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Die Rueckkehr der Templer - Roman

Die Rueckkehr der Templer - Roman

Titel: Die Rueckkehr der Templer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Andr
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durchgeblutet und lockten ganze Heerscharen von Fliegen an. Lyn lenkte den Blick demonstrativ auf ihren Rucksack, den sie über ihrer linken Schulter trug. Neben dem Timeserver befand sich darin die Erste-Hilfe-Ausrüstung, auf die Lion bestanden hatte – entgegen seiner sonstigen Anweisung, so wenige Gegenstände wie möglich mit in die Vergangenheit zu nehmen. Das unscheinbare Päckchen enthielt verschiedene psychogene Drogen, die Lernprozesse beschleunigten, Erinnerungen rekonstruieren oder emotionale Reaktionen dämpfen oder aufputschen konnten, sowie eine spezialgesicherte Titanbox voller Nanokapseln, die durch orale Einnahme in Sekunden Gewebeschäden zu regenerieren und große Wunden zu schließen vermochten.
    Rona schüttelte den Kopf. »Besser mischst du dich nicht ein«, flüsterte sie. »Es sei denn, du willst noch mehr Verwirrung stiften.« Während sie Lyns Rucksack betrachtete, beschäftigten sie ganz andere Gedanken. Falls es ihnen nicht gelingen sollte, mit Lion in Kontakt zu treten, um weitere Anweisungen entgegenzunehmen, würde sie den Timeserver erneut aktivieren, um noch tiefer in die Vergangenheit einzudringen und wie beabsichtigt ins Jahr 1119 zu gelangen. Dass Lion sie dann vielleicht nicht mehr orten konnte, um sie zurückzuholen, würden sie in einem solchen Fall in Kauf nehmen müssen. Doch zunächst galt es, abzuwarten, welche Möglichkeiten sich ihnen in Jerusalem boten. Und solange sie permanent unter der Bewachung ihres neuen Anführers standen, durften sie einen solchen Versuch ohnehin nicht wagen, weil es zu viele ungebetene Zeugen geben würde, falls die Sache schiefgehen sollte.
    |71| Bis auf weiteres mussten sie sich vor Khaled und seinen Leuten in Acht nehmen. Der Respekt, den er ihrem Fusionslaser entgegenbrachte, war ihm zwar immer noch anzumerken, trauen konnte man ihm deshalb noch lange nicht.
    »Sammelt euch!«, befahl der Araber seinen fünf weißgewandeten Kameraden, die auf ihren Pferden die Aufräumarbeiten begleitet hatten. Anschließend rief er die verbliebenen, schwer bewaffneten Templer auf ihren Pferden zur Ordnung. »Rechts und links Aufstellung nehmen!« Sein Befehl wurde unverzüglich ausgeführt. »Wir marschieren zurück in die Stadt.«
    Lyn beobachtete stumm, dass alle ohne Widerspruch Khaleds Anweisungen folgten. Bis auf eine Frau mittleren Alters, die ganz in ihrer Nähe am Boden saß und sich gegenüber einem der Templer krampfhaft weigerte, den Jungen loszulassen, den sie im Arm hielt, als wäre er eine übergroße Puppe. Er war kein kleines Kind mehr, vielleicht neun oder zehn Jahre alt. Lyn musste an Mako denken, als sie im Vorbeigehen die bernsteinfarbenen, halb geöffneten Augen und sein lockiges, schwarzes Haar betrachtete, das ihm schweißnass bis auf die mageren Schultern fiel.
    Ein Pfeil hatte seine Kehle durchbohrt. Die herzförmig, scharf zulaufende Stahlspitze ragte seitlich aus dem dünnen Hals des Jungen. Anscheinend hatte es niemand gewagt, sie abzubrechen und den hölzernen Schaft herauszuziehen, aus Angst, die drohende Blutung nicht stoppen zu können.
    »Er wird sterben, Madame«, sagte der Templer leise. »Ihm ist nicht mehr zu helfen.«
    Die Frau schaute hasserfüllt auf. Ihr langes, lockiges Haar flutete wirr über ihre Schultern. Sie hatte ihr Kopftuch benutzt, um die Wunde rund um den Pfeil so gut es ging abzudecken. »Wollt Ihr so grausam sein und ihn einfach sich selbst überlassen?«
    Die Frau schaute in wilder Entschlossenheit zu dem Templer auf, bereit, mit ihrem Kind in der Wüste zurückzubleiben, auch wenn es ihren eigenen Tod bedeutete.
    Der Junge röchelte schwach. Blutiger, verkrusteter Schaum stand auf seinen Lippen. »Ich kann nicht mit euch gehen«, jammerte die Frau. »Er ist mein einziger Sohn. Wenn er sterben muss, will ich auch nicht mehr sein.«
    |72| Beim Anblick des Jungen vergaß Lyn alle Ermahnungen, die Rona ihr zugeflüstert hatte. Mit ein paar gemurmelten, arabischen Worten schob sie den Templer beiseite, der erstaunlicherweise keinerlei Widerstand leistete. Im Gegenteil – ein Hoffnungsschimmer durchfuhr seine zuvor versteinerte Miene, vielleicht dachte er, dass Lyn mit weiblichem Einfühlungsvermögen die Frau davon überzeugen konnte, dem Elend ein Ende zu bereiten.
    Lyn kniete nieder und streichelte den Arm der Frau, die in ihrer Panik immer noch stark zitterte. Danach nahm sie den Rucksack von der Schulter, stellte ihn in den Staub und machte sich darin zu schaffen.
    »Lyn, was zur Hölle tust du da?«

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