Die Rueckkehr der Phaetonen
von Pluto gestartet sind? Dort, auf der Erde, leben immer noch Menschen!«
Er lachte, und die junge Frau zuckte zusammen. Sie glaubte, in diesem leisen Lachen Tränen zu hören, die zurückgehaltenen Tränen eines erwachsenen Mannes, dessen Herz unerträglich wehtat. »Du kannst gehen«, sagte er schließlich ruhig. »Ich komme dich ablösen. Du hast Recht, dort auf der Erde leben nach wie vor Menschen. Es ist nur ... sie sind uns mit Sicherheit gar nicht mehr ähnlich. Und ich kann mir gar nicht vorstellen, in welcher Sprache wir uns mit ihnen unterhalten sollen.«
»Das ist jetzt aber wirklich zuviel«, sagte die Frau. »Es kann doch nicht sein, dass dort wirklich nichts von dem übrig geblieben ist, was wir kannten!«
Sie dachte zwar genauso wie er, wollte ihn aber dennoch beruhigen und ihn an etwas glauben lassen, woran sie selbst nicht mehr glaubte.
»Nach achtzehnhundert Jahren?« Wiktor zuckte die Schultern.
Sie sagte nichts mehr, stand auf und ging zur Tür. Er setzte sich an ihren Platz und schaltete den Bildschirm sofort ab.
Die junge Frau stieg in den Fahrstuhl. Während sie zu den unteren Schiffsabteilungen fahr, dachte sie an Wiktors letzte Worte. Eintausendachthundert Jahre! Ja, sie wusste es, dass die Menschheit auf der Erde während der acht Jahre, die sie sich auf dem Flug befanden, genau diese Zeitspanne durchlebt hatte. Achtzehn lange Jahrhunderte! Die Mathematik berichtete immer wieder in ihrer emotionslosen Sprache darüber - mehrere Prüfungen hatten diese unumstößliche
Tatsache belegt. Acht Jahre — und achtzehn Jahrhunderte! 8 und 1800! Man konnte nicht an den Rechnungen zweifeln, die mit Hilfe von Maschinen durchgeführt worden waren, die sich niemals irren konnten. Und dennoch war das menschliche Herz keine Maschine. Die junge Frau wollte so sehr die Erde sehen
- nicht die, von der Wiktor mit solcher Bitterkeit sprach, sondern die alte, die heimische - dass sie wirklich an den Berechnungen zweifeln wollte und es auch tat. Nicht etwa an den Zahlen, die von einer elektronischen Rechenmaschine ausgegeben worden waren, sondern daran, was als Grundlage für die Berechnung diente. Konnte es denn nicht so sein, dass die Menschen sich bei der Theorie geirrt haben? Auf der Erde war alles richtig gewesen - aber ob es das im Weltall auch war? Sie waren die ersten Menschen gewesen, die sich dem praktischen Versuch unterzogen hatten, welcher die Wirkung von Unterlichtgeschwindigkeiten endgültig klären sollte. Sie lebten unter Bedingungen, die es auf der Erde niemals gegeben hatte und auch nie geben würde - und zwar nicht nur auf der Erde, sondern auch auf den interplanetaren Verbindungswegen. Also, konnte es denn wirklich unmöglich sein, dass das, was im Sonnensystem als richtig galt, es in den Weiten der Galaxie nicht mehr war?
Die junge Frau war keine Mathematikerin, sondern eine Ärztin. Während des langen Vorbereitungstrainings hatte sie einen Kurs für Astronavigation und praktische Raketensteuerung absolviert. Sie hielt Wache am Steuerpult, zwar nur in den ruhigen Wegabschnitten, aber dennoch genauso wie alle anderen. Ihr Verstand aber besaß nicht die kalte Logik eines Mathematikers - und sie ließ als einzige auf dem Schiff eine eventuelle Fehlermöglichkeit zu, nicht etwa mit ihrem Verstand, sondern mit dem Herzen, welches nie auf die Ausführungen des Verstandes hören wollte. Es war irgendein geteiltes Gefühl — sie wusste alles und hoffte dennoch. Sie war überzeugt und zweifelte dennoch! »Es ist nichts mehr so wie damals, dort auf der Erde ist alles neu und unbekannt, es ist nichts mehr von dem Alten übrig geblieben«, sagte sie oft zu sich selbst, aber jedes Mal flüsterte irgendwo tief in ihrem Inneren dennoch eine zaghafte Stimme: »Und was, wenn doch?«
Wenn es sich herausgestellt hätte, dass sie nun umkehren und wieder in die Tiefen der Galaxis fliegen müssten, würde sie diese Nachricht mit Freude empfangen und sofort aufgehört haben, an die Erde zu denken - so groß war Angst, die sie vor dem Wiedersehen hatte. Sie hatte Angst, wenn sie wieder auf die Erdoberfläche treten würde, dass sie dann ihr gesamtes Interesse am Leben verliere. Sie war nun einunddreißig Jahre alt. >Oder achtzehnhunderteinunddreißig<, dachte sie manchmal.
Der Fahrstuhl hielt an. Als sie hinaus ging, stieß sie mit einem jungen Mann zusammen, den man auf etwa zwanzig Jahre hätte schätzen können. In Wirklichkeit war er neunundzwanzig und der Jüngste der Besatzung. »Frohlocke und
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