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Die Rückkehr der Königin - Roman

Die Rückkehr der Königin - Roman

Titel: Die Rückkehr der Königin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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gefallen.
    »Wir müssen uns der Herausforderung einer richtigen Wüste nicht stellen, bevor es wirklich notwendig ist«, sagte Kieran. »Du hast ja keine Ahnung, wie schwierig ...« Er brach ab, als sie ihn mit listigem Lächeln anschaute. »Schon gut«, meinte er und musste selbst über sich lächeln. »Du hast Ahnung. Trotzdem ... lass uns im Flachland bleiben, solange wir können; und dann würde ich uns für die nächste Strecke gerne frische Pferde besorgen, vielleicht sogar Kamele ... aber das hängt davon ab, in welchem Zustand die Bergpässe sind –«
    » Ki’thar’en sind sehr anpassungsfähig«, sagte Anghara.
    »Wer?«
    »Ich meine ... Kamele. Wir haben sie von der Küstenebene in die Arad mitgenommen ... und dann in die Khar’i’id ...«
    Als Antwort erntete Anghara einen verständnislosen Blick und beschloss, es damit gut sein zu lassen. Zeit genug für Geografieunterricht, wenn sie durchkamen und Kheldrin erreichten. Und – mochten die Götter ihnen gewogen sein – mochte Kieran nie erfahren müssen, was die Khar’i’id war ...
    Schon bald führten die Ebenen von Shaymir in ein Gelände, das nur technisch gesehen noch keine Wüste war – es wurde trocken und staubig. Die wenigen kleinen Hügel waren mit trockenem, hohem, rauschendem Gras bewachsen. Niedrige kaktusähnliche Pflanzen mit Dornen tauchten auf. Und nicht lange danach kam der erste Vorbote der richtigen Wüste – der würzige, süße Geruch des winzigen Wüstensalbeis stieg ihnen in die Nase.
    Kieran machte sich immer mehr Sorgen um Anghara. Sie hüllte sich in langes, grübelndes Schweigen, das stundenlang währte. Sie ritt in einem Kokon der Abgeschiedenheit, der beinahe Angst einflößend war. Einmal erwischte er sie als Schlafwandlerin. Sie entfernte sich vom Lagerfeuer, während er ihr den Rücken zuwandte, hinaus in die Wüste, ohne eine Ahnung, wo sie sich befand. In dieser Nacht hörten sie in der Ferne das Heulen von Kojoten, Wüstenräuber, die sich von Aas ernährten, wenn sie es fanden, furchtlose und listige Jäger, die keine leichte Beute ausließen, wenn diese ihren Weg kreuzte. Ein andermal saß sie neben einem Lagerfeuer, und stumme Tränen rannen über ihre Wangen. Sie hatte die Faust um eine Handvoll Sand geballt, den sie zwischen den Fingern herausrinnen ließ.
    Und heute Nacht, am Rande der Wüste, weckte ihn ein plötzlicher Windstoß, der wie ein Seufzer durch die stille Nacht blies, und ein Laut, der wie ein unterdrückter Schrei klang. Das Feuer war nur noch rote Glut mit gelegentlichem Flackern von kleinen Flammen; anfangs war es zu dunkel, um irgendetwas zu sehen. Kieran verengte die Augen, um seine Nachtsicht zu schärfen. Angharas Lager aus Decken auf der anderen Seite des Feuers war leer.
    Er sprang auf und griff nach seinem Schwert. »Anghara! Anghara, wo bist du?«
    Wieder ein Laut. Schluchzen. Ein Schmerzenslaut.
    »Anghara!«
    Er lief einige Schritte vom Feuer weg und stolperte beinahe über Anghara, die ausgestreckt im Sand lag. Mit der rechten Hand umklammerte sie ein Stilett mit schmaler Klinge und schwarzem Heft – im ersten Moment kam es Kieran unbekannt vor, doch dann erinnerte er sich, es in dem Paket gesehen zu haben, das Adamo aus der Herberge in Calabra geholt hatte. Ein Khelsie-Dolch!
    Aus einer langen Wunde an ihrem Unterarm floss Blut in den Wüstensand. Kieran stockte das Herz. »Was im Namen sämtlicher Götter der Wüste machst du da?«, flüsterte er. »Was für eine heidnische Magie ist das?«
    Sie öffnete die Augen. Strahlende Zwillinge in der Dunkelheit. »Ich hab es im Namen der Götter getan«, flüsterte sie niedergeschlagen. »Es gab eine Zeit ... aber jetzt ... schau ... da ist Blut auf meinem Ärmel.«
    »Natürlich ist Blut auf deinem Ärmel«, sagte er verständnislos und steckte das Schwert zurück in die Scheide. Dann beugte er sich herab und legte sich ihren heilen Arm um die Schultern. »Du hast gerade deinen Arm aufgeschnitten. Komm, wir müssen die Wunde reinigen, sie ist ganz voll Sand, und ich weiß nicht, was ich tun könnte, wenn sie sich entzündet.«
    »Es gab eine Zeit, da hätte es überhaupt kein Blut gegeben«, sagte sie seltsam ruhig. »Aber sie sind nicht gekommen ... al’Zaan, Sa’id-ma’sihai, qa’rum mali hariah? «
    Dann verlor sie das Bewusstsein, lag schlaff in seinen Armen; aber sie umklammerte immer noch den schwarzen Dolch so fest, dass er ihre Finger nicht lösen konnte. Er gab es auf und wandte seine Aufmerksamkeit der Wunde zu. Sie

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