Die Rueckkehr der Phaetonen
habt die Ferngläser gebraucht, aber ihr hättet wohl kaum noch ein paar davon mitgenommen, oder? Eins reicht vollkommen -und darum geht es auch. Keiner nimmt sich zuviel von etwas.«
»Dann hat Wladilen vorgeschlagen, zu einem Optikwerk zu fliegen«, fuhr Xenia fort, offenbar konnte sie es kaum erwarten zu erzählen, was sie noch alles gesehen hatte. »Zu dem Werk, woher die Waren in dieses Lager kommen. Das Werk liegt etwa hundert Kilometer von Leningrad entfernt, mitten im Wald. Wir sind zu einem Platz gegangen, wo Hunderte von Arefs in allen Größen standen, und nahmen uns einen davon, ohne jemanden zu fragen - dort gab es auch niemanden, den wir fragen könnten. Wladilen sagte, diese Maschinen wären für einen genau solchen Fall gedacht. Der Flug dauerte etwa vier Minuten, nur weil wir nicht mit maximaler Geschwindigkeit geflogen sind. Das Werk sah von oben richtig merkwürdig aus - wie eine glatte Wasseroberfläche, so als wäre im Wald an dieser Stelle ein See. Es war einfach ein geschlossenes Glasdach, das den Himmel reflektierte. Und das Werk selbst war ganz flach, niedriger als die Bäume, die um es herum waren. Als wir gelandet sind, wurden wir von einem Ingenieur empfangen - wie hat er bloß von unserer Ankunft erfahren?«
»Offenbar hat Wladilen ihn über das Taschenteleoff gewarnt«, sagte Wolgin. »Übrigens, wo ist er denn?« Weil er seine ganze Aufmerksamkeit dem interessanten Gespräch widmete, hatte er erst jetzt bemerkt, dass seine alten Freunde nicht da waren.
»Er ist mit Mary ins Theater gegangen«, erwiderte Oserow. »Er wollte, dass wir auch mitkommen, aber wir wollten auf euch warten und waren außerdem schon müde.«
Das war das erste Mal, dass Mary und Wladilen ohne Wolgin aus dem Haus gegangen waren. Offenbar haben sie entschieden, wenn er nicht mehr allein war, könnten sie ebenfalls miteinander ausgehen. Sie hatten natürlich Recht -zuerst hatte Wolgin nicht einmal gesehen, dass sie nicht da waren.
»Sie sind ja auch noch jung«, bemerkte Kotow mit einem spitzbübischen Lächeln.
»Also, was habt ihr im Werk alles gesehen?«, fragte Wolgin, obwohl er genau wusste, wie die Antwort sein würde. Er hatte über moderne Werke genug gelesen und auch genug Filme gesehen.
»Gar nichts!«, antwortete Xenia, während um sie herum Gelächter ausbrach. »Ich kann immer noch nicht verstehen, warum Wladilen uns dorthin geschleppt hat. Man hat uns Maschinen gezeigt, aber sie sind von allen Seiten geschlossen, und innen drin kann man überhaupt nichts sehen. Die Werkstoffe werden ebenfalls im Werk aus der Erde gefördert, aber davon sieht man wiederum nichts. Alles ist automatisiert und die fertige Ware kommt bereits in Verpackung raus. Man schickt sie mit automatischen Arefs zum Lager, also mit Arefs, die ohne Piloten fliegen. In unseren alten Werken war es viel interessanter.«
»Arbeiten denn viele Menschen in diesem Werk?«
»Mehr als man annehmen sollte, aber dennoch sehr wenige. Ingenieure, Techniker, Einrichter, Ablaufüberwachung ... Kein einziger Arbeiter.«
»Arbeiter gibt es doch überhaupt keine mehr.«
»Genau das hat man uns auch gesagt. Den Arbeiterberuf, und zwar nur von höchstem Qualifikationsgrad, gibt es nur noch in den Werken, wo man Betriebsmaschinen herstellt, und bei der Leichtindustrie ist die Automatisierung komplett. Und überhaupt, was sind das schon für Arbeiter! Der Ingenieur, der uns im Werk herumgeführt hat, genauer gesagt, herumgefahren, da wir uns immer auf diesen Laufbändern bewegt haben - also, dieser Ingenieur hat gemeint, in seinem Werk hätte es bis vor kurzem auch Arbeiter gegeben. Was glaubt ihr, wen er gemeint hat — Dreher, Fräser, Maschinenführer? Schön wär’s! Er meinte die Zeichner, die im Projektbüro gearbeitet haben. Und zwar keine Kopierzeichner wie bei uns, sondern die, die wir als Ingenieure bezeichnen würden.«
»Der Begriff >Arbeiter< hat sich ziemlich verändert«, sagte Wolgin. »Die Erfahrung hatte ich schon. Derjenige, der nach unserer Vorstellung ein Ingenieur wäre, ist für sie ein einfacher Arbeiter, ein Mensch ohne erhöhte Qualifikationen. Die Ingenieursausbildung, wie wir sie hatten, wird jetzt von einem Fünfjahr-Lernbetrieb vermittelt. Das Niveau der Technik kann sich eben nicht mehr mit unserem messen.«
Kapitel 2
1
Und wieder Kosmograd!
Die bereits vertrauten Wolkenkratzergiganten, die rings um das Flugfeld standen und mit ihrer Größe und merkwürdigen Architektur verblüfften. Jetzt sah Wolgin sie mit
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