Die Rückkehr Des Bösen
herbitten und der auf den Zahn fühlen. Vielleicht weiß sie ja was, das uns hilft.“
42. KAPITEL
Omaha, Nebraska
Gibson versuchte sich zu erinnern, wann er das letzte Mal jemanden zu sich nach Hause eingeladen hatte. Als sein Dad lebte, ja, da waren häufig Freunde zu Besuch gewesen. Alle seine Kumpels hatten seinen Vater gemocht, und manchmal hatte er sich sogar gefragt, ob sie nicht nur zu ihm kamen, weil er einen so coolen Dad hatte. Aber dieser Kleine jetzt, dieser Timmy Hamilton, der war anders.
Sie hatten bereits herausgefunden, dass Gibson einen Monat vor Timmys fünfzehntem Geburtstag sechzehn werden würde. Insofern war Gibson über ein Jahr älter als Timmy, weswegen er sich auch erlaubte, ihn „Kleiner“ zu nennen. Timmy störte das offensichtlich nicht weiter. Ganz im Gegenteil, er schien völlig fasziniert von Gibson zu sein und davon, was der alles wusste. Er schien echt Gibsons Freund sein zu wollen. Kein einfaches Unterfangen, denn Gibson wusste selbst, dass er es anderen nicht leicht machte. Verglichen mit den übrigen Jugendlichen war er ein komischer Vogel. Aus den meisten Dingen, für die sich seine Mitschüler begeisterten, machte er sich nichts. Stattdessen spielte er wahnsinnig gerne Schach, und seine Lieblingsband waren die „Stray Cats“, ein Trio, das Rock’n’Roll im Stil der Fünfziger jähre spielte. Außerdem sammelte er alte Flaschen mit Schnappverschluss und besaß alle Folgen von „Akte X“ auf DVD. Sein Haar war länger, als es der aktuellen Mode entsprach, und ständig trug er seine Baseballcap, sogar während des Unterrichts, es sei denn, die Lehrer forderten ihn auf, sie abzunehmen.
Nur im Geschichtsunterricht verzichtete er freiwillig auf seine Kappe, denn er wollte Schwester Kate keinen Anlass geben, ihn zu rügen.
Nach dem Tod seines Dad war Schwester Kate die Einzige gewesen, die ihn einfach ganz normal behandelt hatte. Sie hatte Gibson sogar um Hilfe gebeten und ihn gefragt, ob er vielleicht einige Tage pro Woche nach dem Unterricht noch kommen könne, um ihre Sammlung zu katalogisieren, und zwar mittels eines Computerprogramms, das sie eigens zu diesem Zweck entwickelt hatte. In diesen ersten Wochen hatte er seinen Dad zwar am schlimmsten vermisst, gleichzeitig aber die Nachmittage bei Schwester Kate wirklich genossen. Sie hatten sich über Gott und die Welt unterhalten, und oft hatte sie Gibson sogar zum Lachen gebracht. Aber dann war Sense mit dem Projekt. Und in der Woche darauf hatte das mit Monsignore O’Sullivan angefangen, dass der ihn in sein Dienstzimmer bestellte. Gibson hatte es seitdem vermieden, mehr Zeit in der Schule zu verbringen als unbedingt nötig, und das war auch der Grund dafür gewesen, dass er seiner Mom gesagt hatte, er habe keinen Bock, sich den Sommer durch die Teilnahme an dem Schnupperkurs verderben zu lassen. Mit Schwester Kate hingegen war er gern zusammen. Und da der Monsignore ja nun nicht mehr da war ... na ja, da konnte einiges ja möglicherweise wieder Spaß machen. Er hatte sich sogar vorgenommen, sich eine eigene Sammlung alter Stücke anzulegen.
Vorhin, in der Schule, hatte er Timmy von dem Medaillon erzählt, das er bei Ebay erstanden hatte. Jetzt wollte er es ihm unbedingt zeigen. Nach wie vor bewahrte er es in der kleinen Schachtel auf, in der es angekommen war, sogar jetzt noch, nachdem er das Stück sorgfältig poliert hatte. Den ganzen Samstagnachmittag lang hatte er mit Metallpolitur die schwarz verkrusteten Rillen gereinigt – mit Ohrenstäbchen, ganz vorsichtig, damit er bloß keine Kratzer hinterließ.
„Hier, mit der Lupe kann man das Datum lesen“, erklärte er Timmy, wobei er ihm das Vergrößerungsglas in die Hand drückte und das Medaillon ins Sonnenlicht hielt, das durch das Fenster in sein Zimmer fiel. „Ganz unten.“
„1096? Mann, das ist aber alt! War das teuer?“
„Och, nö. Ich glaube, der Typ, der’s verkauft hat, wusste gar nicht, was das ist.“ Geflissentlich verschwieg Gibson, dass er schon seine Zweifel hatte, ob das Ding auch tatsächlich echt war. Egal, Timmy konnte das ohnehin nicht beurteilen. Noch einmal wies Gibson auf die Gravur und fuhr mit dem Finger über die Oberseite des Medaillons. „Das hier ist Latein. Irgendwas von Mut und Ehre. Von diesen Dingern wurden nur wenige vergeben. Von Papst Urban II. Ich hab ein Bild davon im Internet gefunden, auf ‘ner Website über die Kreuzzüge. Er gilt als der Papst, der zum Ersten Kreuzzug aufrief.“
„Stimmt. Ich
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