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Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Titel: Die Rückkehr des Fremden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Alexander
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konnte keine Spur von Jacob oder von jemand anderem entdecken.
    Minuten vergingen.
    Schließlich schaffte sie es, den Riegel zu heben. Sie zog die Tür auf, ging hinein und war sicher, dass sie Jacob hier finden würde. Nach genauerem Überlegen drehte sie sich um und schloss die Stalltür hinter sich. Der Mann würde sie höchstwahrscheinlich zuerst im Haupthaus suchen. Er käme nicht auf die Idee, hier im Stall nachzusehen. Für eine Weile war sie in Sicherheit.
    Sie rief leise Jacobs Namen und suchte die leeren Boxen ab. Doch dann fiel ihr ein, dass Jacob etwas vom unteren Stall gesagt hatte. Entsetzen ergriff sie, während eine starke Wehe anfing, sich in ihr aufzubauen.
    Sie begann in ihrem Becken und bewegte sich dann weiter nach unten. Ihre Beine wurden schwach. Mit großen Augen schaute sie an ihrem Körper hinab, teilweise aus Ehrfurcht vor dem Wunder, das in ihr heranwuchs, aber hauptsächlich aus Angst, weil das Kind sich ausgerechnet diesen Moment ausgesucht hatte, um auf die Welt zu kommen!
    Sie entdeckte eine Decke auf einem Heubett und sank darauf. Ihre Beine zitterten, und ein Schauer durchfuhr sie. Sie lehnte sich an die raue Wand zurück, zog die Beine an und versuchte, sich zu wärmen.
    Als eine Tür knarrte, hob sie den Kopf. Sie blieb völlig regungslos liegen.
    „Ich weiß, dass Sie hier drinnen sind, Kathryn.“
    Kathryn unterdrückte einen Schrei, rutschte in die hinterste Ecke des Stalls und versteckte sich zwischen den Heuballen. Sie zog sich die Decke über den Kopf und betete, dass Gott sie unsichtbar machen würde.
    „Wissen Sie, irgendwie bewundere ich Sie, Madam. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie so viel Mumm haben.“ Die Boxentüren gingen nacheinander quietschend auf und wurden dann wieder zugeschlagen. Seine Stimme kam näher. „Sie wehren sich viel mehr als Ihr Mann.“
    Kathryn stellte sich vor, wie Larson in jener Nacht im Sturm von diesem Mann aus dem Hinterhalt erschossen wurde. Hatte Larson überhaupt etwas gehört, bevor die Kugel ihn traf? Hatte er die Waffe gesehen oder lange Schmerzen gehabt? Sie schloss die Augen und hoffte wieder, dass er schnell gestorben war und nicht hatte leiden müssen. Und sie fand einen seltsamen Trost in dem Wissen, dass sie, falls sie und ihr Kind heute sterben würden, wieder mit Larson zusammen wären. Aber in diesem Moment wollte Kathryn leben. Sie wollte, dass sie und ihr Kind am Leben blieben.
    Sie machte sich so klein, wie sie konnte, und drückte sich zwischen die Ballen zurück. Die Luft unter der Decke wurde warm und stickig. Die nächste Wehe ergriff ihren Unterleib, und sie biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut zu schreien. Ihr Körper brach in Schweiß aus, und sie kostete den Geschmack von Blut auf ihrer Zunge.
    „Ach, da sind Sie ja, Mrs Jennings.“ Er riss ihr die Decke weg. Die rechte Seite seines Gesichts war blutverschmiert, und er hatte den Mund verzogen. „Ich glaube, wir müssen diesen Spaziergang doch absagen. Ich bin nicht mehr in der Stimmung dazu. Aber ich habe mir etwas anderes überlegt.“
    Die gefährliche Ruhe in seiner Stimme, begleitet von dem irren Blick in seinen Augen ließ sie erschauern.
    Er ging zur Seitentür und nahm eine Axt. Kathryn versuchte aufzustehen, aber sie war zu schwach. Er schob den Riegel vor die Hintertür, nahm die Axt und versenkte sie tief im Holz, sodass der Riegel sich nicht mehr bewegen ließ. Dann nahm er ein Seil von der Werkbank.
    Er kniete neben ihr nieder, packte ihre Fußknöchel und band das Seil mehrere Male straff um ihre Beine.
    „Bitte tun Sie das nicht“, weinte sie. Wo ist Jacob? Sie schrie seinen Namen.
    „Sie können brüllen, so viel Sie wollen, Madam. Ich habe Ihnen schon gesagt, dass sonst niemand hier ist.“ Er band ihre Handgelenke hinter ihren Rücken, dann ging er zur Werkbank und hob eine Lampe auf. „Sie haben MacGregor einfach zu oft überrascht, Kathryn. Und mich auch.“ Er betastete seine Schläfe und zog seine blutigen Finger weg. „Damit ist jetzt Schluss.“
    Er zündete den Docht an, trat neben sie und begann, die Lampe in langsamen, trägen Kreisen über ihren Beinen zu schaukeln. „Vielleicht fühlen Sie sich besser, wenn Sie wissen, dass Sie bald bei Ihrem Mann sein werden. Das sollte wenigstens …“
    Als sie begriff, was er im Schilde führte, musste Kathryn unwillkürlich an Jacob denken. Sie schrie wieder nach ihm, immer wieder, und dachte an die Narben, die sein Gesicht, seine Brust und seine Arme bedeckten. Ihre Augen folgten

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