Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
nahm Kathryns Gesicht in die Hände und küsste sie sanft auf die Stirn. Einmal und dann noch ein zweites Mal.
„Das letzte Geschenk meines Vaters ist sein bestes“, flüsterte Kathryn.
Während Jacob den Wagen über die Straße nach Casaroja lenkte, sah Kathryn diesen Ort mit anderen Augen. Casaroja war zwar groß und eindrucksvoll, aber es ließ sich mit der Blockhütte, die Larson gebaut hatte, nicht vergleichen. MacGregor hatte Casaroja auf Habgier und Betrug aufgebaut. Larsons Fundament waren Liebe und jahrelange schwere Arbeit gewesen.
Sie fuhr mit der Hand über ihren Bauch. Larsons Kind würde das Land seines Vaters nicht erben. Aber es würde etwas viel Besseres erben, etwas, das Larson immer gewollt hatte und das er in Kathryns Augen immer besessen hatte: einen ehrlichen Namen.
Jacob lenkte den Wagen vor das kleine Haus. Er war während der Rückfahrt ungewöhnlich still gewesen, und sie hatte ihn mehrmals dabei ertappt, wie er sie angestarrt hatte.
„Bist du sicher, dass du heute Nachmittag ausziehen willst, Kathryn? Vielleicht solltest du warten, bis Miss Maudie zurückkommt, damit du dich von ihr verabschieden kannst.“
„Nein, ich will fort. Noch heute.“ Sie wollte und musste fort sein, bevor MacGregor zurückkam.
Jacob schaute sie einen Moment nachdenklich an, dann stieg er aus dem Wagen und kam zu ihr herum. Er bot ihr seine Hand an und half ihr nach unten. Dann blieb er nahe neben ihr stehen und hielt immer noch ihre Hände. Kathryn schaute zu ihm hinauf, und ihr Puls beschleunigte sich.
Er ließ sie los und nickte zu den angespannten Pferden hinüber. „Eines der Pferde hinkt. Ich spanne ein frisches Gespann aus dem unteren Stall an und bin bald wieder da. Warte auf mich. Versuche nicht, deine Sachen selbst zu tragen.“ Er begleitete sie zur Veranda.
Kathryn hielt sich zum Schutz gegen die Nachmittagssonne die Hand an die Stirn, damit sie sein Gesicht sehen konnte. Ein kühler Wind bewegte die Pappelzweige über ihrem Kopf.
„Jacob, glaubst du, wir könnten später in Ruhe miteinander sprechen, wenn wir in der Stadt sind? Ich würde dir gerne etwas erklären und hoffe, ich finde die richtigen Worte.“
Obwohl seine Augen verborgen waren, sagte sein Lächeln, dass er sie verstand.
Sie sah ihm nach, wie er wegfuhr, und blickte dann auf den ungeöffneten Brief in ihrer Hand. Ihr Vater hatte sie also doch geliebt. Das bedeutete ihr sehr viel.
Das Erbe, das er ihr vielleicht hinterlassen hätte, wenn seine Geschäfte besser gelaufen wären, wäre ihr vor einigen Monaten noch wie ein Geschenk des Himmels erschienen. Es hätte ihr ermöglich, die Blockhütte, die Ranch, Larsons Traum zu behalten. Aber es hätte nie die versäumten Jahre ersetzen können. Jahre, die ihr mit ihrem Vater geraubt worden waren, weil er sich so sehr bemüht hatte, ihr alles zu geben, obwohl sie nichts anderes gewollt hatte als ihn. Und Jahre, die sie mit Larson versäumt hatte, weil sie einem unsinnigen Wunschtraum nachgejagt war, anstatt Larson so zu lieben, wie er war.
Kathryn steckte den Brief in ihre Tasche. Sie hatte jahrelang auf dieses Wort von ihrem Vater gewartet und wollte es ohne Eile genießen können. Sie konnte auch noch ein wenig länger warten. Jetzt wollte sie nur von diesem Land verschwinden und so weit wie möglich von Donlyn MacGregor fortkommen.
Kapitel 26
I n ihrem Schlafzimmer unternahm Kathryn einen halbherzigen Versuch, ihre Kleidung und die Babydecken zusammenzufalten, bevor sie sie in die Truhe steckte. Sie nahm ihre Bibel vom Nachttisch und legte sie oben auf die Truhe. Einige Sekunden später hörte sie, wie die Haustür auf- und wieder zuging. Komisch, sie dachte, sie hätte sie zugesperrt.
„Ich bin hier hinten, Jacob. Ich bin gleich fertig.“
Die entschlossenen Stiefelschritte auf dem Holzboden ließen ihre Hände erstarren. Das klang nicht nach Jacobs mühsamem Gang.
„Schön, Sie wiederzusehen, Mrs Jennings.“
Die Stimme jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken. Sie erkannte sie, noch bevor sie sich umdrehte. Kathryn trat instinktiv zurück.
Die auffallende Narbe, die über seine rechte untere Gesichtshälfte lief, trat hervor, als er sie finster angrinste. Er lehnte sich an den Türrahmen und legte lässig ein Bein über das andere. „MacGregor hat gesagt, dass ich kommen und Ihnen beim Packen helfen soll, Madam. Und dass ich dafür sorgen soll, dass Sie endgültig von Casaroja verschwinden.“ Er ging zum Bett, nahm ein Unterhemd und rieb den dünnen
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