Die Rückkehr Des Bösen
zuschlug. Er lehnte sich über das Geländer, und es war ihm, als hätte er hinter der schweren Holztür lauten Streit gehört. Das hatte ihm für einen Moment gut getan.
Erst Wochen später war ihm bewusst geworden, dass Monsignore O’Sullivan ihn von diesem Tag an nicht mehr zu sich rief. Zuerst hatte sich Gibson erleichtert gefühlt, als er kapierte, dass Schwester Kate wohl auf den Putz gehauen hatte. Aber dann hatte er sich geschämt, dass sie womöglich Bescheid wusste. Sie hatte es sich allerdings nie anmerken lassen und ihn nicht anders behandelt als zuvor. Gibson dachte nicht gern an die Sache zurück, aber dieser Bruder Sebastian, der hatte ihm eine Heidenangst eingejagt. Bei dem schlotterten ihm die Knie wie früher bei Monsignore O’Sullivan.
Im Telefonbuch war keine Kate Rosetti aufgelistet. Also schlug Gibson unter dem Buchstaben H nach und ging die Hamiltons nach einem durch, der drei oder vier Straßen weiter wohnte. Und richtig, da war eine Christine Hamilton in der Cass Street, gar nicht so weit von hier entfernt. Das musste Timmys Mom sein. Er merkte sich die Nummer. Ob es wohl zu spät war für einen Anruf? Würde Timmys Mutter stinkig werden und den Kleinen vielleicht gar nicht mehr an den Apparat lassen?
Unter dem Tisch klaubte Gibson sein Geldbündel aus der Tasche, zog genügend Scheine heraus, dass es für die Rechnung reichte, Trinkgeld inklusive, und schob sie mit dem Bon halb unter die Ketchupflasche, so wie er es von seinem Dad in Erinnerung hatte. Dann warf er sich den Rucksack über, hockte sich wieder in die dunkle Telefonnische und wählte Timmys Nummer. Er hoffte und betete zugleich, dass sein Freund rangehen werde.
Von wegen! Eine Frauenstimme meldete sich.
„Hallo?“
„Ah ... ist Timmy da?“
Sie antwortete nicht gleich, und Gibson merkte, wie ihm der Cheeseburger unangenehm aufstieß.
„Es ist schon reichlich spät. Darf ich ihm sagen, wer da spricht?“
„Klar, Gibson ... Gibson McCutty. Sein Kumpel aus dem Schnupperkurs.“
„Augenblick, Gibson.“ Er hörte, wie die Frau seinen Namen in den Raum rief.
Es dauerte nicht lange, bis der Kleine am Telefon war. „Hey, Gibson! Wo hast du denn gesteckt heute Nachmittag?“
„Tut mir Leid, aber da war plötzlich dieser Typ mit der Hakennase, der aussieht wie Darth Vader. Erzähl ich dir später. Im Augenblick hab ich ein Problem. Meinst du, du könntest deine Mom fragen, ob ich bei euch übernachten darf?“
„Warte mal eben.“ Er konnte hören, wie Timmy brüllte: „Mom! Darf Gibson hier schlafen?“
Die Antwort bekam Gibson nicht mit, und es schien ihm eine Ewigkeit zu dauern, bis Timmy sie ihm endlich weitergab.
„Geht in Ordnung, meint sie, aber wenn du herkommst, muss sie deine Mom anrufen und ihr sagen, dass du hier bist. Wo steckst du denn gerade?“
„Ich bin hier in Goldbergs Grillbar, nicht weit weg.
„ Warte mal.“Gibsonhörte, wie sein Freund mit seiner Mutter sprach, konnte aber kein Wort verstehen. Menschenskinder! Die überlegte sich das doch wohl nicht auf die letzte Minute noch anders? Verdammt, wohin dann?
„Ey, Gibson? Meine Mom lässt fragen, ob du genügend Geld dabei hast. Dann könntest du nämlich ein paar Portionen frittierte Käsebällchen und Zwiebelringe mitbringen. Die Kohle gibt sie dir wieder, wenn du hier bist.“
Gibson konnte sich den Seufzer der Erleichterung kaum verkneifen. „Geht klar!“
67. KAPITEL
Washington, D. C.
Es war fast Mitternacht, als er endlich wieder zu Hause war. Gott sei Dank war sein Flieger pünktlich gewesen und auch die Taxifahrt vom Flughafen zurück reibungslos verlaufen. Nur das bohrende Hämmern in seinen Schläfen, das hatte kein bisschen nachgelassen. Jeder Muskel seines Körpers schien vor Schmerzen aufzuschreien, und er konnte seine Erschöpfung bis in die äußersten Nervenspitzen spüren.
Er schaltete den Fernseher ein und zappte sich, während er seinen Rechner hochfuhr, durch sämtliche Kanäle. Als er keine Nachrichten aus Boston fand, streifte er sich sein schweißdurchtränktes Polohemd über den Kopf und schleuderte es von sich. Es ärgerte ihn noch immer, dass er das Baseballshirt der Boston Red Sox und seine alten Joggingschuhe hatte wegwerfen müssen. Nur gut, dass er Klamotten zum Wechseln mitgenommen hatte! Dafür hätte er fast nicht genügend Plastiksäcke für die ganze Schweinerei dabei gehabt. Diesmal war er ganz schön abgenippt und so in Raserei geraten, dass er erst nicht bemerkt hatte, wie das Blut durch die
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