich irgendwo im Süden rastlos im Griff seiner Träume umherwarf, wusste, was am nächsten Morgen in seiner Festung geschehen würde.
Ohne eine andere lebende Seele zu treffen, fanden sie den Weg zum nördlichen Wehrgang. Die Festung ringsum schlief und war in die unschuldigen Träume versunken, die in der Dunkelheit vor Tagesanbruch kommen. Die zehn Männer waren hellwach und standen stoisch in der bitteren Kälte der Bergnacht, die zeigte, dass der Winter immer noch bei ihnen weilte und der Frühling nur ein Versprechen schwach erinnerter Wärme war. Es war nicht das erste Mal, dass sie in kalter Dunkelheit auf die Morgenröte warteten. Sie hatten gelernt, sich in beinahe eingestellte Lebenskraft zu versetzen, dabei aber wach zu bleiben, voller Erwartung, was kommen würde, bereit auf ein geflüstertes Wort zuzuschlagen, aber wie eine aus Stein gehauene Statue dazustehen, bis das Flüstern kam. Und es kam nicht lange nach Tagesanbruch, als die blasse Morgensonne die Berge hinter der Festungsmauer mit einem glänzenden goldenen Saum verzierte.
Die zehn Wachen, die Melsyr versprochen hatte, schritten misstrauisch aus; drei bildeten die Vorhut, mit blanken Schwertern, die Augen wachsam; dann zwei an jeder Seite, hintereinander, die zwei Seiten eines Quadrats bildeten, das von den drei Männern in der Nachhut geschlossen wurde. Innerhalb dieses lebenden Vierecks gingen ... zwei weibliche Gestalten in Umhängen, die Kapuzen tief herabgezogen, um die Gesichter zu verbergen.
Kieran brauchte eine kostbare Sekunde, um zu begreifen, wer die zweite Gestalt sein musste. O ihr Götter, es ist Senena .
Aber alles war geplant; sein Arm war als Signal schon gefallen, ehe er im Kopf den Gedanken richtig begreifen konnte. Und danach gab es keine Zeit mehr nachzudenken. Er konnte gerade noch Adamo eine schnelle Warnung zurufen, der mit gezücktem Schwert in der Hand hinter ihm wartete. »Die andere ist Sifs Königin! Vorsicht!«
Charo hatte bereits lautlos einen Mann der Nachhut niedergemacht und drehte mit tödlicher Anmut eine Pirouette, um den nächsten aufzuspießen. Verblüfft drehte der Mann sich um und starrte ihn an. Die vier auf den Seiten wurden von je einem Mann angegriffen, aber Charo hatte einen Wimpernschlag zu früh losgeschlagen. Die Wachen hatten keine Zeit, um nach Verstärkung zu rufen, aber der Klang des Stahls, als Sifs Männer sich verteidigten, war in der Morgenstille der Berge so laut wie eine Kriegsfanfare.
Schlamperei , dachte Kieran grimmig, als er die Klinge seines Gegners parierte und den Dolch in die bloßliegende Kehle stieß. Wir waren eindeutig im Vorteil. Es hätte schnell und leise vorbei sein müssen . Er hob die Augen, und das Blut in seinen Adern gefror.
Fodrun hatte zwei Stufen auf einmal genommen und führte nicht nur die restlichen vier Wachen, von denen Melsyr gesprochen hatte, sondern zehn. Drei oder vier waren offenbar in Eile zusammengerufen worden, denn sie trugen anstatt der Rüstungen nur leichte Lederwamse und hatten lange Stäbe anstatt Stahlklingen, aber der Rest wirkte grimmig und im Kriegshandwerk erfahren. Es war klar, dass sie jederzeit töten würden, aber ihre Hauptsorge war, möglichst schnell eine der Frauen innerhalb des zerstörten Vierecks zu ergreifen und zurück in den dunklen Kerker zu schaffen. Und Kieran war noch zu weit entfernt, als er Anghara an den gefesselten Händen erkannte. Sie schleuderte ihre Kapuze nach hinten. Irgendwie gelang es ihr, über die Kämpfe rings um sie hinweg Kierans Blick zu erhaschen. Sie erkannte ihn und sagte ihm Lebwohl.
Irgendetwas verlieh ihm Kraft. Er sprang über einen gefallenen Gegner und überließ es Adamo, allein gegen die zwei Wachen zu kämpfen, die ihn angegriffen hatten – einer von der ursprünglichen Wachmannschaft und einer von der Verstärkung, der mit einem Sprung herbeigeeilt war, um seine Hilfe anzubieten. Charo hatte die Situation richtig erkannt und wollte zu Fodrun laufen, wurde aber von einem der Männer mit den Stöcken aufgehalten. Fodrun erreichte Anghara einen Herzschlag früher als Kieran und presste sie mit dem linken Arm an seine Seite, sein Schwert in der anderen Hand schimmerte gefährlich.
»Würdest du mir glauben, dass ich nie
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