Die Rückkehr der Königin - Roman
Augen. Kieran verließ sie ungern, um einen Blick nach draußen zu werfen. Die kleine hai’r sah bereits anders aus – ai’Daileh hatte das Kommando übernommen.
Eine der Dienerinnen, die mit der kleinen Karawane gekommen war, wickelte ehrfürchtig die großen schwarzen Trommeln aus, die Rab’bat Rah’honim . Eine stand bereits aufrecht im Sand. Das polierte schwarze Holz saugte gierig das klare goldene Licht des Nachmittags in der Wüste auf und hüllte es in das Mysterium der kommenden Dunkelheit. Das glatte gegerbte Fell, das auf der Trommel gespannt war, war einst ein weißes ki’thar gewesen. Die Gefährtin der großen Trommel war noch zur Hälfte in Decken aus weicher Wolle und rotgoldener jin’saaz-Seide eingewickelt und diese war schwarz bespannt. Schwarze ki’thar’en waren noch seltener als weiße, dieses zweite Fell war ein Geschenk der Götter. Neben den Trommeln, beinahe so groß wie die sen’en’thari , die sie schlugen, stand eine graue Schwester. Ihre kleinen Hände wirkten zwergenhaft durch die beiden Trommelstöcke, die aus dem gleichen schwarzen Holz angefertigt waren wie die Trommeln.
Zwei weitere Graue waren anscheinend mit häuslichen Arbeiten um die drei schwarzen Zelte beschäftigt, die auf der anderen Seite von ai’Jihaars Teich aus dem Wüstenboden gewachsen waren. Eine dritte faltete im Eingang eines Zeltes ein großes Stück scharlachroter Seide zusammen, während sie sich mit jemandem im Zelt unterhielt.
Und ai’Daileh überwachte persönlich die Vorbereitung für einen schlichten Altar im Schatten der Palmen. Für die Zeremonie war es noch zu früh. Sie erklärte einer Gefährtin etwas, die Kieran aber nicht sehen konnte. Sie hatte die Arme erhoben, sodass die Ärmel des goldenen Gewandes zurückfielen und die bloßen Arme bis fast zum Ellenbogen enthüllten. Kieran hatte das Gefühl, dass es sich um eine Beschwörung handelte und zog sich schnell zurück.
»Ich glaube nicht, dass sie schon bereit sind«, sagte er, um auf ai’Jihaars Frage zu antworten. Die Augen der alten an’sen’thar waren fast geschlossen. »Aber sicher ist es bald soweit«, fügte er schnell hinzu. »Es sieht so aus, als sei ai’Daileh fast fertig. Die Trommeln sind noch ...«
Noch während er sprach, hallte ein tiefer lauter Ton durch die Oase. Kieran blickte hinaus. Die beiden Trommeln standen frei da, eine Dienerin lief mit den fein säuberlich gefalteten Decken aus Seide und Wolle davon, die als Reisehülle gedient hatten. Die beiden schwarzen Trommeln strahlten eine urtümliche Kraft aus. Das Gefühl wurde durch die beiden grauen Schwestern verstärkt, die dahinter standen, jede mit einem gewaltigen Trommelstock in der Hand. Die an der weißen Trommel hatte zuerst zugeschlagen. Jetzt, vor Kierans Augen, schlug die zweite ihren Stock auf das schwarze ki’thar-Fell. Die Trommel antwortete, ihr Ton war eine Nuance tiefer und dunkler als die andere. Wieder sauste der weiße Stock hernieder, dann der schwarze; der weiße, der schwarze ... der Rhythmus war beinahe unerträglich langsam ... einschläfernd ...
»Sie wird nicht vor der Abenddämmerung beginnen«, sagte ai’Jizaal und erinnerte Kieran daran, dass sie noch da war. »Rufe ai’Fatmah. Sie muss mir etwas Starkes brauen ... khaf , schwarz, süß und stark. Ich muss wach bleiben, bis die Zeremonie beginnt.«
Ihr zu gehorchen, bedeutete, das Zelt zu verlassen und hinauszugehen, wo alle diese Fremden ihn sehen konnten, vor deren Augen er bisher verborgen gewesen war. Kieran ließ sich keine Zeit nachzudenken. Er schob die Klappe beiseite und trat hinaus.
Sofort hefteten sich mindestens drei Augenpaare auf ihn. Vier. Er eilte zum Eingang des kleineren Zeltes, das ai’Jihaars Dienerin bewohnte. Dabei traf ihn wieder ein glühender Blick aus ai’Dailehs goldenen Augen, aufmerksam, abwägend. Kieran hielt ihm kurz stand, dann verneigte er sich so langsam vor ihr, wie es am Hofe des alten Roisinan jahrhundertelang Tradition gewesen war, ehe er ihr den Rücken zudrehte und in ai’Fatmahs Zelt verschwand. Er spürte, wie ihm als Reaktion der goldenen Priesterin ein Hauch von Erheiterung folgte. Die schwarzen Trommeln schlugen immer noch langsam aber eindringlich.
Die Stunden vergehen langsam, wenn man wartet. Die Minuten bis zum Einbruch der Nacht tropften quälend bedächtig dahin; jede hätte eine perfekte Kopie der Stunde sein können, von der sie ein Teil war, von einem Meister als Miniatur geschnitzt. Ai’Jihaar trank so viel khaf
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