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Die Rückkehr der Königin - Roman

Die Rückkehr der Königin - Roman

Titel: Die Rückkehr der Königin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Bergen gegeben hatte, und betastete seine glatte, unversehrte Haut. »Es ist so, wie ich es mir dachte ...«, sagte sie nachdenklich. »Du bist ein Kanal ... weil das, was du als ihr Opfer darbringst, angenommen wird. Die Götter haben dein Opfer angenommen, von einem, der nie als ihr eigener ausgezeichnet wurde. Vielleicht ist es gut, dass du keine Ahnung hattest, in welche Gefahren du dich dort begeben hast. Wahrscheinlich ist es jetzt am besten, wenn du mich den Dolch für sie aufbewahren lässt.«
    »Ich werde ihn dir bringen«, sagte Kieran nicht ohne eine gewisse Erleichterung.
    »Das hast du gut gemacht«, sagte ai’Jihaar, ihre Stimme bestätigte seine Verzweiflungstat und gab ihm Recht. Sie hatte ihn um den schwarzen Dolch gebeten, obgleich sie es ihm hätte befehlen können. Das war Freundlichkeit und Vertrauen. »Ich werde ihn für sie aufbewahren; sie wird ihn aus deiner Hand zurückbekommen, wenn du es wünschst, wenn sie ... ihre Kraft ... wiedererlangt hat. Aber dieser Dolch ist kein Ding, das man zu lang allein lassen darf; er braucht Kontakt mit dem Leben. Was du nicht freiwillig geben willst, nimmt er sich womöglich mit Gewalt.«
    Das wusste Kieran bereits. Dunkle Träume hatten ihn geplagt, seit er mit dem Dolch im Gepäck geritten war; dunkle Träume, besudelt mit dem Blut, wonach der Opferdolch verlangte.
    Kieran trat hinaus in die kühle Wüstennacht. Licht brauchte er nicht – mit dem Inhalt seiner Satteltaschen hatte er so lange gelebt, dass er sich darin mit verbundenen Augen auskannte. Intuitiv fand er den schwarzen Dolch in der samtenen Dunkelheit. Seine Finger prickelten merkwürdig, als sie sich darum schlossen, als sei die Klinge darauf erpicht, ans Werk zu gehen.
    »Dieser Ort bringt mich langsam um den Verstand«, murmelte er und wickelte den Dolchgriff in einen Zipfel seines Umhangs, um den Kontakt zwischen Dolch und seiner bloßen Haut zu unterbrechen.
    Als er ins Zelt zurückkehrte, bewegte Anghara sich, aber ai’Jihaar beruhigte sie schnell mit einer Berührung und streckte die Hand nach dem aus, was Kieran trug. »Schnell«, sagte sie. Kieran ließ den Dolch bereitwillig los. Die Klinge wechselte Hände. Ai’Jihaar runzelte die Stirn, als sie den Dolch betrachtete. »Ich bin mir nicht sicher«, sagte sie langsam, »was geschehen wird, wenn wir dieses Band mit dir zerschneiden. Anghara wusste, dass du ihre Klinge hältst. Ich hoffe, du bist nicht schon allzu tief darin ...«
    Kieran hatte das dumpfe Gefühl, dass diese Worte schrecklichste Gefahr ausdrückten, doch die ungeheure Erschöpfung, die er am Fuß der hohen Berge gespürt hatte, war hundertfach zurückgekehrt. Er gähnte laut. Ai’Jihaar hob schnell die Augen von der Betrachtung des Dolches. »Verzeih mir«, sagte sie. Ihre Stimme hatte jegliche Härte sowie den Befehlston verloren. »Ich war egoistisch. Ich habe so viel gefragt, und dir so wenig dafür gegeben – aber ich bin dir dankbarer, als Worte es ausdrücken können, dass du an Angharas Seite warst, als sie jemanden brauchte. Meine Dienerin hat dir ein Bett bereitet. Solltest du noch etwas brauchen, musst du nur fragen.«
    »Ein Bett wäre sehr willkommen«, gestand Kieran. »Ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal den Luxus hatte, in einem zu schlafen.«
    »Es ist sehr lang her«, sagte sie. »Vielleicht länger, als du denkst. Hast du eine Ahnung, welchen Tag wir heute haben?«
    »Ich erinnere mich daran, dass wir Shaymir verlassen haben«, sagte Kieran nach einer kurzen Pause, in der er ergebnislos versuchte, die Zeit zu berechnen, seit sie Kedas Mann beim Singenden Stein verlassen hatten. »Danach ... ist alles irgendwie unscharf. Ich hatte keine Möglichkeit, die Tage zu zählen.«
    »Am Tag nach morgen wird das Fest des Cerdiad in Sheriha’drin gefeiert. Es ist beinahe Mittsommer«, sagte sie.
    »Das ist unmöglich!«, stieß Kieran hervor, völlig aus der Fassung gebracht. »Wir haben unmöglich einen Monat ... über einen Monat ... in diesen Bergen verbracht. Wir hätten niemals überlebt! Das ist unmöglich ...«
    »Du vergisst, dass ihr einen Gott hattet, der stets hinter euch ging«, entgegnete ai’Jihaar.
    »Aber al’Tamar hat gesagt, dass al’Khur uns geholfen hat«, meinte Kieran hilflos. »Ein Monat ...«
    »Er hat euch geholfen«, erklärte ai’Jihaar. »Ohne ihn wärt ihr nicht hier. Aber euch zu helfen, bedeutet nicht, dass er euch leichtfertig in dieses Reich gelassen hat.«
    »Andere haben vor uns diese Berge

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