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Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Titel: Die Rückkehr des Fremden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Alexander
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drückte das schlafende Mädchen an seine Brust und folgte ihr durch einen Flur im ersten Stock. Das hellrosa Licht der Morgendämmerung fiel unter einem Vorhang herein, der am Ende des schmalen Korridors zugezogen war. Das Haus war still. Er ging an einer Tür nach der anderen vorbei und wartete dann auf dem Flur, während die Frau Sadies Bett aufdeckte.
    Er hatte Casaroja kurz nach Mitternacht verlassen. Eine Stunde später hatte er Dr. Hadley geweckt. Der Arzt hatte keine Sekunde gezögert. Nicht einmal, als Larson ihm sagte, wen er behandeln sollte. „Wir sind alle Gottes Geschöpfe, egal, was wir getan haben“, war alles, was der Arzt sagte, bevor er seine Tasche nahm und sich kurz danach mit ihnen in seiner Praxis traf.
    „Okay, legen Sie sie hierher.“ Die Frau deutete zum Bett.
    Larson spürte, dass die Frau ihn anstarrte, er vermied aber ihren Blick. Er legte Sadie vorsichtig ab und achtete besonders darauf, ihren verbundenen Arm nicht zu berühren. Sie bewegte sich, wachte aber nicht auf. Dr. Hadley hatte ihr etwas gegen die Schmerzen in ihrem Körper gegeben, aber Larson wünschte, es gäbe etwas gegen die Schmerzen, die er in ihren Augen gesehen hatte. Besonders gegen ihr tiefes Misstrauen, das so stark und unüberwindlich war. Wie sollte es auch anders sein?
    Er war als Junge in einer solchen Umgebung aufgewachsen, aber sie musste als Mädchen hier leben. Seine Narben waren nichts im Vergleich zu ihren Narben und Wunden.
    Sadies Augen zuckten. Er wich einen Schritt zurück, da er nicht wollte, dass sie seinetwegen Angst bekäme, wenn sie aufwachte.
    „Sadie, Schatz, ich bin es. Annabelle. Ich bin bei dir.“ Sie beugte sich über das Bett. „Dieser Mann hat mir erzählt, was dir gestern Nacht passiert ist.“ Annabelle fluchte. „Es tut mir leid, dass ich nicht dabei war, um auf dich aufzupassen. Ich hätte mit dir dort hinausfahren sollen.“
    Sadie schüttelte den Kopf. „Es ist schon okay.“ Aber ihre Stimme klang flach und leblos. Sie blinzelte und konzentrierte ihren Blick dann auf Larson. „Jacob“, sagte sie leise. „Schauen Sie mich an.“
    Er tat langsam, was sie sagte, war aber nicht sicher, ob sie das wirklich wollte, oder ob sie das nur wegen der Medikamente sagte, die sie genommen hatte. Sie winkte ihn mit ihrer kleinen, braunen Hand näher zu sich heran. Larson konnte es sich nicht erklären, aber er fühlte in der einfachen Geste einen Befehl und gehorchte.
    „Lassen Sie mich Ihre Augen sehen.“
    Er schüttelte den Kopf. Er wusste, dass weder Sadie noch diese Annabelle ihn erkennen würden. Sie hatten ihn vor dem Unfall nicht gekannt. Aber die Haut um sein rechtes Auge herum machte ihn besonders unsicher. Beim Heilungsprozess hatten die Narben sich in einem sonderbaren Winkel verzogen und gaben seinem Auge ein schiefes Aussehen.
    Larson biss vor Beschämung die Zähne zusammen. „Ich bin es wirklich nicht wert, dass Sie mich anschauen, Miss.“
    Sadie lachte kehlig. „Das würde ich gern selbst entscheiden, Mister, wenn Sie nichts dagegen haben.“ Ihr Tonfall klang zu reif für ihr Alter. „Nehmen Sie die Brille ab.“ Ihr Lächeln verschwand. „Bitte …“, fügte sie hinzu. In diesem einfachen Wort lag ein starkes Flehen.
    Langsam hob Larson die rechte Hand und nahm die Brille ab. Er wünschte, das frühe Morgenlicht, das durch das Fenster fiel, wäre nicht so hell.
    „Kommen Sie näher“, flüsterte sie.
    Mit pochendem Herzen gehorchte er. Sie nahm seine Hand und zog ihn nach unten. Larson ging neben dem Bett auf die Knie. Ihre dunklen Augen leuchteten, als ihre Finger über die entstellte Maske fuhren, die er nur zu gut kannte. Die Haut um sein Auge herum war immer noch empfindlich, aber ihre Berührung war federleicht.
    Sadie lächelte. „Sie waren ein schöner Mann … früher.“
    Larson lachte unbehaglich, da er nicht wusste, wie er auf so viel Ehrlichkeit reagieren sollte.
    „Aber ich frage mich“, sprach sie weiter, „ob Sie so nett waren.“
    Seine Kehle zog sich zusammen. Er atmete schnell aus, während ihre winzige Hand sich um seine schloss, als wolle sie ihn trösten.
    „Danke, Jacob.“ Sie blinzelte schwer. Anscheinend begann das Schmerzmittel zu wirken. „Jetzt verstehe ich, warum Kathryn Sie so anschaut … wie sie Sie anschaut. Sie sind … ein guter Mann. Sie sind wie … der Mann, von dem … sie mir erzählt hat.“
    „Kathryn?“, fragte Annabelle, und ihre Stimme klang gleichzeitig aufgeregt und vorsichtig. „Sie kennen Kathryn? Wie

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