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Die Rueckkehr der Phaetonen

Titel: Die Rueckkehr der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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der das Haus gestanden hatte, in dem er geboren und aufgewachsen war — und er glaubte, einer der gigantischen Bäume, die dort wuchsen, sei genau derjenige, der damals in seinem Hof wuchs. Den Ort, wo Irina vor ihrer Heirat gewohnt hatte, hatte er ebenfalls im grünen Dickicht gefunden. Wladilen hatte für Wolgin einen Parkplan besorgt, aber Dmitrij kam auch ohne diesen wunderbar in den Alleenlabyrinthen zurecht, die für ihn nach wie vor Straßen waren, durch die er in seinem ersten Leben so oft gegangen war. Fast auf jeder von diesen Alleen fand Wolgin etwas, das gut kannte - es gab viele Gebäude in Leningrad, die einen architektonischen oder historischen Wert besaßen, und sie alle standen nach wie vor da.
    Manchmal machte Wolgin auch lange Spazierflüge über die Newa und ihre zahlreichen Nebenflüsse. Der Aref konnte schnell und lautlos über das Wasser gleiten - nur das Plätschern von Wellen und lange Schaumstreifen, die von beiden Seiten seiner spitzen Nase weg liefen, erinnerten daran, dass das Fluggerät sich in ein Boot verwandelt hatte. Die Beherrschung der Flugsteuerung war irgendwie von allein und völlig unbemerkt gekommen - Wolgin musste nicht mehr darüber nachdenken, wie er den Aref in die nötige Richtung steuern sollte, weil das alles jetzt vollkommen automatisch geschah. Die empfindliche Maschine gehorchte sofort jedem Wunsch ihres Passagiers und setzte sofort auf der Erde oder auf dem Wasser auf, stieg immer sanft und leicht in die Luft und wechselte sofort die Geschwindigkeit und Flugrichtung, so als hätte der menschliche Wille nichts damit zu tun und sie würde selbst den Weg wählen. Mt einem Aref zu fliegen oder zu schwimmen war immer ein Genuss
    - es war so, als wuchsen einem plötzlich Flügel oder als verwandle man sich in einen Fisch. Die Maschine konnte sogar unter Wasser schwimmen - ihr hermetischer Rumpf ließ kein Wasser eindringen.
    All diese Tage herrschte wunderschönes Wetter und der Himmel war wolkenlos. Wolgin wusste genau, dass es nicht nach Wetterplan, sondern nur für ihn gemacht wurde. Der Wetterkalender hatte jetzt, wahrscheinlich zum ersten Mal nach sehr vielen Jahren, überhaupt nichts mehr zu sagen. Der Oktoberpark war immer voller Menschen. Man bemerkte Wolgin sofort, aber es sammelte sich keine Menschenmenge mehr um ihn, wie es an seinem ersten Tag in Leningrad gewesen war. Ob das eine Anordnung von jemandem war oder ob es eine Folge der für die Menschen der Neuen Ära gewöhnlichen Rücksichtnahme war, die nur einmal am Tag seiner Ankunft versagt hatte, wusste Wolgin nicht. Er sah, dass man ihn voller Neugier, aber keineswegs aufdringlich betrachtete. Viele lächelten ihm zu oder begrüßten ihn mit einer freundlichen Geste — und diese Achtung war ihm niemals unangenehm. Manchmal fragte er, wie er hierhin oder dorthin kommen könnte, und man antwortete ihm einfach und höflich, ohne sich anmerken zu lassen, dass der Fragende irgendwie ungewöhnlich war. Wolgin sah immer, dass die Menschen froh wären, wenn sie mit ihm sprechen könnten, aber bisher versuchte niemand, ihn in ein Gespräch zu verwickeln - man wartete auf die Initiative, die von ihm selbst käme. Dennoch konnte er sich einfach nicht dazu zwingen, mit jemandem zu sprechen. Die falsche Angst, sich in eine lächerliche Position zu stellen und diesen Menschen wie ein ungebildeter Wilder vorzukommen, wich nicht von ihm. Wolgin wusste nur zu gut, dass alle seine Befürchtungen unbegründet waren und dass niemand seine Unwissenheit je belächeln würde, weil diese einfach nur natürlich und verständlich war. Er verstand es und hatte dennoch vor irgendetwas Angst - und die Menschen um ihn herum schienen es sehr gut zu verstehen. Er entschloss sich jeden Tag aufs Neue, unbedingt jemanden kennen zu lernen, und kehrte jedes Mal nach Hause zurück, ohne diesen Entschluss in die Tat umgesetzt zu haben. Sogar mit Mary und Wladilen sprach er nicht über alles - nur in den seltenen Teleoffgesprächen mit Lucius konnte er sich alles von der Seele reden. Vor seinem »Vater« schämte er sich nie und sprach mit ihm frei über alles.
    Die Menschen um Wolgin bemerkten, dass sein Charakter sich langsam immer mehr verschlimmerte. Die Anzeichen einer Sehnsucht nach der Vergangenheit traten immer deutlicher hervor - und das sah Dmitrij auch selbst. Der Komfort im Haus ärgerte ihn immer mehr. Manchmal verspürte er den quälenden Wunsch, einen Wasserhahn am Waschbecken mit der Hand zu drehen oder selbst eine Tür zu

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