Die Rueckkehr der Templer - Roman
wirkten seine Gesichtszüge verkrampft, und die Steilfalte zwischen seinen buschigen Brauen erschien Hannah noch tiefer als sonst. Misstrauen gehörte zu den wichtigsten Eigenschaften des Generals, und in Hannah mit ihrem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn sah er ohnehin eine erklärte Feindin.
Auf Zehenspitzen näherte sich Hannah den Zuschauerrängen, die für interne Führungskräfte vorgesehen waren, und spähte vorsichtig hinter einem Pfeiler hervor. Beide Männer schienen von ihrer Gegenwart nichts zu ahnen, als sie ihnen einen raschen Blick vorbei an einer beigefarbenen Abtrennung zuwarf. Toms schlanke, hochgewachsene Gestalt, lässig in einen Businessanzug gekleidet, stand in krassem Unterschied zum hochdekorierten General, dessen physische Präsenz eher einem alternden Wrestlingkämpfer ähnelte.
Durch einen Spalt sah sie Lafour, wie er mit seinen dunkel behaarten Händen wild gestikulierte, als ob er sich gegen einen imaginären Gegner verteidigen müsste. Dabei gefiel ihr ganz und gar nicht, mit welch verächtlichem Gesichtsausdruck er gelegentlich die kämpfenden Männer unten in der Halle beobachtete.
|117| Mit dem Rücken flach an die Säule gedrückt, versuchte Hannah zu verstehen, war er sagte.
»Sie sind Tiere«, bemerkte der General in Toms Richtung. »Gewalttätige Tiere. Schauen Sie sich die verbissene Miene des Flamen an! Er wurde aufs Töten abgerichtet, wie ein Kampfhund. Mann gegen Mann. Er würde Tanner, ohne mit der Wimper zu zucken, einen Kopf kürzer machen, wenn man ihn ließe.«
»Ihre Ledernacken sind auch nicht gerade Unschuldslämmer«, erwiderte Tom und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich sehe da keinen großen Unterschied.«
»Ich schon«, entgegnete Lafour mit einem ironischen Grinsen. »Die Männer dort unten sind tief religiös. Sie glauben, dass ihnen der Himmel offensteht, wenn sie einen Ungläubigen töten. Ich wette mit Ihnen, dass sie keine Gnade kennen, wenn es darum geht, ihren Glauben zu verteidigen. Für diese Männer ist der Krieg erst gewonnen, wenn kein einziger Moslem mehr am Leben ist. Sie sind geborene Fanatiker, die allein ein Ziel haben – die absolute Verbreitung christlichen Glaubens, genau das, woran es unseren Soldaten im Irak und in Afghanistan fehlt.«
Tom ließ die Arme sinken, als ob er vor so viel Schwachsinn kapitulieren müsste, dabei schüttelte er verständnislos seinen braunen Lockenkopf, erwiderte aber nichts. Hannah wäre ihm dafür am liebsten an die Gurgel gesprungen. Feigling, dachte sie wütend. In den vergangenen Monaten hatte sie wieder und wieder versucht, Tom davon zu überzeugen, dass Gero und seine Ritterbrüder kultivierter waren als so mancher Mensch aus der heutigen Zeit und dass man sie sehr wohl auf die moderne Zivilisation loslassen konnte. Professor Hertzberg hatte ihre Meinung dabei in allen Punkten unterstützt. Leider erfolglos. Lafours Aussage zeigte eindeutig, wie sehr es ihm und seinen amerikanischen Auftraggebern an Respekt gegenüber den Zeitreisenden mangelte. Hannahs Wut auf den General steigerte sich so sehr, dass sie ihm am liebsten die Pistole vom Gürtel gerissen hätte, um seine von Orden geschmückte Brust zu zerfetzen.
Lafour und seine Verbündeten hatten nicht die geringste Ahnung von Geros Achtung vor Gott und dem Leben, hatte sie Hertzberg gegenüber immer wieder beteuert. Aus den vielen nächtlichen Gesprächen, die sie manchmal mit Gero führte, wusste sie, wie tiefgreifend |118| die Schuldgefühle waren, die ihn und seine Brüder quälten, wenn sie im Kampf einem Menschen das Leben genommen hatten.
»Wenn du den Tod eines Menschen verschuldest, macht das etwas mit dir«, hatte Gero ihr zu erklären versucht. »Du kannst das Gesicht des Sterbenden nicht mehr vergessen. Selbst wenn es aus Notwehr geschieht und du dich deiner christlichen Mission verpflichtet fühlst. Es ist, als ob deine Seele einen Pakt mit den Seelen der Toten eingeht, die sie für immer miteinander verbindet. Ihre Bilder erscheinen dir in der Nacht und klagen dich an. Du fühlst dich deiner Schuld regelrecht ausgeliefert und kannst nichts dagegen tun.« Danach hatte er sie nachdenklich angesehen. »Warum wohl«, gab Gero gelegentlich zu bedenken, »ist Abbitte in einer Kirche oder Kapelle zu leisten nach dem Atmen die zweithäufigste Tätigkeit eines Templers?«
»Denken Sie nicht, Sie sehen das etwas zu krass?«, wandte Tom ein, als ob er Hannahs Gedanken gespürt hätte.
Lafours Miene blieb unnachgiebig. »Schauen Sie
Weitere Kostenlose Bücher