Die Rückkehr der Königin - Roman
lebendiger als sie sich seit ... beinahe solange sie sich erinnern konnte gefühlt hatte. »Ich brauche höchstens eine Minute«, sagte sie. »Gibt es Frühstück?«
Kieran vermochte seine Überraschung kaum zu verbergen, aber sie dauerte nur einen Herzschlag, dann lächelte er froh. »Ich lasse unten etwas für dich vorbereiten«, sagte er und warf das feuchte Handtuch über einen zerbrechlich aussehenden Stuhl in der Ecke des Zimmers. »Ich warte unten auf dich.«
Anghara kämmte das Gewirr ihrer langen Haare mit dem Kamm, den eine Kheldrinifrau ihr vor langer Zeit geschenkt hatte, als sie für eine Vision in einer kalten Wüstennacht aufgewacht war. Auch das war für sie aufgehoben worden, sicher verstaut in dem Paket von ihrer missglückten Heimreise, das Adamo aus Calabra mitgenommen hatte. Vielleicht war es keine gute Idee, etwas so Erinnerungsschweres zu benutzen, aber Anghara verschloss ihre Gedanken entschlossen gegen alles außer den profansten Eigenschaften des Kamms. Sie wusch sich das Gesicht, zog ihr Reisegewand um die Mitte zurecht und ging nach unten.
Der Schankraum war ziemlich leer. Kieran wartete mit einem Teller, auf dem sich warme Speisen türmten. Sie blieb auf der Schwelle stehen und lachte. »Das könnte ich nie alles essen, selbst nicht, wenn ich meinen normalen Appetit wieder hätte.«
»Du vielleicht nicht, ich aber schon«, sagte er. »Es ist für uns beide. Vor uns liegt hartes Feilschen.«
Anghara lachte. Sie fühlte sich eigenartig leicht, als hätte sie die Jahre abgelegt und wäre wieder ein kleines Mädchen. »Wie ist er denn, unser Freund Borre?«, fragte sie und imitierte Kierans Akzent von vorher.
Kieran dachte kurz nach. »Ein Händler bis ins Mark«, antwortete er leise. »Es würde mich nicht überraschen, wenn er nicht zu seiner Zeit mit den Khelsies den einen oder anderen Handel abgeschlossen hätte, aber ich bin keineswegs sicher, auf welcher Seite der Berge das war, und er würde eher sterben, als etwas zuzugeben. Wie auch immer – er scheint etwas über einen Durchlass zu wissen. Anscheinend befindet sich nicht weit nördlich von hier ein singender Stein, und dort beginnt der Durchlass ...«
»Ein singender Stein?«, wiederholte Anghara ausdruckslos.
Kieran zuckte mit den Schultern. »Das hat er gestern Abend gesagt. Er war schon ziemlich betrunken, aber es hörte sich auf bizarre Weise schlüssig an.«
»Traust du ihm?«
»Nicht soweit ich ihn riechen kann, allerdings ist das mit Sicherheit ziemlich weit. Aber ein alter Händler serviert seine Geheimnisse nicht auf einem Tablett. Trotzdem – es ist ein Anfang.«
Sie beendeten ihr Frühstück und gingen hinaus in den Morgen; obwohl es noch Frühlingsanfang war, lag hier am Rand der Wüste von Shaymir bereits die gleißende Hitze des Sommers in der Luft. Am anderen Ende des Dorfes war eine Koppel, in der ein mit Reet bedecktes Dach etwas Schutz vor der Sonne bot. Borre stand mit konzentriertem Gesicht über einen Kamelhuf gebeugt. Als er Schritte hörte, blickte der alte Händler auf und rang sich ein mühsames Lächeln ab, als er sah, dass Kunden kamen. Es war ein angsteinflößender Anblick. Die wenigen übrig gebliebenen Zähne in seinem Mund waren großteils schwarz faulig und ansonsten gelb durch eine intensive und langjährige Freundschaft mit dem starken Tabak aus Shaymir.
»Ja, wenn das nicht mein junger Freund von gestern Abend ist«, begrüßte er sie mit dem breitesten Akzent, den Anghara je gehört hatte und der für sie kaum verständlich war.
»Hast du dir die Pferde angesehen?«, fragte Kieran und lehnte sich lässig an den Zaun der Koppel.
»Ja, mein Bursche hat sie sich heute Morgen angeschaut«, sagte Borre. »Zwei sind recht in Ordnung, aber das dritte scheint zu lahmen ... das könnte sich auf den Preis auswirken.«
»Es ist nichts, was ein paar Tage Ruhe nicht heilen wird, das weißt du genau. Was hast du uns denn zu bieten?«
Borre blickte zu einem knienden Tier hin, das im Schatten des Dachs zufrieden döste. Doch als er sah, wie ein zufriedener Ausdruck über Kierans Gesicht huschte, überlegte er sich plötzlich anders. Der alte Händler räusperte sich. »Die beiden dort drüben dürften euch gefallen.« Er zeigte auf zwei Tiere, die dicht beieinander am Balken des Koppelzauns standen und genüsslich ihr Futter kauten.
Kieran schlüpfte unter dem Balken hindurch und Anghara ging außen herum, bis sie auf gleicher Höhe waren. Die Kamele beobachteten Kieran mit hochmütiger
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