Die Rueckkehr der Templer - Roman
noch einmal in die Augen zu schauen. Doch er hatte sich getäuscht, sie waren nicht so hell und klar wie Lyns Augen, sondern beinahe schwarz, und statt Zuneigung loderte Verachtung in ihnen.
|277| Als Khaled oben auf dem Dach stand, hörte er ihren markerschütternden Warnschrei und wusste, dass sie keine Zeit verlieren durften, den herannahenden Damaszenern zu entkommen.
Zum Glück hatte sich bereits die Nacht über die Oase gesenkt. Auf der Flucht würde die Dunkelheit ihr Verbündeter sein. Khaled suchte Djamal aus, um Balduin die schlechte Nachricht zu überbringen, dass ein Angriff über die Gärten zu riskant sein würde. Der Junge bewegte sich wie eine Schlange und würde allein viel schneller zu den Truppen gelangen.
Während Khaled und seine Brüder die Mauern entlanghasteten, hagelte es weiterhin Brandpfeile, die ihre Gegner systematisch nach Gehör abschossen. Khaled hatte sein Schwert eingesteckt und seinen Schild auf den Rücken gebunden, um dem dauernden Beschuss von oben zu entgehen. Beim Sprung über einen mit Wasser gefüllten Kanal erwischte es Azim. Ein Pfeil durchbohrte von vorn seine Brust. Röchelnd stürzte er zu Boden. Mahmud war gleich bei ihm, doch auch er wurde getroffen.
Eine Fackel war zu Boden gefallen, und Khaled nahm sie auf, bevor sie verglühen konnte. Am Boden hockend untersuchte er die Verwundungen seiner Kameraden. Mahmud biss die Zähne zusammen, der Pfeil hatte ihn oberhalb der Hüfte getroffen und sich in sein Gedärm vorgeschoben.
Er übergab sich vor Schmerz, und Khaled suchte verzweifelt nach einem Ort, wo er sich mit den beiden verstecken konnte. Im spärlichen Lichtkegel der Fackel ließ sich eine Hütte erahnen, die ihnen wenigstens Zuflucht vor weiteren Pfeilen bieten konnte. Er half Azim, auf die Beine zu kommen, und ermunterte Mahmud, die wenigen Schritte noch auszuhalten. Von den anderen Kameraden war unterdessen nichts mehr zu sehen. Khaled stieß ein stummes Gebet aus, in der Hoffnung, dass sie unversehrt zu den Pferden gelangt waren.
Erleichtert stellte Khaled fest, dass die Tür der Hüte sich öffnen ließ, und schob Mahmud und Azim hinein. Im Innern roch es nach gegorenen Früchten und abgestandenem Wein. Khaled verbarrikadierte die Tür mit einem Obstkarren und ein paar Leitern.
»Lass mich mal sehen«, forderte er Azim auf und beleuchtete mit seiner Fackel die Stelle, wo der Pfeil noch im Fleisch steckte.
»Ich werde sterben«, stieß Azim keuchend hervor. »Da gibt es nichts mehr zu retten.«
|278| Mahmud hockte neben ihm am Boden und übergab sich mit einem tierisch anmutenden Laut.
»Vertrau mir«, sagte Khaled und schnitt mit einer Hand die Riemen entzwei, die den Harnisch seines Adjutanten an den Seiten zusammenhielten. Der Pfeil hatte sich auf Höhe der rechten Brust durch die Lunge gebohrt. Azim spuckte bei jedem Atemzug Blut. Khaled legte die Fackel so ab, dass sie nicht ausbrennen konnte. Dann packte er das Ende des Pfeils und stieß den hölzernen Zain mit aller Wucht in Azim hinein, nach hinten durch die Rippen und unter dem Schulterblatt hindurch, so dass die Spitze am Rücken hinausragte. Azim riss vor Panik die Augen auf und stieß einen markerschütternden Schrei aus, der ihn das letzte Quäntchen Atem kostete. Röchelnd versuchte er zurückzuweichen, doch Khaled ließ sich nicht beirren und brach den hölzernen Zain oberhalb der blattförmigen Klinge so geschickt ab, dass er den restlichen Pfeil anschließend mit einem Ruck hinausziehen konnte.
Wie tot lag Azim auf dem Rücken und starrte mit vor Panik aufgerissenen Augen zum Dach.
Mahmud, dem vor Schmerz und Übelkeit der Schweiß aus allen Poren rann, sah entsetzt zu, wie Khaled sich scheinbar ungerührt an seinem Brustbeutel zu schaffen machte.
»Du hast ihn umgebracht«, stieß er voller Entsetzen hervor.
»Wart’s ab«, sagte Khaled und schob Azim eine der Kapseln unter die Zunge, die Lyn ihm gegeben hatte, und zerquetschte sie mit den Fingern. Dann hielt er dem immer noch leise röchelnden Kameraden den Mund zu.
Bange Momente vergingen, bis Khaled sah, wie Azim die Augen bewegte und erstaunt um sich blickte. Sein Atem setzte ruckartig ein und ging ruhig und regelmäßig.
Mahmud schaute ungläubig auf die schartenartige Wunde in der Brust, die sich rasch zu schließen begann. »Bei Allah«, murmelte er.
»Komm her!«, befahl Khaled ihm knapp. »Jetzt zu dir.«
»Was hast du vor?« Mahmud schrak ängstlich zurück, während Azim sich ungläubig aufrichtete.
Khaled hielt
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