Die Rueckkehr der Templer - Roman
als in diesem fränkischen Schlangennest. Irgendwie würde er seinem geistigen Führer schon beibringen, dass er sie inzwischen zur Frau genommen hatte. Auch wenn er keine Gelegenheit gehabt hatte, seinen Großda’i um Zustimmung zu bitten.
Sein Großvater hatte als konservativer Muslim noch vier Frauen und etliche Konkubinen gehabt. Khaled reichte eine einzige Frau, und das nicht nur, weil es bei den Nizâri durchaus so üblich war, sondern weil er Lyn mehr als alles andere auf der Welt liebte.
Als er mit seinen Männern die Stadtmauer am Hauptquartier der Templer in östlicher Richtung passierte, richtete sich sein Blick auf den Turm neben al-Aqsa, in dem er Lyn und ihre Schwester vermutete.
André de Montbard hatte Lyn davon abgeraten, zum Abschied ihre Gemächer zu verlassen, damit sie Khaled ein letztes Mal zuwinken konnte. Er wollte kein unnötiges Aufsehen erregen. Khaled hatte sich vorher von Lyn verabschiedet, und nun war ihm, als ob sie dort oben am Fenster stand und ihm noch ein letztes Mal zulächelte. Unwillkürlich griff er sich an den Brustbeutel, den er unter seinem eisengepanzerten Lederharnisch trug.
Lyn stand am Fenster. Am liebsten wäre sie Khaled auf der Stelle gefolgt, als er mit seiner Truppe am Haupttor der Templer vorbeiritt. Das Gefühl, nichts für ihn und seine Leute tun zu können, brachte sie schier um den Verstand.
»Ich hätte ihn aufhalten müssen.« Ihr verzweifelter Blick glitt zu Rona, die sich abermals an einer neuen Programmierung des Timeservers versuchte. Bislang ohne Erfolg.
»Viel schlimmer ist«, erwiderte ihre Schwester, ohne aufzuschauen, »dass wir offensichtlich keine Alternativen haben, diesem Wahnsinn zu entkommen.«
|268| »Wenn Khaled diesen Krieg überlebt, gehe ich nicht zurück. Ich werde bei ihm bleiben. Wenn er es will.«
»Wenn alles exakt so abläuft, wie in den Dateien gespeichert«, murmelte Rona ungerührt, »sieht es nicht nur für Khaled und seine Leute schlecht aus, sondern auch für uns.«
Vor Khaleds Mannschaft ritt Berengar von Beirut mit seinen Männern, den schwarzweißen Baucent als Erkennungszeichen der Templer an einer aufgerichteten Lanze befestigt. Seit dem Erscheinen der Frauen und dem Vorfall an der Mauer hatte Berengar mit Khaled kein Wort mehr gewechselt. Vielleicht lag es daran, dass er Khaled das Vertrauen neidete, das André de Montbard ihm offensichtlich entgegenbrachte.
Als Seneschall nahm Bruder André nicht an der Schlacht teil, weil ja jemand die Geschäfte des Ordens regeln musste. Allerdings hatte er Khaled bei seiner Ehre versprochen, in der Zeit der Abwesenheit das Leben von Lyn und Rona zu hüten wie seinen eigenen Augapfel.
Nicht bei ihr sein zu können war schlimmer als alles andere. Khaled tätschelte Morgentau stellvertretend den Hals. Vor dem Abrücken nach Damaskus hatte er seinen treuen Hengst mit ausreichend Hafer und Wasser versorgt. Auch seine Kameraden hatte er angewiesen, die Verpflegung der Pferde nicht den königlichen Knappen zu überlassen, sondern selbst zu übernehmen, damit sie nicht vernachlässigt wurden. Die Rücken der mitgeführten Maultiere bogen sich unter Säcken von Hafer und Heu.
Auch die Sicherstellung ihrer eigenen Vorräte hatte er diesmal ernster genommen als bei anderen Feldzügen. Ihre Bestände an Fladenbrot, getrockneten Feigen und Trauben sowie Nüssen und Dörrfleisch waren auf seinen Befehl hin weitaus umfangreicher ausgefallen, als von den königlichen Proviantmeistern empfohlen. Darüber hinaus trugen sie die doppelte Ration Wasser in festverzurrten Holzkalebassen mit sich. Auch ohne Ronas düstere Prophezeiungen war nicht anzunehmen, dass die Heerführer während ihrer mehrtägigen Reise nach Damaskus genügend Wasserstellen vorfanden. Unübersehbar, wie die Masse an Tieren und Menschen war, würden feindliche Späher dafür sorgen, dass sämtliche Tümpel und Brunnen, auf welche die vorwiegend muslimische Landbevölkerung nicht zwingend angewiesen war, ungenießbar gemacht, wenn nicht gar vergiftet wurden.
|269| Schon alleine deshalb benötigten sie einen Vorrat an Medikamenten. Gegenmittel bei Vergiftungen und Durchfällen. Dazu ausreichend Verbandmaterial – selbst wenn Lyn ihm versprochen hatte, dass ihre seltsamen Kapseln fast jede Verletzung auf der Stelle heilen konnten.
Außerdem war es unmöglich, seinen Männern die magische Wirkung dieser Kapseln im Vorfeld zu erklären. Sie würden Fragen stellen, die er nicht beantworten konnte – oder ihn
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