Die Rückkehr der Königin - Roman
untergetaucht bist, um es Sif schwer zu machen, deine Spur zu finden, aber ich habe dich ebenfalls verloren. Es gab Zeiten, da ich nicht wusste, ob du noch lebst oder tot bist ...« Sie trat zu ihrem Bruder und umarmte ihn heftig. Kieran barg sein Gesicht in ihrem Haar und schloss die Augen. Bruder und Schwester standen einen Moment lang schweigend da. Dann löste sich Keda von ihm, hielt aber eine Hand fest und zerrte an ihm wie ein kleines Kind. »Komm«, sagte sie. »Ich möchte, dass du Shev kennenlernst ... und du musst mir erzählen, was du hier machst ...« Sie drehte sich um, lächelte Anghara an und streckte ihr die andere Hand entgegen. »Du bist groß geworden ... aber so dünn und blass ... Als ich hörte, was in Bresse geschehen ist, habe ich dich betrauert und Lady Morgan ... ist sie entkommen?«
»Nein«, antwortete Anghara und senkte die Augen.
Sie hörte das Mitleid, als Keda tief Luft holte und begriff. »Bist du je ... nach Hause gekommen?«, fragte sie.
Kieran lachte kurz und verbittert. »O ja«, antwortete er. »Es war sogar ziemlich schwierig für uns, Miraneis Gastfreundschaft zu entkommen.«
Keda spürte, dass hier noch mehr Fragen lauerten, und war dementsprechend vorsichtig. »Nicht hier«, sagte sie und drückte beide Hände. »Kommt, gehen wir zurück in die Schenke. Shev wartet auf mich. Es ist in Ordnung, ihr könnt ihm vertrauen«, fügte sie schnell hinzu, als sie sah, wie Anghara Kierans Blick suchte. »Los, kommt – wir müssen heute Abend in der Schenke singen. Das ist Teil unseres Abkommens mit dem Wirt – und es gibt so viel ... Wie lang bleibt ihr?«
»Wir hoffen, dass wir in zwei Tagen aufbrechen können«, antwortete Kieran und verfiel neben ihr in Gleichschritt.
»So bald ...«
Die nächsten Fragen lagen auf der Hand – was machten die beiden – die Königin ohne Thron und der Gesetzlose aus Roisinan – hier in Shaymir, und wohin wollten sie. Aber Keda wusste es besser, als hier auf der Straße weitere Fragen zu stellen. Und Anghara kämpfte verzweifelt gegen die Flut der alten Erinnerungen an, bis alles in ihr zusammenbrach. Sie sah nur noch weiße Wirbel, stolperte und wäre gestürzt, hätte Kieran nicht mit einem eigenartigen sechsten Sinn rechtzeitig die Hand ausgestreckt und sie gehalten. Hier waren die letzten drei Überlebenden vom ersten wilden Aufflammen von Angharas Macht. Irgendwo gab es eine Verbindung, die sie nicht bestreiten konnte, die aber durch Vergessen verschüttet lag – ein Vergessen, das tief im Zweiten Gesicht verwurzelt und dessen Berührung jetzt für sie gefährlich war. Sie schien keine Macht über ihre Beine zu haben. Gehen war ausgeschlossen. Kieran hob sie wortlos hoch und trug sie zur Schenke zurück.
Keda, ganz Kierans Schwester, zuckte zusammen, als Kieran ihr Ziel nannte. Gab es denn nichts auf dieser Seite der Berge, das Anghara helfen konnte? Waren sie sicher? Aber sobald sie die Notwendigkeit eingesehen hatte, dachte sie praktisch. Darin glich sie ihrem Bruder. Ihr Mann Shev stammte aus der tiefen Wüste. Keda holte aus ihm sämtliche Informationen heraus, die den beiden Reisenden helfen konnten.
»Ich war nie in Kheldrin«, sagte er und hob abwehrend die Hände. »Aber ich kenne ein Lied über eine Karawane aus Kheldrin und einen singenden Stein ...«
»Ein singender Stein?«, fragte Kieran sofort und blickte ihn an. »Borre hat gestern Abend etwas über einen singenden Stein gesagt. Was ist das für ein Ort?«
»Ich bin einmal auf dem Weg nach Süden daran vorbeigekommen«, sagte Shev. »Es ist kein Ort, den ich näher besichtigen möchte. Niemand weiß etwas Genaues über einen Durchgang nach irgendwo – aber es gibt ein Lied darüber ... und Sänger mischen Wahrheiten oft in ein Lied, wenn sie nicht laut darüber sprechen wollen. Er rieb sich nervös die Nasenwurzel mit der Hand. »Ich habe nur ein einziges Mal Khelsies gesehen«, sagte er langsam. »Eine Handvoll, die wohl das Unmögliche geschafft hatten – sie tauchten wie aus dem Nichts aus der Staren Pan auf und lebten lange genug, um davon zu erzählen. Sie sprachen unsere Sprache – mit eigenartigem Akzent. Aber später habe ich von ihnen geträumt, und das waren keine angenehmen Träume. Dieses Volk hat etwas wirklich ... Fremdes.«
»Nicht mehr, als wir für sie fremd sind«, erklärte Anghara, die sich genügend erholt hatte, um am Gespräch teilzunehmen.
Shev warf ihr einen beinahe ehrfürchtigen Blick zu. »Mit ihnen zwei Jahre leben ... ich glaube
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