Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
den Wunsch nicht leugnen, dass sie ihm treu geblieben wäre, dass sie rein geblieben wäre.
So rein wie du warst, als du zu ihr kamst, mein Sohn?
Die Wahrheit dieser Worte durchbohrte Larson wie ein spitzer Pfeil. Er ließ den Kopf hängen. Sein Herz schlug heftig, aber keine Worte regten sich in ihm, um die Sünden aus seiner Vergangenheit zu verteidigen. Diese Sünden waren jetzt mit Jesu Blut bedeckt und Gott hatte sie ihm vergeben. Auch Kathryn hatte sie ihm vor Jahren bereitwillig vergeben.
Larson war dankbar für die Dunkelheit und die Geräusche der Wagenräder auf der Prärie und suchte den Nachthimmel ab. Vergebung war ein einmaliges Geschenk. Ein Geschenk, das man weitergeben musste, um es zu behalten. Er verstand vielleicht nicht alles, was die Bibel sagte, aber Gottes Wort war in diesem Punkt eindeutig.
Gabe kehrte ungefähr eine Stunde später zum Stall zurück, und Larson half Kathryn aus dem Wagen. Er zupfte ihr einige Strohhalme aus den Haaren.
Ihre Augen funkelten. „Danke, Jacob. Das war ein wunderbarer Abend.“
Larsons Blick wanderte zu ihrem Mund. Der Wunsch, sie an sich heranzuziehen, war fast übermächtig. Aber die Erinnerung an seine Narben und die Angst davor, wie sie sicher reagieren würde, erstickte diese Sehnsucht sehr schnell. Er räusperte sich. „Es ist noch nicht ganz vorbei“, sagte er und genoss, wie sich ihre Stirn neugierig in Falten legte.
„Jetzt gibt es noch etwas zu essen“, verkündete Gabe überschwänglich und schob die Stalltüren auf.
Kathryn hielt sich überrascht den Mund zu, aber ein Kichern stahl sich durch ihre Finger.
Larson hielt ihr den Arm hin, und sie schob ihre Hand hindurch. Während Gabe einen Kuchen aufschnitt, den Miss Maudie auf Larsons Bitte hin gebacken hatte, unterhielten sie sich gemütlich zu dritt und saßen auf Heuballen, die um eine alte Kiste herum lagen.
„Habe ich es richtig gemacht, Jacob?“, flüsterte Gabe nach einer Minute.
Larson legte ihm eine Hand auf seine kräftige Schulter. „Du hast es sehr gut gemacht, mein Freund. Danke.“
Kathryn beugte sich zu ihm herüber und gab Gabe einen Kuss auf die Wange. Larson lächelte über die süße Geste und die Röte, die über Gabes Gesicht zog. „Danke euch beiden, aber woher wusstet ihr es?“
Larson versuchte, unschuldig zu schauen. „Was wussten wir?“, fragte er, und die Überraschung in seiner Stimme überzeugte ihn fast selbst.
„Dass ich am neunten August Geburtstag habe!“
Gabes ehrlich überraschter Blick war Antwort genug, und Larson war froh, dass er es vor ihm geheim gehalten hatte. So konnte Gabe sich mit über die Überraschung freuen.
Eine Weile später begleitete Larson Kathryn zu ihrem Haus zurück. „Es tut mir leid, dass ich dich erst so spät nach Hause bringe. Aber mir ist die Zeit davongerannt.“
„Wage es ja nicht, dich für irgendetwas zu entschuldigen, Jacob. Dieser Abend war perfekt. Es war der beste Geburtstag, den ich je hatte.“
Die Aufrichtigkeit in ihrer Stimme verriet ihm, dass das die Wahrheit war. Der Abend war viel besser gelaufen, als er geplant hatte. Er hätte gern mehr getan, etwas Luxuriöseres, aber er hoffte, er hatte ihr gezeigt, dass sie etwas ganz Besonderes war.
Sie schlenderten wieder nebeneinander her, und ohne dass er sie dazu auffordern musste, legte Kathryn ihre Hand auf seinen Arm. Larson legte seine Hand auf ihre und war überrascht, dass seine Gefühle für sie so viel leidenschaftlicher, tiefer und größer waren, als er das je für möglich gehalten hatte.
Wie lange konnte er noch in ihrer Nähe arbeiten und leben, ohne ihr zu verraten, wer er war? Ohne dass sie es selbst herausfand?
Als sie auf ihrer Veranda ankamen, drehte sich Kathryn um und sah ihn an. „Jetzt hätte ich es fast vergessen. Ich habe etwas für dich gemacht.“ Sie zog die Handschuhe aus ihrer Tasche und hielt sie ihm hin.
Larson schaute die Handschuhe an und dann wieder Kathryn und war nicht sicher, warum sie ihm etwas schenkte. Und dann ausgerechnet Handschuhe mitten im August!
„Das ist nichts Besonderes, ich weiß. Aber … ich dachte, du könntest sie gebrauchen.“
Er nahm das, was sie ihm hinhielt, und begriff erst dann, was es war.
Seine Augen brannten vor Rührung. „Danke“, flüsterte er. Wie hatte Kathryn ihn Matthew Taylor gegenüber neulich bezeichnet? „Einen guten Freund“ hatte sie ihn genannt. Wie konnte Larson weiterhin nur ein guter Freund für sie sein und trotzdem ein ehrlicher Mann bleiben? Der Preis
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