Die Rueckkehr der Templer - Roman
hoffnungsvoll auf. »Es sei denn, du kannst nicht nur heilen, sondern auch Tote zum Leben erwecken?«
Lyn kniff die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. Rona meldete sich unvermittelt aus dem Hintergrund. »Denkst du nicht, wenn wir das könnten, hätten wir unseren Bruder gerettet?«
Khaled erhob sich langsam neben der Leiche und schaute betreten auf Lyn und ihre Schwester herab. »Tut mir leid«, sagte er leise.
Trittsicher begannen die beiden Frauen wenig später den Aufstieg und hangelten sich im silbernen Mondlicht die steile Mauer hinauf. Dabei legten sie eine Geschicklichkeit an den Tag, die derjenigen von Khaled in nichts nachstand. Wenn er ehrlich war, hatte er sogar Mühe, ihnen in ihrem Tempo zu folgen.
Einmal noch blickte er hinab zu jener Stelle, wo sie die drei Leichen hinter einen Mauervorsprung geschafft hatten, der zu einem Erkerhaus gehörte. Er würde Bruder André bitten, die Toten fortschaffen zu lassen, bevor Kinder sie entdecken konnten oder sie in der Hitze zu stinken begannen.
Ein Blick nach oben versicherte ihm, dass zumindest Rona die Zinnen bereits erreicht hatte und sich an der Brüstung hochzog. Lyn war dicht hinter ihr, und Khaled verdoppelte seine Anstrengungen, um zu den Schwestern aufzuschließen, weil hinter den Mauern mit patrouillierenden Templern zu rechnen war, denen er zuvorkommen wollte.
Er gelangte noch vor Lyn zum Abschluss der Mauer und schwang sich behände hinüber. Galant streckte er ihr die Hand entgegen, um ihr das |174| letzte Stück hinaufzuhelfen, obwohl es einer solchen Geste gar nicht bedurft hätte. Sie aber nahm sein Angebot dankbar an, während er rittlings auf der Mauer hockte. Hand in Hand sprangen sie zwei Meter hinab.
Unten angekommen, wurden sie von aggressivem Hundegebell begrüßt. Lyn kannte dieses Geräusch. Lion hielt sich im Hauptquartier auch ein paar illegale Bestien, um das Gelände zu sichern. Ihm waren sie zuverlässiger als elektronische Detektoren erschienen, die von außen manipuliert werden konnten. Leider konnte man die Tiere nicht anfassen, geschweige denn streicheln, weil sie so bissig waren. Khaleds Warnungen zufolge schien es mit diesen Hunden nicht anders zu sein.
Mit einem raschen Blick in die Ferne vergewisserte sich Khaled, dass die Bestien nicht frei herumliefen und die drei großen Zypressen am Friedhofseingang sie vor den Blicken möglicher Wachen schützten.
Rona warf ihm einen kritischen Blick zu, als er immer noch Lyns Hand hielt. Für einen Moment lächelte er seine Begleiterin an. »Jetzt müssen wir es nur noch schaffen, Bruder André zu finden, aber das ist keine Kunst, ich weiß, wo sich seine Klause befindet.« Abwechselnd schaute er die beiden Schwestern an und nickte schließlich in Richtung eines parkähnlichen Geländes. »Ihr beiden bleibt hier zurück und versteckt euch hinter den Kreuzen und Steinsarkophagen, bis ich Bruder André in Kenntnis gesetzt habe. Der Friedhof erscheint mir einigermaßen sicher, damit man euch in der Zwischenzeit nicht entdeckt.«
Rona setzte eine missmutige Miene auf. Sie schien seine Entscheidung nicht unbedingt zu begrüßen, doch auch sie musste einsehen, dass manchmal durchaus ein wenig Geduld angebracht war, um ein Ziel zu erreichen.
Khaled drückte Lyns Hand und zwinkerte ihr aufmunternd zu, dann verschwand er lautlos in der Dunkelheit.
Lyn schaute Khaled nachdenklich hinterher. Im Mondlicht erhaschte sie zwischen den Bäumen einen Blick auf die übrige Plattform und konnte sich davon überzeugen, dass Khaled in seinen Beschreibungen von diesem Ort nicht übertrieben hatte. Im Abstand von hundert Metern erhoben sich unzählige kleinere und größere Gebäude mit schimmernden Kuppeln, dazwischen befanden sich Treppen, Pforten und Arkaden, die zum Teil von hohen Zypressen verdeckt wurden. Danach streifte ihr Blick nach rechts über gut zwanzig Gräber, mal prächtig |175| mit kunstvoll gearbeiteten Steinsärgen aus Marmor, mal einfach mit simplen Holzkreuzen versehen, die im Mondlicht ihre Schatten warfen. Der Platz ringsumher war gepflegt, die Wege zwischen den Gräbern waren mit Kies ausgelegt. Hier und da hatte man kleinblättrige Bäume gepflanzt und zu kunstvollen Pyramiden oder Kugeln beschnitten.
Am Ende des Feldes, dicht an der Mauer, stach eines der Holzkreuze besonders heraus. Die in Holz geschnitzten Lettern hatte man mit schimmerndem Blattgold ausgelegt. Lyn ging ein Stück näher heran und las die erste Zeile der Inschrift:
»NON NOBIS
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