Die Rückkehr der Königin - Roman
der Wachen Freundschaft zu schließen.«
Inzwischen hatte Kieran seine Lethargie abgeschüttelt und übernahm wieder das Kommando. »Ja, wir werden warten. Solange wir wissen, dass sie lebt, gebe ich weder die Hoffnung noch die Chance auf, sie zu retten. Aber eine große Schar wird Aufsehen erregen.«
»Und eine Handvoll wird nicht imstande sein, etwas zu unternehmen, wenn die Zeit kommt«, gab Rochen zu bedenken.
»Wir bleiben in Verbindung«, erklärte Kieran. »Ich hatte nicht die Absicht, alle Bindungen zu kappen.« Darüber brach raues Gelächter aus; Kieran blickte in den Kreis strahlender Augen. »Zehn«, sagte er. »Nicht mehr als zehn.«
»Ich«, erklärte Charo schlichtweg. Keine Frage, eine Feststellung. Adamo brauchte nicht einmal zu sprechen; seine Augen sprachen für ihn. Kieran nickte.
»Adamo, Charo, ich selbst ... und sieben andere. Ich werde nicht auswählen. Wir verlassen das Lager morgen früh bei Tagesanbruch – ich nehme die sieben, die auf mich warten.« Er erspähte noch ein Auge, strahlend und entschlossen, schüttelte jedoch kaum sichtbar den Kopf. Du nicht, Rochen. Ich brauche jemanden, um die zu führen, die draußen bleiben .
Rochen wirkte plötzlich sehr jung; seine Miene wurde abrupt finster. Doch dann hellte sich seine Stirn auf, er hob den Kopf und nickte Kieran zu. Danach wandte er sich ab, weil seine Gefühle immer noch stärker waren als er.
Als die drei Ziehbrüder am nächsten Morgen vom Lager aufbrachen, warteten sieben Männer mit gesattelten Pferden auf sie. Kieran, bereits hoch zu Ross, zügelte sein Tier und musterte die Schar aus harten blauen Augen. »Es ist die bitterste Aufgabe, die ihr gewählt habt«, sagte er leise. »Das Warten kann lang dauern ... und vielleicht warten wir auf eine Katastrophe.«
»Aber vielleicht auch auf ein Wunder«, murmelte einer der Männer.
»Sie haben Strohhalme gezogen«, erklärte Adamo mit gespielter Freundlichkeit. »Jeder der Männer, der zurückbleibt, ist hellwach und hört uns aufbrechen. Dabei verflucht er den langen Strohhalm, den er gestern Abend gezogen hat.«
»Für Anghara«, sagte Charo. »Und für dich. Du hast den Traum am Leben erhalten. Wenn jemand sie aus diesem schrecklichen Kerker von Miranei befreien kann – dann du.«
»Aber ich muss nur ein einziges Mal Pech haben«, sagte Kieran. »Dann war alles umsonst. Vielleicht hat Sif bereits den Befehl erteilt ...«
»Sif ist nicht in Miranei«, unterbrach ihn Adamo. »Und viele Dinge können geschehen, ehe er zurückkehrt.«
Er hatte Recht und Unrecht. Sif war in Shaymir, aber während seiner Abwesenheit geschah nichts, was Anghara betraf, und auch nicht nach seiner Rückkehr. Chanoch, Angharas Geburtstag kam und ging, ebenso das Wintergericht. Kierans Handvoll mischte sich unter die Wachen und fand heraus, dass Anghara noch lebte. Und als der Winter beinahe vorüber war – kam der Morgen, an dem Sif wie ein Wirbelwind aus Miranei fortritt, um für seine verwundete Mutter Rache zu nehmen. Und dann, gleich darauf ... Senena.
Sif hatte keine Ahnung, dass einer der Wachen, die er zurückgelassen hatte, um in Miranei ihren Dienst zu tun, keineswegs ein einfacher Soldat war. Er war es, der Kieran in der Herberge aufsuchte. Ein Mann mit grauen Augen und aschbraunem Haar, der in Körperbau und Haltung dem Manne glich, der einst Erster General des Roten Dynan gewesen war.
»Ich weiß, wer du bist«, sagte er einfach und stellte sich neben die Bank im Schankraum der Herberge, wo Kieran mit Charo saß. Kieran hörte ein doppeltes Zischen neben sich – Charos tiefer Atemzug und das Lösen des Schwertes aus der Scheide – und hob schnell die Hand, um einen Kampf zu verhindern.
»Setz dich«, lud Kieran den Mann ein. Seine Augen wichen nicht von dem anderen. Er war misstrauisch.
Der junge Mann glitt auf die Bank gegenüber von Kieran und vermied Charos Blick. »Du hast nichts zu befürchten«, sagte er leise. »Ich weiß seit geraumer Zeit Bescheid. Ich werde euch nicht verraten. Ich ... weiß, weshalb ihr hier seid.«
Draußen schneite es; vielleicht war es der kurze Windstoß, der hereingewirbelt war, als jemand die Tür der Herberge öffnete, weshalb Kieran erschauderte – aber es ging tiefer. Der Hauch einer Vorahnung vielleicht. »Wer bist du?«, fragte Kieran.
»Melsyr, der Sohn von Kalas, der König Dynans General war.«
»Ich dachte, er sei in derselben Schlacht gestorben, in der der König fiel«, meinte Charo und erinnerte sich schwach an die wenigen
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