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Die Rueckkehr der Phaetonen

Titel: Die Rueckkehr der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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in der Wolginstraße ist frei«, sagte sie anschließend.
    »Wie war das?«, fragte Wolgin. »Die Wolginstraße? Wer war dieser Namensvetter von mir?«
    »Warum Namensvetter?« Mary grinste. »Das bist doch du selbst. Alle ehemaligen Helden der Sowjetunion haben Straßen, die ihre Namen tragen, und zwar jeder in seiner Heimatstadt. Es gibt die Straße ...«
    »Die Straßen«, unterbrach Wladilen, der bereits wusste, was Mary sagen wollte, »die die Namen der Wissenschaf der, Schriftsteller oder Maler aus deiner Zeit tragen.«
    »Wir vergessen keine Menschen, die es verdient haben«, fügte Mary hinzu, um ihr Missgeschick von vorhin zu verbessern. Wolgin wusste aber dennoch sofort, was die junge Frau sagen wollte. Hier, in Leningrad, gab es nicht nur die Wolginstraße, sondern auch die Wolginastraße. Irina war ebenfalls eine Heldin der Sowjetunion - und sie war ebenfalls in Leningrad geboren worden.
    Er lächelte traurig und verlegen: »Also wird sich Wolgin in der Wolginstraße niederlassen. Ist schon interessant... aber da ist noch so ein merkwürdiger Zufall. Die Hausnummer ist die gleiche wie mein Geburtsjahr.«
    »Neunzehnhundertvierzehn«, sagte Mary.
    Sie hatte es auch früher schon gewusst. Aber als Dmitrij, der vor ihr saß und in einen modernen Anzug gekleidet war, so dass er sich fast gar nicht von den anderen unterschied, es so einfach und natürlich gesagt hatte, zuckte sie plötzlich zusammen. Die genannte Zahl schien plötzlich überhaupt nicht mehr gewöhnlich, sie klang gar nicht mehr wie alle anderen Zahlen.
    Das Jahr 1914! Nicht der Neuen Ära - sondern der christlichen!
    Das war das Geburtsjahr dieses Menschen, den sie einfach so beim Namen nannte ... das Geburtsjahr ihres Bruders! Das Blut schoss ihr ins Gesicht, und sie drehte sich aufgeregt weg. Wladilen sagte: »Dann muss es doch umso angenehmer für dich sein, oder nicht?«
    »Ja, natürlich, ein angenehmer Zufall«, sagte Wolgin mit deutlicher Ironie in der Stimme. Selbstverständlich war das weder ein Zufall noch ein glücklicher Umstand. In dieser Stadt wusste man, dass Wolgin früher oder später hierher kommen würde, und dieses Haus war entweder schon seit langem frei oder erst vor kurzem geräumt worden, jetzt, wo er wirklich hier war. Solche »Zufälle« gab es nicht. Aber die Menschen, die es so geplant hatten, hatten Recht, und ihre große Aufmerksamkeit war angenehm für ihn. Noch angenehmer wäre es natürlich, sich in einer anderen Straße niederzulassen, die den Namen von Irina trug, aber ... >Das konnten sie nicht wissen«, dachte Wolgin.
    »Du willst dich jetzt also nicht mit Menschen treffen?«, fragte Mary.
    »Wenn es geht, verlegen wir das bitte auf morgen.«
    »Natürlich, wie du willst.«
    Der Aref landete im Garten neben einem kleinen einstöckigen Haus. Wolgin sah, dass auch auf dieser Straße viele Menschen waren — man war hierher gekommen, um ihn zu begrüßen. Etwas, das sich wie Gewissensbisse anfühlte, stach in sein Herz. Man wartete auf ihn und man wollte ihn sehen. Ob es so gut wäre, die Erwartungen dieser Menschen zu enttäuschen? Aber er war einfach nicht in der Lage, jetzt zu diesen Menschen zu gehen und mit ihnen zu sprechen. »Geh bitte zu ihnen«, bat er Wladilen, »und erkläre das für mich.«
    »Hab keine Angst. Sie werden es schon verstehen.«
    Nach der Sicherheit, mit der Wladilen den Aref genau zu diesem Haus gesteuert hatte, war Wolgin nun endgültig davon überzeugt, dass er Recht hatte. Das Haus wartete schon lange auf ihn, es war nur für ihn bestimmt und nicht gerade per Zufall frei geworden. Und Wladilen wusste auch ganz genau, wo sich dieses Haus befand. >Wenn es doch nur Irinas Straße wäre ...<, dachte Wolgin noch mal, als er aus dem Aref stieg.
    Das Haus selbst sah ziemlich eigenartig aus - es war nirgendwo ein Fenster zu sehen. Die riesige Veranda war genau wie in Muncius’ Haus von wilden Reben umflochten. Das Hausdach war flach. »Hat dieses Haus etwa künstliche Beleuchtung?«, fragte Wolgin.
    »Nein, warum denn?«, entgegnete Mary staunend. »Die Beleuchtung ist ganz gewöhnlich.«
    »Also ein Glasdach?«, glaubte Wolgin, das Rätsel gelöst zu haben.
    »Nein, ein ganz gewöhnliches. Das ist ein ganz normales Haus, wie hunderttausend andere.«
    Wolgin schwieg. Ein neues Rätsel, das sich aber diesmal in Kürze aufklären sollte und weswegen es sich nicht zu fragen lohnte.
    Das Haus war größer als das von Muncius - es hatte etwa zehn bis zwölf Zimmer. In dem ersten, das sich als

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