Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
Moment.“
Larson warf einen kurzen Blick hinter sich. Taylors Gesicht verriet deutlich, dass er das anders sah.
Taylor beugte sich nahe zu ihr vor, flüsterte Kathryn etwas zu und trat dann zurück. „Wenn es dir recht ist, würde ich dem Grab deines Mannes auch gern einen Besuch abstatten. Ich habe ihn immer sehr geachtet.“
Larson konnte seinen Ohren kaum trauen. Taylor hatte ihn immer sehr geachtet? Dabei hatte der Mann nicht einmal gewartet, bis Larson tot und beerdigt gewesen war, bevor er bei seiner Frau Ansprüche gestellt hatte! Larson wünschte sich im Stillen, Kathryn würde Nein sagen.
„Natürlich, Matthew. Du kannst dich uns gern anschließen.“
Larsons Griff um die Zügel verkrampfte sich. Taylor half Kathryn auf den Wagen und stieg dann selbst hinten ein. Was Taylor gesagt hatte, hatte Kathryn offenbar bewegt, denn Larson sah, dass ihre Augen glänzten.
Er wartete im Wagen, während die beiden zu seinem Grab gingen. Er war schon einmal dort gewesen, und er hatte gewiss nicht vor, neben Taylor an seinem Grab zu stehen. Larsons Augen zogen sich zusammen, als er die beiden beobachtete. Wie viele Männer bekamen die Gelegenheit, zu sterben und dann ins Leben zurückzukommen und zu sehen, welche Entscheidungen ihre Frauen getroffen hatten? Das half einem Mann wirklich, die richtige Perspektive zu bekommen. Larson lachte schnaubend, ohne im Geringsten belustigt zu sein.
Kathryn kniete vor dem Grabkreuz nieder und legte die Blumen ab. Taylor stand wortlos an ihrer Seite. Warum ging Kathryn überhaupt zu seinem Grab? Und ausgerechnet mit dem Mann, um dessentwillen sie ihn so schnell aufgegeben hatte? Taylor war offensichtlich bereit, Kathryn zur Frau zu nehmen und die Verantwortung für sein Tun zu übernehmen, aber Kathryn weigerte sich. Irgendwie fühlte sich Larson dadurch auch nicht besser.
Er schüttelte den Kopf. Das alles ergab einfach keinen Sinn. Egal, wie er es drehte und wendete, das passte einfach nicht zu dem Bild von der Frau, die Larson so viele Jahre zu kennen geglaubt hatte. Noch wichtiger war, dass es nicht zu dem Bild von der Frau passte, die er zum zweiten Mal in seinem Leben neu kennen und lieben gelernt hatte.
Kathryn warf einen Blick auf Jacob, der neben ihr in der Kirchenbank saß. Er sang nicht mit der übrigen Gemeinde, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass er dem Lied folgte. Er hatte sich heute so schön angezogen, wie sie ihn noch nicht gesehen hatte, und sie konnte sich der Frage nicht erwehren, ob er das für sie getan hatte. Diese Möglichkeit entlockte ihr ein Lächeln.
„Bitte setzen Sie sich“, forderte Patrick Carlson die Gemeinde auf, als das Lied endete. „Schlagen Sie mit mir Ihre Bibel im fünften Kapitel des Matthäusevangeliums auf. Wir lesen aus der Bergpredigt …“
Kathryn schlug ihre Bibel auf. Während sie sie in einer Hand balancierte, rutschte sie auf der harten Kirchenbank vor, um die dumpfen Schmerzen in ihrem Rücken zu mildern. Die Bibel glitt ihr aus den Händen und landete mit einem leisen Aufprall auf dem Holzboden. Jacob hob sie auf und sammelte die Zettel ein, die aus dem Buch gefallen waren. Es war ein wenig töricht, aber sie konnte sich von den Dokumenten, die in Larsons Jackentasche gefunden worden waren, nicht trennen, obwohl die Papiere verknittert waren und die Schrift nicht mehr zu entziffern war.
Jacob sammelte die Sachen ein, hielt dann aber inne, als schaue er einen Zettel genauer an. Nach einem Moment reichte er ihr die Sachen.
Kathryn beugte sich zu ihm vor. „Danke“, flüsterte sie und roch den leichten Duft seines Rasierwassers. Jacobs dünner Bart war sauber gepflegt. Als sie die Strickmütze auf seinem Kopf betrachtete, kam ihr eine Idee. Warum war sie nicht schon früher darauf gekommen? Sie wollte die Zettel wieder in ihre Bibel stecken, brach aber ab, als sie den verblassten Briefkopf las.
Ihr Magen zog sich zusammen.
In kaum noch lesbaren verblassten Buchstaben stand oben auf dem Papier der Name Berklyn Stockholders .
„Noch ein Stück Kuchen, Jacob? Ich setze frischen Kaffee auf.“ Hannah Carlson stand von der Verandaschaukel auf.
„Nein, Madam, ich schaffe nichts mehr.“ Er stand auf und ging zum Rand der vorderen Veranda. „Aber es war köstlich. Danke für das leckere Essen.“
Hannahs Blick wurde verschwörerisch. „Dann packe ich es ein und du kannst es später mitnehmen. Ich packe auch für Kathryn eines mit ein.“ Sie warf einen Blick auf Kathryns Bauch. „Du bekommst heute Abend
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