Die Rückkehr des Drachen
Sünde haben wir begangen?«
»Sünde? Wovon sprecht Ihr? Warum Rand auch gegangen sein mag, es hat jedenfalls nichts damit zu tun, was Ihr getan oder nicht getan habt.« Masema schien mit der Antwort nicht zufrieden. Er ließ Perrins Ärmel nicht los und betrachtete statt dessen sein Gesicht, als fände er dort eine Antwort. Eiskaltes Wasser begann in Perrins linken Stiefel zu sickern. »Masema«, sagte er geduldig, »was der Drache auch tat, es gehörte zu seinem Plan. Der Drache würde uns nie im Stich lassen.« Oder doch? Wenn ich an seiner Stelle wäre, was würde ich tun?
Masema nickte bedächtig. »Ja. Ja, das sehe ich ein. Er ist allein fortgegangen, um die Kunde von seiner Ankunft zu verbreiten. Auch wir müssen diese Kunde verbreiten. Ja.« Er humpelte, vor sich hin murmelnd, weiter durch den Bach.
Perrins Stiefel gab bei jedem Schritt ein deutliches Quatschen von sich, als er zu Moiraines Hütte hochschritt und anklopfte. Er erhielt keine Antwort. So zögerte er einen Moment und trat dann ein.
Der äußere Raum, in dem Lan schlief, war ebenso kahl und einfach wie Perrins Hütte. An eine Wand war ein rohes Bett angebaut, dazu gab es einige Haken, um Habseligkeiten aufzuhängen, und ein einziges Regalbrett. Durch die offene Tür drang wenig Licht. Die einzige Beleuchtung kam von plumpen Lampen auf dem Brett her. Lan hatte ölige Fettholzstückchen in die Risse einiger Steinbrocken gesteckt. Dünne Rauchfäden stiegen von ihnen auf, so daß unter dem Dach eine Qualmschicht schwebte. Perrin zog ob dieses Geruchs die Nase kraus.
Das niedrige Dach befand sich nur ein kleines Stück über seinem Kopf. Loials Kopf stieß natürlich daran, obwohl er an einem Ende von Lans Bett saß und die Knie hochgezogen hatte, um sich klein zu machen. Die behaarten Ohren des Ogiers zuckten unruhig. Min saß im Schneidersitz auf dem Fußboden neben der Tür zu Moiraines Zimmer, während die Aes Sedai gedankenverloren hin und her marschierte. Es mußten düstere Gedanken sein, die sie bewegten. Drei Schritte nach jeder Richtung hatte sie, aber sie nützte diesen Freiraum weidlich aus. Ihre schnellen Schritte straften den ruhigen Ausdruck ihres Gesichts Lügen.
»Ich glaube, Masema schnappt allmählich über«, sagte Perrin.
Min schniefte. »Wie kann man das bei ihm unterscheiden?«
Moiraine baute sich vor ihm auf. Härte lag um ihren Mund, aber ihre Stimme klang sanft. Verdächtig sanft. »Ist Masema heute morgen für Euch das Wichtigste auf der Welt, Perrin Aybara?«
»Nein. Ich möchte gern wissen, wann Rand wegging und warum. Hat ihn jemand gehen sehen? Weiß jemand, wohin er ging?« Er brachte es fertig, ihr fest und sicher in die Augen zu sehen. Das war nicht leicht. Er überragte sie wohl, aber sie war eine Aes Sedai. »Ist das Euretwegen geschehen, Moiraine? Habt Ihr ihm solch enge Fesseln angelegt, daß er schließlich aus Ungeduld irgendwohin gehen wollte, gleich wohin, und alles tun, nur um nicht mehr stillsitzen zu müssen?« Loials Ohren wurden steif, und er streckte Perrin beruhigend eine Hand mit seinen wurstdicken Fingern entgegen.
Moiraine musterte Perrin mit geneigtem Kopf, und er mußte sich gewaltig anstrengen, den Blick nicht zu senken »Es hat nichts mit mir zu tun«, sagte sie. »Er ist irgendwann in der Nacht verschwunden. Wann und wie und warum - das hoffe ich auch noch herauszufinden.«
Loials Schultern hoben sich, als er vor Erleichterung leise seufzte. Leise für einen Ogier, doch es hörte sich an wie ein Dampfstrahl aus einem heißen Eisenrohr. »Ärgere nie eine Aes Sedai«, flüsterte er, und es war offensichtlich nur für die eigenen Ohren bestimmt, doch jeder konnte es hören. »Besser die Sonne umarmen, als eine Aes Sedai ärgern.«
Min streckte die Hand hoch und gab Perrin ein zusammengefaltetes Stück Papier. »Loial ging ihn besuchen, nachdem wir ihn gestern abend zu Bett brachten, und Rand bat ihn um Papier, eine Feder und Tinte.«
Die Ohren des Ogiers zuckten, und er verzog besorgt das Gesicht, bis ihm die Augenbrauen auf die Wangen hinunterhingen. »Ich wußte nicht, was er vorhatte. Wirklich nicht.«
»Das wissen wir«, sagte Min. »Keiner beschuldigt dich, Loial.«
Moiraine zog die Augenbrauen hoch, aber sie versuchte nicht, Perrin vom Lesen abzuhalten. Es war Rands Handschrift.
Was ich tue, geschieht, weil es keine andere Möglichkeit gibt. Er jagt mich wieder, und ich glaube, diesmal muß einer von uns sterben. Es ist aber nicht nötig, daß noch andere aus meiner
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